Jahresbericht 1998 / Annual Report 1998

Physik des erdnahen Weltraums

Space Physics of Near-Earth Environment

In diesem Arbeitsbereich des Instituts untersuchen wir plasmaphysikalische Vorgänge im Sonnensystem. Dabei stehen die Prozesse selbst im Vordergrund des Interesses, nicht so sehr die Objekte, an denen wir sie realisiert finden: Die Magnetosphäre in ihrer Wechselwirkung mit dem Sonnenwind, das Polarlicht, Phänomene in der Sonnenatmosphäre, die Wechselwirkung des Sonnenwindes mit festen Körpern und die Erzeugung kosmischer Strahlung innerhalb der Heliosphäre. All dies hat für uns exemplarischen Charakter für Vorgänge im Kosmos, insbesondere im interstellaren Raum, in stellaren Atmosphären und Magnetosphären. Natürlich geht mit jeder neuen Meßtechnik oder dem Besuch eines noch unerforschten Objektes im Sonnensystem auch die Möglichkeit der Entdeckung neuer Phänomene einher. Das ganze Spektrum solcher Zielsetzungen, von der Vertiefung des Verständnisses der Prozesse an Plasmagrenzschichten bis zum Abenteuer der Landung auf dem Kern eines Kometen, steht auf unserem Programm.

In this branch of the institute we investigate plasmaphysical processes inside the solar system. The pro-cesses themselves, and not so much the objects on which we find them realized, are in the foreground of our interest. The magnetosphere and its interaction with the solar wind, the aurora borealis, phenomena in the solar atmosphere, the interaction of the solar wind with solid planetary bodies and the generation of cosmic rays inside the heliosphere, all represent for us examples of universal processes occurring in interstellar space, in stellar atmospheres and magnetospheres. Of course, every new measuring technique or visit to a previously unstudied object in the solar system also presents the possibility for the discovery of new phenomena. The whole range of objectives, from a deeper understanding of the processes at plasma boundaries to the adventure of landing on a cometary nucleus, is in our program.

Eine Satellitenmission, an der wir in erheblichen Maße beteiligt sind, konnte im Berichtsjahr erfolgreich für vier Monate betrieben werden, der im Haus gebaute Satellit Equator-S. Neben sechs Instrumenten zur Messung des langsam veränderlichen elektrischen und magnetischen Feldes und verschiedener Plasma- und energetischer Teilchenkonstituenten sind drei Technologieexperimente an Bord zur Messung von Strahlungsschäden und Verifizierung der potentiellen Nutzung des GPS-Systems durch hochexzentrische Satelliten. Daneben bearbeiten wir im Bereich Magnetosphäre weiterhin Daten der Missionen AMPTE, Geotail, FAST und Freja und aus dem Bereich der Heliosphäre und Sonnenkorona Daten von SAMPEX, ACE, Wind und SOHO. Zukünftige Projekte, für die wir zur Zeit Geräte entwickeln bzw. bauen, sind die Cluster-II Satelliten und die Kometensonden Stardust und Rosetta.

One satellite mission in which the institute is heavily involved and which was successfully operated for four months in 1998 was the Equator-S mission whose spacecraft itself has been manufactured in house. Besides six instruments for the measurement of quasi-dc and low-frequency electromagnetic fields and the various plasma and energetic particle constituents, three technology experiments have been accommodated. Otherwise we are still interpreting magnetospheric data from the missions AMPTE, Geotail, FAST and Freja, and we receive data from SAMPEX, ACE, and SOHO, the solar-heliospheric satellite observatory of ESA which collect data from the helipsphere and the corona of the sun. Future mission for which we are developing hardware at present are mainly ESA's Cluster-II mission and the cometary missions Stardust and Rosetta.

Die Cluster-II Mission ist die Wiederholung der Cluster Mission, die im Juni 1996 durch das Versagen der Ariane-5 Trägerrakete verlorenging. Die Nachfolgemission wird mittels zweier russischer Soyuz-Raketen von Baikonur im Jahr 2000 gestartet werden. Zur unveränderten wissenschaftlichen Nutzlast der vier Satelliten wird das MPE wieder einen großen Beitrag leisten, und zwar beim Elektronendrift-Instrument EDI (bei dem das MPE auch den Principal Investigator stellt) und beim Cluster-Ionen-Spektrometer CIS.

Cluster-II is the recovery mission for the Cluster mission that was lost in June 1996 because of the failure of the Ariane-5 launcher. The recovery mission will be launched by two Russian Soyuz rockets from Baikonur in mid-2000. MPE will again contribute heavily to two of the instruments within the unchanged science payload: the Electron-Drift Instrument EDI (for which MPE also provides the Principal Investigator), and the Cluster Ion Spectrometer, CIS.

Auf dem Gebiet der Plasmaphysik des Polarlichts wurde der Untersuchung kleinskaliger Strukturen besondere Beachtung geschenkt. Das am MPE entwickelte CCD-Kamerasystem ermöglicht die Beobachtung solcher Strukturen aufgrund seiner hohen zeitlichen und räumlichen Auflösung. Mit einer neuen Analysetechnik wurden optische Aufnahmen von Wirbelstrukturen in Nordlichtbögen im Detail untersucht, die assoziierten Schergeschwindigkeitsprofile und auch die damit verbundenen Wirbelstärken bestimmt. Damit konnten theoretische Modelle zur Entstehung von Wirbelstrukturen in Nordlichtbögen getestet werden. Vergleiche von Helligkeits- und Wirbelstärkeprofilen erlaubten Rückschlüsse auf die Natur der wirksamen Beschleunigungsprozesse von Polarlichtteilchen.

