Mehr als 1000 Zitierungen für Plasmakristall-Arbeit

26. Oktober 2012
Komplexe (staubige) Plasmen findet man im Weltraum, wie beispielsweise in der interstellaren Materie, in den Ringen des Saturns oder im Staubschweif von Kometen. Aus diesem Grund begannen die Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik ursprünglich damit diese komplexen (staubigen) Plasmen genauer im Labor zu untersuchen - das neue Forschungsgebiet führte aber sehr viel weiter. Die erste Veröffentlichung zur Kristallisation in einem staubigen Plasma hat nun die Schwelle von 1000 Zitierungen erreicht, und stellt damit eindrucksvoll unter Beweis, wie aktiv dieses neue Gebiet der physikalischen Grundlagenforschung heute ist.

Ein Plasma ist der ungeordnetste Zustand der Materie - Kristalle sind der am stärksten geordnete. Deshalb war es wie eine große Überraschung als MPE-Wissenschaftler 1994 entdeckten, dass Plasmen unter besonderen Bedingungen zu Flüssigkeiten werden und sogar spontan kristallisieren können. Diese sogenannten "Plasma-Kristalle“ bilden sich, wenn dem Plasma geladene Mikroteilchen hinzugefügt werden. Und auch wenn diese Teilchen sehr klein sind, so sind sie doch immer noch viele Milliarden mal schwerer als ein Atom. Dies macht es möglich, grundlegende physikalische Prozesse mit einer beispiellosen Auflösung und in Zeitlupe zu untersuchen, so als ob man einzelne Atome sehen könnte.

 

Auf der Erde können die Wissenschaftler komplexe Plasmen in einer dünnen, horizontalen Schicht der frei schwebenden Mikroteilchen oder in inhomogenen 3D-Strukturen untersuchen. Viele grundlegende physikalische Vorgänge und insbesondere Phasenübergänge können damit im Detail untersucht werden. Nach den ersten faszinierenden Ergebnissen in den MPE-Labors (und mehr oder weniger gleichzeitig durch Gruppen in Taiwan und Japan) begannen die Wissenschaftler auch bald damit Plasma-Experimente unter Schwerelosigkeit zu planen, bei denen das System isotrop und homogen ist. Eine Reihe von Experimenten auf der Internationalen Raumstation (ISS) startete im Jahr 2001 und wurde zu dem bis heute erfolgreichsten naturwissenschaftlichen Experiment auf der ISS.

 

Die ersten Beobachtungen eines Plasmakristalls im Labor können als Meilenstein bei der Entwicklung des neuen Forschungsfeldes angesehen werden – sie markieren den Übergang von staubigen zu komplexen Plasmen. In der 1980er Jahren gab es nur wenige Veröffentlichungen über das Sonnensystem oder astrophysikalische Themen. Heute erscheinen rund 600-700 Veröffentlichungen pro Jahr mit einem sehr breiten interdisziplinären Spektrum von Themen - von Plasma-, über Flüssigkeits- bis hin zur Festkörperphysik - und die erste Veröffentlichung von 1994 wird weiterhin zitiert.

 

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