Eine Galaxie mit Doppel-Herz

14. Oktober 2016
Neue hochauflösende Bilder der riesigen elliptischen Galaxie NGC 5419 zeigen deutlich eine Doppelstruktur im Kern. Der Grund hierfür blieb unklar, bis Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik nun die Geschwindigkeiten der Sterne genau vermessen haben. Eine detaillierte Analyse der Bilder sowie der kinematischen Daten legen nahe, dass diese Galaxie zwei Schwarze Löcher in ihrem Zentrum beherbergt, mit einer Gesamtmasse von mindestens 7 Milliarden Sonnenmassen und einem Abstand von nur etwa 200 Lichtjahren.

Inzwischen sind die Astronomen davon überzeugt, dass fast alle massereichen Galaxien ein Schwarzes Loch in ihrem Zentrum beherbergen. Das Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße besitzt eine Masse von etwa 4 Millionen Mal die Masse der Sonne; dies konnte durch eine langjährige Beobachtungskampagne der Umlaufbahnen der Sterne um das galaktische Zentrum nachgewiesen werden (siehe hier). Die Masse der Schwarzen Löcher in fernen Galaxien zu messen ist allerdings um einiges schwieriger, da die Astronomen die Bahnen einzelner Sterne nicht verfolgen können. Studien der Gaskinematik und der Stellardynamik im Zentrum von Galaxien ergaben aber enge Korrelationen zwischen der Masse des Schwarzen Lochs und bestimmten Parametern der Galaxie wie der Masse oder Leuchtkraft ihrer zentralen Ausbuchtung (dem „Bulge“). Dies deutet darauf hin, dass die Entstehung und die Entwicklung von Galaxien und ihrer supermassereichen Schwarzen Löcher eng miteinander verknüpft sind.

In massereichen elliptischen Galaxien (so-genannten "core ellipticals") erzeugt ein faszinierender Mechanismus ausgedehnte, diffuse Zentren. Diese massereichen Galaxien wachsen durch das Verschmelzen von kleineren Galaxien; ihre zentralen Schwarzen Löcher bewegen sich aufgrund der dynamischen Reibung auf Spiralbahnen zum Zentrum der Fusion, wo sich ein Schwarzes-Loch-Doppelsystem bildet. Die Sterne im Zentrum werden von den wachsenden Schwarzen Löchern entweder verschluckt oder wie mit Schleuder durch das Gravitationsfeld zu größeren Radien gestreut. Am Ende der Entwicklung verschmelzen die beiden schwarzen Löcher, um ein einzelnes größeres Schwarzes Loch in der Mitte der größeren Galaxie zu bilden. Doch auch wenn dieser Prozess in numerischen Simulationen gut zu funktionieren scheint, blieb ein Beweis durch die direkte Beobachtung von binären Schwarzen Löchern aus.

"Wir beobachteten NGC 5419 zusammen mit etwa 30 anderen großen elliptischen Galaxien, um mehr über das Zusammenspiel zwischen den Galaxien und ihrer Schwarzen Löcher zu erfahren", erklärt Roberto Saglia, der die Studie leitete. "Wir waren begeistert, als wir den doppelten Kern sahen."

Die MPE-Astronomen erhielten ihre hochauflösende Beobachtungen mit dem Instrument SINFONI, das am Very Large Telescope (VLT) adaptiven Optik zur Verfügung stellt. Als integraler Feldspektrograph, erzeugte dieses Instrument nicht nur detaillierte Bilder des Zentrums der Galaxie, sondern lieferte gleichzeitig auch Informationen über die stellare Kinematik. Daten vom Southern African Large Telescope (SALT) lieferten zusätzliche Geschwindigkeitsmessungen für die äußeren Teile der Galaxie.

Die Analyse der Dynamik der Galaxie zeigt, dass diese ein Schwarzes Loch mit einer Masse von rund 7 Milliarden Sonnenmassen (2000 mal massereicher als jenes in unserer Milchstraße) beherbergt. Die Geschwindigkeitsverteilung und die damit verbundene Masse für den sekundären Kern kann jedoch nicht allein durch Sterne erklärt werden. Dies deutet darauf hin, dass es sich hierbei um ein zweites schwarzes Loch mit mindestens 1 Milliarde Sonnenmassen handelt, das nur 75 Parsec (oder etwa 200 Lichtjahre) vom anderen entfernt ist.

"Unsere Daten bestätigen den Doppelkern nicht nur in den räumlichen Daten sondern auch in den Geschwindigkeitskarten", resümiert Roberto Saglia. "Wahrscheinlich beherbergt diese Galaxie nicht nur ein sondern zwei supermassereiche schwarze Löcher mit einem relativ geringen Abstand. Damit ist dies ein viel versprechendes Objekt um die Interaktion von Schwarzen Löchern im Zentrum einer Galaxie zu untersuchen. Wir planen für NGC 5419 zusätzlich hochauflösende Radiodaten zu erhalten; diese könnten einen bewegten Jet zeigen aus dem wir auf die Bahnbewegung des binären Schwarzen Lochs schließen könnten."

 

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