Activities in the field of Auroral Plasma Physics focussed on the investigation of small-scale auroral structures. The institute's CCD camera system is capable to capture such phenomena due to its high spatial and temporal resolution. Optical observations of so-called auroral curls have been investigated in detail by means of a new analysis technique. Associated shear velocity and vorticity profiles have been determined. These results allowed for a test of theoretical models for auroral curl evolution. Comparisons of brightness distributions with vorticity profiles yielded indications on the nature of the operating auroral particle acceleration mechanisms.

Ein besonders interessantes Problem ist das Zustandekommen sehr feiner Strukturen, die häufig im Polarlicht beobachtet werden. Hierzu wurden die Grundzüge einer Theorie entwickelt, die diese Strukturen auf die Wechselwirkung von Ionen, mit den von oben einfallenden und nachbeschleunigten Elektronen zurückführt, die in der oberen Ionosphäre (etwa oberhalb 2000 km Höhe) geheizt und in die Magnetosphäre injiziert werden. Dies ist eine Konsequenz der Erosion der oberen Ionosphäre durch das Eindringen der elektrischen Felder der Beschleunigungsregion, die wiederum von den "verdampfenden" Ionen modifiziert werden (Abb. 2.1). Die Feinheit der Strukturen wird der geringen Dicke der Erosionsfront (Elektronenträgheitslänge, c/w pe) zugeordnet.

A problem of particular interest is the development of very thin fine structures that are frequently observed in the aurora. This was addressed by developing the basics of a theory which explains these structures by the interaction of ions, heated in the upper ionosphere (above about 2000 km altitude) and injected to the magnetosphere with downgoing post-accelerated electrons. This is a consequence of the upper ionosphere being eroded by the penetration of the electric fields of the acceleration region, which on the other hand are modified by the "evaporating" ions (Fig. 2.1). The scale of the fine structures is related to the thickness of the erosion front (electron inertia length, c/w pe).

Das CCD-Kamerasystem erfährt zur Zeit eine Weiterentwicklung. Um neben den dynamischen Aspekten kleinskaliger Strukturen auch die energetischen gut erfassen zu können, wird ein Filtermodul entwickelt, das die gleichzeitige Beobachtung von vier Spektrallinien des Polarlichts mit einer einzigen Kamera ermöglichen soll. Die Verhältnisse der Intensitäten verschiedener Linien geben dann Aufschluß über die Energie der Polarlichtteilchen und somit weitere Hinweise auf die Beschleunigungsmechanismen.

The institute's optical equipment was further improved through the development of a new type of auroral imager. Besides dynamical aspects of small-scale auroral forms, their energetics is of particular interest. Auroral particle energy is reflected through intensity ratios of different spectral lines. The newly-developed auroral imager is supposed to observe four lines at once with one single camera, facilitating studies of auroral energetics considerably, and enabling further investigations of auroral acceleration processes.

Weitere wichtige Datenquellen im Hinblick auf kleinskalige Polarlichtphänomene sind die hochauflösenden Messungen der polaren Satelliten FAST und Freja. Zum Gelingen dieser Missionen trägt das Institut durch Beteiligungen an verschiedenen Instrumenten bei. Zur Zeit werden Daten dieser Satelliten im Rahmen von drei Doktorarbeiten ausgewertet.

High-resolution instruments on the polar-orbiting satellites FAST and Freja have also contributed significantly to the investigation of small-scale auroral phenomena. The institute contributes to these missions through participation in various instruments. Currently three Ph. D. theses deal with data from those satellites.

Im Bereich Physik der Magnetosphäre stand im Berichtsjahr die Equator-S Mission im Vordergrund (s. Tätigkeitsbericht 1997). Leider haben sich die in dieses Projekt gesetzten Erwartungen nur zum Teil erfüllt, da in der Nacht vom 30. April 98 der zweite Hauptprozessor und damit der ganze Satellit ausfiel, nachdem der erste Prozessor schon zwei Wochen nach dem Start ausgefallen war. Die Ursache wird in Strahlungsschäden durch energiereiche Elektronen gesehen. In der wenig mehr als drei Monate währenden wissenschaftlichen Betriebsphase konnte allerdings eines unserer wesentlichen Ziele, das Austesten des Elektronendriftexperiments zur Messung des elektrischen Feldes, erreicht werden, während sich der Beitrag zum Internationalen Solar-Terrestrischen Physikprogramm (ISTP) auf die Morgen- und späten Nachtstunden beschränkt. Dennoch wurden eine große Menge hochinteressanter Daten aus den Außenbereichen der Magnetosphäre und dem angrenzenden Sonnenwind gewonnen.

In the field of Magnetospheric Physics, In the last year the Equators-S mission dominated our research. Unfortunately, the project did not proceed as expected, because in the night of April 30, 1998 the second main processor failed. Since the first main processor had already stopped working two weeks after launch, this lead to the failure of the entire satellite. The failure is thought to be caused by radiation damage due to energetic electrons (deep dielectric charging). However, during the slightly more than three months of scientific operation, it was possible to test the electron-drift instrument for measuring electric fields, which was one of the major goals of the mission. On the other hand, the contribution to the International Solar-Terrestrial Physics Program (ISTP) is limited to morning and late night hours.

