Tiefer Einblick in Gasregionen mit Sternentstehung außerhalb unserer Milchstraße

13. März 2017
Ein internationales Team von Astronomen, geleitet vom MPE, konnte mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) in die nahe gelegene Galaxie NGC 6822 hinein zoomen. Die neuen ALMA-Beobachtungen zeigen die Struktur von Gaswolken mit Sternentstehung in einer derart hohen Detailfülle, dass es nun möglich ist, diese mit ähnlichen Regionen in unserer Heimatgalaxie zu vergleichen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Physik der Sternentstehung in ursprünglichen Galaxien geringer Masse - den Bausteinen massereicherer Galaxien – dieselbe ist, wie in unserer eigenen Galaxie.

Beobachtungen in der Milchstraße zeigten, dass Sterne in den dichten Kernregionen riesiger Gaswolken entstehen: hier kann das Gas Temperaturen erreichen, die kalt genug sind, damit ein Gravitationskollaps einsetzen kann. Genau diese Bedingungen fördern auch die Bildung von bestimmten Molekülen, den „Tracern“, die in den Galaxien unentbehrlich für die Beobachtung des Gases sind.

Bisher konnte man mit Beobachtungen die Sternentstehungsgebiete außerhalb der Milchstraße nicht auflösen. Die Galaxien sind nicht nur viel weiter weg und erscheinen daher kleiner, darüber hinaus haben die nächsten Nachbargalaxien zu unserer Milchstraße nur eine geringe Masse und der Aufbau einer stellaren Population verläuft langsam. Dadurch ist ihr Gasreservoir nur begrenzt mit schwereren Elementen anreichert, was die Beobachtung noch weiter erschwert. Diese ursprünglichen Bedingungen führen nicht nur zu einem Mangel an Molekülen, sie könnten auch eine feindliche Umwelt für die Bildung von kaltem Gas darstellen, wodurch Sternentstehung viel schwieriger wird.

ALMA hat diese Beobachtungsgrenze nun überwunden und Bilder geliefert, die um zwei Größenordnungen schärfer sind als gewöhnlich. Ziel war die nahegelegene Galaxie NGC 6822, eine kleine Galaxie in einer Entfernung von 1,5 Millionen Lichtjahren mit 500 mal weniger Masse als die Milchstraße. Die Daten zeigen eine Unmenge kleiner dichter Kerne in den Sternentstehungsregionen, wobei die molekularen Tracer auf die dichtesten Kerne beschränkt sind. Sie füllen ein viel kleineres Volumen als in Sternentstehungswolken unserer eigenen Galaxie, wie beispielsweise der Orion-Wolke.

"Das unterschiedliche Aussehen der sternbildenden Gaswolken in NGC 6822 im Vergleich zu denen in unserer Galaxie ist wirklich auffallend", bemerkt Andreas Schruba, der das Team am MPE leitete. "Die beobachteten Moleküle können nur in sehr kleinen, dichten Kernen gefunden werden, was erklärt, warum frühere Beobachtungen oft ohne Erfolg waren."

Die hohe spektrale Auflösung von ALMA führte zu einer zweiten wichtigen aber unerwarteten Entdeckung: trotz der unterschiedlichen Verteilung der Moleküle zeigen die dichten Kernregionen die gleiche Kinematik wie ähnlich große Strukturen in unserer eigenen Galaxie. "Aus der Breite der molekularen Linien können wir die kinematischen Eigenschaften des Gases in diesen Kernen ableiten", erklärt Andreas Schruba. "Dieser Befund ist heute der stärkste Hinweis aus Beobachtungen, dass die zeitliche Entwicklung und die Physik der Sternentstehung in diesen Galaxien mit geringer Masse denen der Milchstraße ähneln."

Diese Beobachtungen liefern daher wichtige Hinweise auf die Sternentstehung in Galaxien geringer Masse, den Bausteinen von massereicheren Galaxien wie die Milchstraße. Sie können auch die Interpretation von Beobachtungen mit weniger starker Auflösung von weiter entfernten Galaxien erleichtern.

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