Der verdrillte Jet und schwach polarisierte Kern in M87

2. Juli 2020
Eine von Alejandra Yrupe Fresco (Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik) während ihres Aufenthalts am Instituto de Astrofísica de Canarias (IAC) geleitete Studie hat die Jet-Struktur in der Kernregion von M87, der hellsten Galaxie im Virgo-Haufen, aufgezeigt. Die Beobachtungen wurden Anfang April 2017 aufgenommen, fast zeitgleich mit der Kampagne des Event Horizon Telescope, die das weltberühmte erste Bild des Ereignishorizonts in einem schwarzen Loch im Kern der Galaxie M87 lieferte.

Die komplexe Umgebung massereicher Schwarzer Löcher sind Bereiche der Hochenergiephysik, in denen beschleunigte Teilchen entlang der Systemachse kollimiert werden. Diese Prozesse führen zur Entstehung eindrucksvoller Jets, die sich über mehrere Kiloparsecs und damit weit über die Grenzen ihrer Wirtsgalaxien hinaus erstrecken. Die Polarisation des Lichts enthält wertvolle Informationen über die physikalischen Bedingungen und die Konfiguration des Magnetfeldes in der Nähe des Schwarzen Lochs, wo diese Strahlung emittiert wurde. Bei der Beobachtung in polarisiertem Licht sieht der Kern von M87 viel schwächer und weniger polarisiert aus als der ausgedehnte Jet, der einen bemerkenswerten Polarisationsgrad von über 20% erreicht. Dieser Unterschied spiegelt die Komplexität des Kernbereichs wider, in dem die Jet-Struktur bis auf die kleinsten physikalischen Skalen schrumpft.

"Indem wir den Orientierungswinkel des polarisierten Lichts abbilden, können wir die spiralförmige Struktur der Magnetfeldverteilung im Jet nachzeichnen", erklärt Alejandra Fresco, die zurzeit mit Andrea Merloni (MPE) und Celine Peroux (ESO) ihre Doktorarbeit anfertigt. "Diese Struktur bildet sich normalerweise in Jets aufgrund des Drehimpulses, den das ausgestoßene Material trägt und der die Magnetfeldlinien in Jet-Richtung verdreht.“ Dies zeigt sich in einem charakteristischen Muster, bei dem benachbarte Abschnitte im Jet polarisiertes Licht mit senkrechter Ausrichtung abgeben.

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist die geringe Aktivität in der Nähe des Kerns während der Beobachtungen. HST-1, eine berühmte Rekollimationsregion, die während einer Periode verstärkter Aktivität in den Jahren 2005-2007 noch heller als der Kern wurde, ist in den ALFOCS-Bildern vom April 2017 kaum zu erkennen. Röntgenbeobachtungen mit dem Chandra-Teleskop während derselben Epoche bestätigen diese Beobachtungen.

Dieses Projekt wurde in Zusammenarbeit mit den IAC-Forschern Juan Antonio Fernández Ontiveros, Almudena Prieto und Jose Antonio Acosta Pulido durchgeführt und war dank der einzigartigen polarimetrischen Fähigkeiten des am Nordic Optical Telescope (NOT) montierten ALFOSC-Instruments am Roque de los Muchachos-Observatorium in La Palma möglich.

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