Abb. 2.1: Modell der Ursprungsregion dünner Polarlichtstrukturen: Aus der oberen Ionosphäre "verdampfende" Ionen verändern die elektrischen Potentialstrukturen der Beschleunigungsregion, konzentrieren den Energiefluß und erzeugen Scherströmungen.

Fig. 2.1: Model of the origin of fine structures in the aurora: Ions "evaporating" from the upper ionosphere modify the electric potential in the acceleration region, focus the energy flux, and produce shear flows.

Abb. 2.2: Typische Schwankungen von Plasma-, magnetischem und Gesamtdruck und des Plasma-Beta, wie sie von Equator-S häufig in der äquatornahen Plasmaschicht auf der Morgenseite angetroffen wurden.

 

Fig. 2.2: Typical variations of plasma, magnetic, total pressure, and plasma beta, as frequently observed by Equator-S in the equatorial plasma sheet at the morning side.

Wenig ist bisher über die äquatoriale Plasmaschicht in den späten Nacht- und Morgenstunden bekannt. Mit Equator-S erhalten wir Einsicht in ihre Konstitution und Dynamik. Am auffälligsten sind das hohe Verhältnis von Plasmadruck zu magnetischem Druck, und das sog. Plasma-Beta, die enormen Variationen der letzteren Größe bei niedrigen Breiten (Abb. 2.2). Diese Schwankungen haben ihren Ursprung vermutlich in dem grundsätzlich instabilen Einschlußverhalten einer solchen Konfiguration (Plasmagrenzfläche konvex gegenüber dem umgebenden Magnetfeld), das allerdings durch das Eingefrorensein der Feldlinie in der Ionosphäre gemildert wird. Die Flußröhren oszillieren so zwischen südlichen und nördlichen Breiten, was zu den hohen, nicht-harmonischen Schwankungen mit Perioden von einigen Minuten führt. Diese sind vermutlich wiederum Auslöser der schon lange bekannten kompressiven Pc5 Wellen im Morgensektor, deren Ursprung man bisher auf eine Drift-Mirror-Instabilität zurückgeführt hat.

Nevertheless, a large quantity of very interesting data was collected in the outer regions of the magnetosphere and in the neighbouring solar wind. By now there is not very much known about the equatorial plasma sheet in late night and morning hours. Equator-S provides insight in its production and dynamics. The very high plasma beta, i. e. high ratio of plasma pressure to magnetic pressure, and the huge variations of this quantity at low latitudes (Fig. 2.2) are most striking. These variations are probably caused by the plasma confinement being unstable in such a configuration (plasma boundary is convex with respect to the surrounding magnetic field). However, this instability is reduced by the line tying in the ionosphere. Thus the magnetic flux tubes oscillate between southern and northern latitudes, which leads to the strong, non-harmonic variations with periods of some minutes. The latter are expected to cause the compressional Pc5 waves in the morning sector, which have been known for a long time and whose origin was up to now considered as a consequence of the drift-mirror instability.

Nach dem Verlust der Cluster-I Mission der ESA im Jahre 1996 bot Equator-S die erste Gelegenheit zur Erprobung des Elektronendrift-Instruments EDI. Es bestimmt die Plasmadriftgeschwindigkeit (bzw. das elektrische Feld) durch Messung der vom elektrischen Feld verursachten Versetzung von Elektronenstrahlen nach einem Umlauf im umgebenden Magnetfeld. Nach einer Lernphase mit umfangreichen Verbesserungen der Bord-Software und des Timings gelang es, zuverlässige und genaue Messungen durchzuführen. Abb. 2.3 zeigt ein Beispiel, das deutlich macht, wie sich die Strahlemis-sionsrichtungen der beiden Elektronenkanonen in einem Punkt schneiden, dessen Abstand vom Ursprung die Driftgeschwindigkeit bestimmt. Das Instrument mißt auch die Flugzeit der Elektronen auf ihrer Bahn zwischen Kanone und Detektor, die ihrerseits ein Maß für das umgebende Magnetfeld ist. Auf diese Weise war es zum erstenmal möglich, die Offsets der Spinachsenkomponente eines Flux-Gate-Magnetometers genau zu bestimmen.

After the failure of the ESA Cluster-I mission in 1996, Equator-S was the first opportunity to fly the Electron Drift Instrument EDI which determines weak plasma drift velocities (or equivalently, electric fields) by measuring the displacement of electron beams after one gyration in the ambient magnetic field, caused by the deflection of the electrons induced by the electric fields. After a learning phase that included improvements in onboard algorithms and timing, reliable and accurate measurements were obtained. Fig. 2.3 shows a sample observation that demonstrates how the beam firing directions intersect in a point whose distance from the origin is proportional to the drift velocity. The instrument also measures the time of flight of the electrons between gun and detector, which is a sole function of the ambient magnetic field. This for the first time has allowed a precise calibration of the spin-axis offset of a fluxgate magnetometer.

