Riesiges schwarzes Loch in einer Einzelgängergalaxie

6. April 2016
Massereiche schwarze Löcher können nicht nur in großen Galaxienhaufen wachsen, wie jetzt die Entdeckung in einer Galaxie nicht allzu weit entfernt von unserer Milchstraße zeigt. Ein internationales Astronomenteam vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, aus den USA und Kanada analysierte Daten aus einer Beobachtungkampagne zu massereichen Galaxien. Dabei fanden sie im Innern der Gruppengalaxie NGC 1600 ein schwarzes Loch mit einer Masse 17 Milliarden Mal so groß wie die unserer Sonne – eines der massereichsten schwarzen Löcher, das bis heute gefunden wurde. Darüber hinaus zeigt die Analyse, dass die Verteilung der Sterne nahe dem Galaxienzentrum recht diffus ist und dass sich diese Region über den gleichen Radius erstreckt wie die Einflusssphäre der Schwerkraft des Schwarzen Lochs.

Fast alle Galaxien beherbergen in ihrem Zentrum ein massereiches schwarzes Loch – im Herzen unserer Milchstraße befindet sich ein eher kleineres, "nur" 4 Millionen Mal so schwer wie die Sonne. Tausend Mal schwerere schwarze Löcher als das in unserer Milchstraße brachten einst die weit entfernten „Quasare“ – quasi-stellare Objekte – im frühen Universum zum Leuchten: diese leistungsstarken Leuchttürme, die selbst die Leuchtkraft ihrer Wirtsgalaxien um viele Größenordnungen übertreffen, werden von der Energie gespeist, die frei wird, wenn Gas auf ein massereiches schwarzes Loch einstürzt. Bisher konnte man die heute nicht mehr aktiven Nachfahren dieser sehr großen schwarzen Löcher nur in gigantischen Galaxien in den Zentren von gewaltigen Galaxienhaufen mit Hunderten von anderen Galaxien nachweisen. Was aber wurde aus all den anderen akkretierenden schwarzen Löchern?

Eines davon – und ein äußerst massereiches – wurde nun gefunden: das Zentrum der Galaxie NGC 1600 beherbergt ein schwarzes Loch mit einer Masse 17 Milliarden Mal größer als die unserer Sonne. Dies ist eines der größten schwarzen Löcher, das bis heute gefunden wurde. Die Astronomen analysierten Beobachtungen aus dem MASSIVE-Survey, einer Beobachtungskampagne um die Struktur, Dynamik und Entstehungsgeschichte der 100 massereichsten Galaxien des frühen Typs – sog. elliptische Galaxien – in einer Entfernung von bis zu 350 Millionen Lichtjahren von unserer Milchstraße zu untersuchen. Insbesondere untersuchten die Astronomen die Geschwindigkeiten der Sterne in der Nähe des Schwarzen Lochs; diese wurden dann mit theoretisch berechneten Modellen von Sternorbits verglichen, um die Masse des Schwarzen Lochs zu bestimmen.

Das erstaunliche an dieser Entdeckung ist aber nicht nur die große Masse des Schwarzen Lochs sondern die Tatsache, dass NGC 1600 Teil einer relativ kleinen Gruppe von nur wenigen Galaxien ist: "Dies ist das erste Mal, dass wir ein derart massereiches schwarzes Loch in einer so relativ isolierten Galaxie finden, und nicht in einem großen Galaxienhaufen", sagt Jens Thomas vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, Hauptautor der Studie, die jetzt in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde. "Andere Galaxien mit sehr massereichen schwarzen Löchern befinden sich in der Regel in Regionen des Universums mit einer hohen Massendichte, in Galaxienhaufen mit vielen anderen Galaxien", fährt Jens Thomas fort. NGC 1600 ist mit Abstand die hellste Galaxie in ihrer kleinen Gruppe und überstrahlt die anderen Mitglieder um mindestens das Dreifache. Um so groß zu werden, könnte diese Galaxie bereits früh mit anderen, nahen Galaxien und deren schwarzen Löchern verschmolzen sein.

"Genauso spannend ist das Zentrum der Galaxie: Es ist sehr diffus, als ob Milliarden von Sternen fehlen", sagt Chung-Pei Ma von der University California Berkeley, USA, die den MASSIVE-Survey leitet. Massereiche Galaxien wie NGC 1600 und ihre schwarzen Löcher wachsen typischerweise durch Verschmelzungen mit anderen Galaxien und die Nachwirkungen einer solchen Verschmelzung könnte Sterne aus dem Zentrum entfernen: man geht davon aus, dass die beiden schwarzen Löcher von zwei verschmelzenden Galaxien ein Binärsystem bilden, bevor schließlich auch sie verschmelzen. Sterne, die dem Binärsystem zu nahe kommen, werden wie bei einer „Schwerkraftschleuder“ zu größeren Radien gestreut. "Weniger massereiche elliptischen Galaxien werden typischerweise immer heller, je weiter man sich dem Zentrum nähert - in NGC 1600 ist es aber so, als wären so viele Sterne wie in der Scheibe unserer Milchstraße aus dem Zentrum heraus geschleudert worden", erklärt Jens Thomas.

Durch den Vergleich ihrer Ergebnisse mit Massenbestimmungen in einer Reihe von ähnlichen Galaxien fanden die Astronomen, dass die Sterne genau in dem Bereich der Gravitationseinflusssphäre des Schwarzen Lochs zu fehlen scheinen. Der Kernradius dieser Zone scheint ein besserer Indikator für die Masse des Schwarzen Lochs zu sein als andere Eigenschaften der Galaxie.

"Das schwarze Loch in NGC 1600 das erste Beispiel, wie der Nachfahre eines leuchtenden Quasars in einer relativ isolierten Galaxie heute aussehen könnte", sagt Chung-Pei Ma. "Es gibt durchaus einige weitere Galaxien vergleichbarer Größe in ähnlichen, eher durchschnittlich großen, Galaxiengruppen. Im Moment wissen wir noch nicht, ob auch diese nicht seltenen Galaxien so massereiche schwarze Löcher haben. Unsere laufenden Beobachtungen werden in Kürze zeigen, ob wir einfach eine ungewöhnliche Galaxie entdeckt haben, oder ob das die Spitze eines Eisbergs ist."

NGC1600 und die zugehörige Galaxiengruppe

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