Abb.2.3: Strahlrichtungen der beiden Elektronenkanonen in der Ebene senkrecht zum lokalen Magnetfeld. Die Kanonen sind auf gegenüberliegenden Seiten des Satelliten montiert, dessen Projektion auf die Zeichenebene eine Ellipse darstellt. Der Vektor vom Schnittpunkt der Strahlen zum Ursprung ist ein Maß für die Driftgeschwindigkeit des Plasmas, die in diesem Beispiel 4.2 km/s betrug. Das entsprechende elektrische Feld betrug 0.52 mV/m.

Fig.2.3: Beam firing directions from the two electron guns in the plane perpendicular to the ambient magnetic field. The electron guns are located on opposite sides of the spacecraft, which looks elliptical when projected onto this plane. The vector from the intersection of the beams to the origin is proportional to the plasma-drift velocity, which in this example was 4.2 km/s. The corresponding electric field was 0.52 mV/m.

Das Flux-Gate Magnetometer auf dem Equator-S Satelliten ist sehr empfindlich und hat eine hohe Abtastrate von bis zu 128 Hz. Dadurch ist es zum ersten Mal möglich, die Wellenform von Plasmawellen mit Frequenzen von einigen 10 Hz zu bestimmen. Ein Wellentyp in diesem Frequenzbereich sind die sog. Lion Roars, die man oft an der tiefsten Stelle des Feldminimums (Trog) von Spiegelwellen in der Magnetosheath sieht.

The fluxgate magnetometer onboard Equator-S is very sensitive and has a high sampling rate of up to 128 Hz. These specifications allow for the first time the measurements of the actual waveform of plasma waves with frequencies of some ten Hertz. One type of plasma wave in this frequency range are the so-called lion roars, which are typically seen at the bottom of the magnetic troughs of magnetosheath mirror waves.

Abb. 2.4 zeigt beispielhaft die Wellenformen (mittlere Diagramme) und die entsprechenden Wavelet-Spektrogramme (unten) von zwei Lion Roars in einem magnetischen Trog (oberes Diagramm). Die Wellenzüge sind rechtshändig zirkular polarisiert, wie man es bei Whistlerwellen erwartet, die von moderat energiereichen, anisotropen Elektronen angeregt werden. Jeder Wellenzug dauert nur etwas länger als eine Sekunde und sie treten auf den beiden Seiten eines etwas stärkeren Kernfeldes auf. Die klare Paketstruktur der Wellenzüge deutet darauf hin, daß die Lion Roars bis in den nichtlinearen Bereich hinein wachsen.

Fig. 2.4 shows an example of the waveforms (middle panels) and the corresponding wavelet spectrograms (lower panels) of two lion roars inside a magnetic trough (upper panel). The wave trains are right-hand circularly polarized, as can be expected for whistler waves caused by moderately energetic, anisotropic electrons. Each wave train lasts about 1.2 sec and they occur just 4 sec apart on both sides of a stronger core field. The wave trains have a packet structure. The packet form of the emissions suggests that the whistler mode lion roar emissions reach a nonlinear state.

Abb. 2.4: Magnetfeldamplitude (oben), Lion Roar Scherwellen (Mitte) und rechtshändig polarisierte Wavelet-Spektrogramme (unten).

Fig. 2.4: Magnetic field amplitude (top) , Lion Roar shear wave component (middle), and right-hand polarized wavelet-spectrogram (bottom).

Unsere Arbeiten zur Datenanalyse wurden durch mehrere theoretische Arbeiten ergänzt. In niedrig-beta Plasmen mit starkem Magnetfeld können sich keine Alfvén'schen Solitonen ausbilden. Das würde eine zu starke Verbiegung des Magnetfeldes erfordern. Nur die kinetische Alfvénwelle kann sich in solitonartige Wellenpakete entwickeln. Grund dafür ist, daß diese Welle sich schräg ausbreitet und daher eine feldparallele Komponente des elektrischen Feldes hat. Das entstehende Soliton bildet sich als Dichtevariation entlang des Feldes aus und ist eine Kombination von Alfvén- und Ionenschall- oder Elektronenschallwelle. In einem Zweielektronenplasma wie in der Polarlichtzone, wo der kalte Elektronenhintergrund von einem warmen auroralen Elektronenplasma überlagert wird, können solche Wellen entstehen. Die beiden Elektronenpopulationen ermöglichen die Existenz von Elektronenschall- und daher auch super-Alfvén'schen Wellen.

Our data analysis was complemented by more theoretical considerations. In low-beta plasmas with strong magnetic fields Alfvén waves cannot evolve into localized nonlinear structures called solitons. This would require a too strong bending of the field. However, the kinetic Alfvén wave may condense into soliton-like wave packets. The reason is that this member of the Alfvén wave family has oblique propagation and therefore a field-aligned electric field. The soliton forms due to the variation of the density along the field and is a combination of Alfvén and ion-acoustic or electron-acoustic waves. In particular, in two-electron plasmas like in the auroral plasma, where the cold electron background is complemented by warm auroral electron fluxes, such waves may evolve. There, the two electron components allow for the existence of electron-acoustic waves propagating at supersonic speeds.

Abb. 2.5 zeigt in ihrem oberen Teil die vier verschiedenen möglichen Typen von Alfvén'schen kinetischen Solitonen. Heiße und kalte Elektronen können unterschiedlich auf die Anwesenheit der Welle reagieren. Kalte Verdünnungen kombinieren mit heißen Verdünnungen oder Kompressionen und umgekehrt. Der untere Teil der Abbildung zeigt die Existenzgebiete der verschiedenen Typen von solitären Wellen in Abhängigkeit vom Verhältnis von thermischer Elektronen- und Alfvéngeschwindigkeit. Supersonische Solitonen sind stets reine Depressionen und koppeln zu Elektronenschall. Man kann folgern, daß die depressiven Solitonen, die in der oberen auroralen Ionosphäre beobachtet werden, supersonische kinetische Alfvén-Solitonen sind, die von Elektronenschallwellen getrieben werden.

Fig. 2.5 in its upper part shows four different types of kinetic Alfvén solitons that can be generated. Hot and cold electrons react differently to the presence of the wave, forming different shapes. Cold dilutions combine with hot dilutions or compressions and vice versa. The lower part of the figure shows the regions of existence of the different types of solitons in a two-electron plasma depending on the ratio of thermal electron to Alfvén speed. Supersonic solitons are always pure depressions coupled to electron-acoustic waves. One may conclude that the depressive solitons observed in the topside auroral zone are supersonic electron-acoustic-driven kinetic Alfvén solitary waves.

Abb. 2.5: Vier Typen von solitären kinetischen Alfvénwellen im Zweielektronen-Plasma bei kleinem Beta. Oben: Die Dichte der beiden Komponenten als Funktion des Abstandes vom Zentrum des Solitons. Depressionen und Kompressionen sind sowohl für die heiße (h) als auch die kalte (c) Komponente in allen Kombinationen möglich. Unten: Die Existenzgebiete aller solitären Formen als Funktion des Verhältnisses von thermischer Geschwindigkeit der Elektronen und Alfvéngeschwindigkeit. Die Grenzen zwischen den Gebieten entsprechen bestimmten Funktionen der Machzahl.

 

Fig. 2.5: Four types of kinetic Alfvén solitary forms in a two-electron low-beta plasma. Upper part: The density of the two components as function of distance from the center of the soliton for the hot (h) and cold (c) components. Both depressions and compressions are possible. Lower part: The regions of existence of all solitary forms in dependence of the ratio of electron thermal to Alfvén velocity. The boundaries between the regions correspond to functions of the Mach number.

Ein Teil unseres Forschungsprogramms befaßt sich mit dem Sonnenwind und mit in der Nähe der Sonne oder in der Heliosphäre beschleunigten Teilchen. Aktuelle experimentelle Ergebnisse in diesem Gebiet liegen aus Beteiligungen an mehreren internationalen Missionen vor wie SAMPEX, Wind, SOHO und ACE. Das unter Federführung des MPE entwickelte Sensorsystem CELIAS (Charge, Element, and Isotope Analysis System) ermöglicht die kontinuierliche Messung der Massen, Ladungs- und Energieverteilung von Sonnenwindionen, von im interplanetaren Raum oder an der Sonne beschleunigten Ionen, sowie das Studium der Zusammenhänge mit koronalen Ereignissen und Strukturen. Außerdem gestattet einer der Sensoren die Messung von energetischen Neutralteilchen, die durch Umladung in großräumigen Strukturen in der Heliosphäre entstehen. Der Kontakt zu SOHO brach am 24.6.98 infolge einer Fehlorientierung der Sonde ab, konnte aber am 4.8.98 wieder hergestellt werden und ab Mitte Oktober waren nahezu alle Instrumente wieder im Einsatz.

Part of our research is directed towards the Solar Wind and particles accelerated near the Sun or in the Heliosphere. New experimental results are available from our participation in the international missions SAMPEX, Wind, SOHO, and ACE. The CELIAS (Charge, Element, and Isotope Analysis System) experiment on SOHO provides a continuous measurement of the solar wind velocity, density, mass-, and ionic charge composition and of the elemental and ionic charge composition and energy spectra of energetic particles accelerated near the Sun or in interplanetary space. Furthermore, SOHO allows for the first time a correlation of the particle observations in interplanetary space with the observations of events or structures in the corona of the Sun as observed with the same spacecraft. CELIAS also enables us to study energetic neutral ions generated by charge-exchange reactions of energetic ions with large-scale structures in the heliosphere. SOHO spun out of control and communication was lost on June 24, 1998. However, contact fortunately could be re-established on August 4 and SOHO was almost fully operational again in mid October.

Mit unserer Beteiligung an dem Experiment SEPICA (Solar Energetic Particle Ionic Charge Analyzer) des Advanced Composition Explorer (ACE) Satelliten der NASA stehen darüber hinaus Daten suprathermischer Ionen mit einer gegenüber früheren Missionen wesentlich verbesserten Ladungsauflösung zur Verfügung. Die Ladung energetischer Ionen ist ein empfindlicher Indikator für die Temperatur der Quelle und bestimmt außerdem entscheidend Beschleunigungs- und Transportprozesse. Daher ist die Bestimmung der Ionenladung wesentlich für ein besseres Verständnis dieser Prozesse. Um hohe Auflösung mit großem Geometriefaktor zu kombinieren, besteht SEPICA aus insgesamt 3 Sensoren, davon einer mit kleinem Geometriefaktor aber sehr hoher Ladungsauflösung und zwei Sensoren mit geringerer Auflösung aber dafür um einen Faktor 10 größerem Geometriefaktor als in früheren Missionen. Die wesentlich verbesserte Auflösung von SEPICA ermöglicht nicht nur die Bestimmung der mittleren Ionenladung, sondern auch die Bestimmung der Verteilungen der Ionenladungszustände von schweren Ionen im Massenbereich ~4 bis 20.. Damit wird erstmals ein detaillierter Vergleich der gemessenen Ladungsverteilungen mit Modellen ermöglicht, die den Einfluß von Quelltemperatur, Beschleunigung, Fraktionierung und interplanetarer Ausbreitung berücksichtigen.

With our participation in the experiment SEPICA (Solar Energetic Particle Ionic Charge Analyzer) of the NASA mission ACE (Advanced Composition Explorer), successfully launched in August 1997, new ionic charge measurements of suprathermal ions with much improved resolution are now becoming available. The ionic charge state of energetic particles is an indicator of their source temperature and greatly influences particle acceleration and transport. As a result, charge-state measurements provide insight into physical processes in the acceleration regions on the Sun and in interplanetary space. With SEPICA we are able to continue the study of ionic charge of suprathermal ions. In order to combine high ionic charge resolution with a large collecting power, SEPICA consists of 3 sensors, 1 high-resolution sensor with small geometric factor and 2 identical sensors with large collecting power but reduced resolution. The much improved charge resolution of SEPICA will not only provide a measure of the mean ionic charge of heavy ions as obtained with previous experiments, but it will also enable us to determine the ionic-charge state distributions of heavy ions in the mass range ~ 4 to 20. This will then allow for the first time a detailed comparison of ionic-charge abundances with model calculations, including the effects of source temperature, acceleration, fractionation and propagation processes.

Eines der wesentlichen Themen der wissenschaftlichen Arbeit war deshalb in diesem Jahr die Auswertung der ersten mit SEPICA gewonnenen Ergebnisse. Mehrere solare Ereignisse im November 1997 boten eine erste Gelegenheit, die Möglichkeiten des Sensors am Einsatz-ort zu testen. Abb. 2.6 zeigt die mit dem hochauflösenden Sensor von SEPICA ermittelten Ladungsverteilungen von Sauerstoffionen im Energiebereich 0.35 - 1.0 MeV/Nukleon für zwei solare Ereignisse in den Zeiten 6. November 1997, 12:00-24:00 UT und 7. November 1997, 00:00-24:00. Die Abbildung zeigt deutlich die beiden dominierenden Ladungszustände O6+ und O7+, mit kleinen Beiträgen von O8+ und demonstriert das mit SEPICA erreichbare Auflösungsvermögen. Die Abbildung zeigt, daß die relative Häufigkeit von O6+ und O 7+ in den beiden Zeitperioden signifikant unterschiedlich ist. In der ersten Zeitperiode, die den Beginn eines intensiven solaren Ereignisses beinhaltet, dominiert O6+, während in der zweiten Periode, die eine interplanetare Stoßwelle einschließt, O7+ dominiert. Die Ladungs-zustände 6 und 7 von Sauerstoffionen sind im Temperaturbereich ~ 2´ 106 K ein sehr empfindliches Maß für die Temperatur der Quelle in der Korona. Eine erste Schätzung ergibt für die erste Zeitperiode 2´ 106 K und 2.3´ 106 K für die zweite Periode. Für eine vollständige quantitative Auswertung ist noch einige Detailarbeit notwendig, insbesondere Modellrechnungen zur Beschleunigung und zum Ansprechvermögen des Sensors. Die ersten Ergebnisse zeigen jedoch bereits, daß mit SEPICA erstmals die Änderung der Ladungsverteilung während einzelner solarer Ereignisse untersucht werden kann. Die Untersuchungen werden zur Zeit mit den Ionen von He, C, N, Si und Fe fortgesetzt.

One of the important topics of our research in this year was therefore the analysis of the first data obtained with SEPICA. The November 1997 solar particle events have provided the first opportunity to test and calibrate the sensor capabilities. Fig. 2.6 shows the ionic-charge distribution of oxygen in the energy range 0.35-1.0 MeV/nucleon for the time periods November 6 and 7, 1997, as obtained with the high-resolution sensor of SEPICA. The dominant presence of O6+ and O7+ is evident with a small contribution from O8+. This demonstrates the capability of SEPICA to resolve the contributions of individual charge states. Note that O6+ dominates during the first time period, which contains the starting phase of an intense solar energetic particle event. During the second period, which includes the passage of an interplanetary shock associated with a coronal mass ejection, O7+ becomes more prominent. The variation of charge states O6+ and O7+ is very sensitive to temperature around 2´ 106 K. A rough estimate yield a temperatures of 2´ 106 K for the first period and 2.3´ 106 K for the second period. Although a complete quantitative interpretation has to await detailed modeling of the results with the sensor response, this appears to be the first measurement of a variation in the charge state composition during a solar particle event. The charge state distributions of other elements, such as He, C, N, Si and Fe, are currently under study.

Abb. 2.6: Ionenladungsverteilung für Sauerstoff während einer Serie von solaren Ereignissen. Bemerkenswert sind die großen Unterschiede der Häufigkeit von O6+ und O7+ in den beiden Perioden.

 

Fig. 2.6: Ionic-charge distribution of oxygen during a series of solar events. Note the different abundancies of O6+ and O7+ in the two periods.

 

Während sich das MPE in den letzten Jahrzehnten vorwiegend mit der Plasmaumgebung der Erde und mit höherenergetischen Partikeln von der Sonne und der kosmischen Strahlung befaßt hat, sehen wir uns in wachsendem Maße an Fragestellungen der Wechselwirkung des Sonnenwindes mit planetaren und kleinen Körpern des Sonnensystems und auch der Konstitution dieser Körper selbst beteiligt.

While the plasma research at MPE in the last decades was focused on the Earth's environment and the higher energetic particles from the Sun and cosmic rays, we now find ourselves increasingly involved in problems of the solar wind interaction with Planetary and Small Bodies of the Solar System and of the constitution of these bodies.

Hierbei stehen die Staubexperimente CIDA für die Kometenmission Stardust der NASA und COSIMA für die Rosetta-Mission der ESA im Vordergrund. Stardust ist eine NASA-Mission mit dem primären Ziel, Staub- und Gasproben vom Kometen P/Wild 2 und aus dem interplanetaren Raum zur Erde zurückzubringen. Der Cometary and Interstellar Dust Analyzer (CIDA) ist ein Flugzeitmassenspektrometer für Ionen, die beim Auftreffen von Staubkörnern auf ein Target gebildet werden. Mit diesem Instrument wird nicht nur während des Kometenvorbeifluges, sondern auch in bestimmten Perioden der interplanetaren Flugphase (hier vor allem der interstellare Staub) gemessen. Der Start ist für Februar 1999 geplant. COSIMA ist ebenfalls ein Flugzeit-Massen-spektrometer, aber die zu analysierenden Ionen werden in diesem Instrument durch Beschuß der aufgesammelten und ausgewählten Staubkörner mit Indiumionen aktiv erzeugt. Das Instrument wird auf dem Orbiter der Rosetta-Mission zum Kometen Wirtanen installiert. Der Start soll Anfang 2003 erfolgen und das Kometen-rendezvous in 2011. CIDA und COSIMA werden in breiter internationaler Kooperation durchgeführt.

In this context the dust analyzers CIDA and COSIMA to be flown on the cometary mission Stardust of NASA and Rosetta of ESA, respectively are important for the institute. NASA's Stardust mission has the primary goal to return to Earth samples of dust and volatiles from comet P/Wild 2 and from interplanetary space. The Cometary and Interstellar Dust Analyzer (CIDA) is a time-of-flight mass spectrometer for ions created at impact on a target. This instrument will not only be operated at the cometary flyby, but also during certain periods of the cruise phase mainly with the aim to collect interstellar dust grains. The launch is scheduled for February 1999. COSIMA is also a time-of-flight mass spectrometer. However, the ions to be analyzed are generated by impact of an indium ion beam on the grains collected and selected by a dust collector. The instrument will be installed on the orbiter of the Rosetta mission to comet Wirtanen. The spacecraft will be launched in early 2003 and the comet rendezvous will occur in 2011. CIDA and COSIMA are both realized in a broad international collaboration.

Das MPE ist ebenfalls am Lander der Rosetta-Mission beteiligt, und zwar sind wir verantwortlich für das Command and Data Management System und die Harpunen, die nach Bodenberührung auf dem Kometenkern den Lander verankern sollen, um eine Reflexion zu vermeiden. Ferner sind wir am Magnetometer (ROMA) auf dem Lander beteiligt.

MPE is also involved in the Rosetta Lander. We are responsible for the Command and Data Management System and for the harpoons with which the lander will be anchored to the cometary surface after touch-down, in order to prevent reflection. Furthermore, we are CoIs of the lander magnetometer ROMA.

Mit der Erfahrung, die wir durch das Studium der erdnahen Plasmen gewonnen haben, haben wir uns schon in der Vergangenheit auch Themen der Sonnenphysik zugewandt. Dabei konzentrieren wir uns auf die Beobachtung von Plage-Regionen, koronalen Magnetfeldbögen nach Flares, sowie tiefliegender koronaler Magnetfeldstrukturen. Die Beobachtungen werden hauptsächlich mit dem Coronal Diagnostic Spectrometer (CDS) auf dem Satelliten SOHO durchgeführt. Seit Mai diesen Jahres können auch Beobachtungen des Ha -Teleskops HASTA verwendet werden. CDS, an dem das MPE durch die Beistellung des Teleskops beteiligt ist, erlaubt die Beobachtung im Licht verschiedener Emissionslinien im extremen Ultraviolett (EUV). Daraus können die Verteilung des Plasmas in der Übergangsschicht und der Korona, sowie Elektronendichten, Temperaturen und Geschwindigkeiten abgeleitet werden.

With the experience gained by the study of the near-Earth plasma we dealt already in the past with topics of Solar Physics. The studies are focussed on the observation of plage regions, coronal post-flare loops, and low-lying coronal magnetic structures. Observations are performed predominantly with the Coronal Diagnostic Spectrometer (CDS) onboard the SOHO satellite. In addition, the Ha telescope HASTA is in operation since May this year. CDS, at which MPE is involved by contributing the telescope, allows observations in a number of emission lines in the extreme ultraviolet (EUV). These observations can be used to determine the distribution of the emitting plasma in the transition region and the corona, as well as electron densities, temperatures, and Doppler velocities.

Abb.2. 7: Beobachtung einer fleckenlosen aktiven Region mit Plage-Gebieten am 28. April 1998. Links: Intensität der 584 Å Linie des neutralen Heliums bei 20000 K, als Kontur die 360 Å Linie von 15-fach ionisiertem Eisen bei ca. 2 Mio. K. Rechts: Karte der Dopplergeschwindigkeiten (von He I abgeleitet).

Fig. 2.7: Observation of a spotless active region showing plage areas on April 28, 1998. Left: Intensity of the 584 Å line of neutral helium at 20000 K, and the 360 Å line of 15-times ionized iron at 2 million K (as contours). Right: Doppler-velocity map (deduced from He I observation).

Im April 1998 wurden zwei fleckenlose aktive Regionen beobachtet, die Plage-Aktivität zeigten; eine jüngere, aktivere und eine ältere, sich bereits auflösende Region. Abb. 2.7 zeigt im linken Bild die Intensitätsverteilung in der jüngeren Region von kühlerem Plasma (20000 K), die gut mit den Positionen der Plage-Gebiete übereinstimmt. Als Kontur ist die Intensitätskarte von heißem Plasma (2 106) überlagert, das eine deutlich andere Verteilung aufweist. Ein Vergleich mit der von Helium abgeleiteten Geschwindigkeitskarte im rechten Bild zeigt, daß die hellen Plage-Gebiete bevorzugt mit Abwärtsbewegungen (rotverschoben) korrelieren. Dies ist mit der Idee konsistent, daß Plages durch Dissipation von Alfvénwellen geheizt werden, die von oben auf die Übergangsschicht treffen. Auch das Häufigkeitsverhältnis zwischen Mg und Ne wurde untersucht, die typische Vertreter für Elemente mit hohem (Ne) bzw. niedrigem (Mg) ersten Ionisationspotential sind. Da siebenfach ionisiertes Ne und Mg bei etwa derselben Temperatur emittieren, ist das Intensitätsverhältnis direkt von der Häufigkeit der beiden Elemente abhängig. Es zeigt sich, daß Häufigkeitsveränderungen bevorzugt bei der jüngeren aktiven Region auftreten, jedoch nicht mit den Dopplergeschwindigkeiten des Plasmas korrelieren. Dies widerspricht gängigen Theorien, die solche Häufigkeitsveränderungen normalerweise in Zusammenhang mit aufsteigenden Strömungen erklären.

In April 1998 two spotless active regions have been observed exhibiting plage activity, one of them younger and more active, the other one more mature and already decaying. Fig. 2.7 (left panel) shows the intensity distribution in the young region of cool plasma (20000 K) which agrees well with the positions of the plages. As contours the intensity of hotter plasma (2 106) is given which shows a different distribution. A comparison with the velocity map (right panel) shows that plage regions correlate with downward flows. This finding is consistent with the idea that plages are heated by dissipation of Alfvén waves, which hit the transition region from above. Further, the abundance ratio between magnesium and neon has been studied. These elements are typical members of the groups with high (Ne) and low (Mg) first ionization potential. Since 7-times ionized Ne and Mg emit at about the same temperature the intensity ratio is directly sensitive to the abundance ratio. It was found that variations in the abundance ratio occur preferentially in the younger active region but do not correlate with the Doppler-velocities. This is remarkable since most theories explain these variations in the context of an emerging flux.

Zum Phänomen der Plages wurde ein Modell entwickelt und quantitativ durchgerechnet, das die Strahlung in Ha , CaH und K etc. auf den Einfall von hochfrequenten Alfvénwellen aus Aktivitätsgebieten in der Korona und deren Dämpfung in der oberen Chromosphäre zurückführt. Effektiv für diesen Heizmechanismus sind Wellen zwischen 1 und 8 Hz mit Energieflußdichten von etwa 106 erg/(cm2 s). Abb. 2.8 zeigt den durch Ionen-Neutralgas-Stöße gedämpften Wellenergiefluß (FW) von der Übergangsregion (bei 1600 km Höhe angenommen) abwärts und die Höhenprofile von Temperatur (T) und Strahlungsverlusten (e R) ohne und mit Alfvénwellenheizung. Die Herkunft der Wellen wird in der Wechselwirkung von Stromfilamenten in der Korona gesehen. Zum Testen dieser Theorie sollen die Emissionen von chromosphärischen Linien, die in sehr unterschiedlichen Höhen entstehen, miteinander verglichen werden.

The phenomenon of plages was addressed by developing and computing a model that connects the radiation in Ha , CaH and K, etc. with the incidence of high-frequency Alfvén waves from active regions in the corona and their damping in the upper chromosphere. This heating mechanism is effective for waves between 1 and 8 Hz with energy-flux densities of about 106 erg/(cm2 s). Fig. 2.8 shows the flux of wave energy (FW), which is directed downward from the transition region and damped due to ion-neutral collisions and altitude profiles of temperature (T) and radiation losses (e R) without and including Alfvén-wave heating. The waves are a consequence of the interaction of current filaments in the corona. In order to test this theory it is intended to look into the emissions of chromospheric lines which are produced at distinct altitudes.

Abb. 2.8: Zur Herkunft der Plages: Energieflußdichte von Alfvénwellen bei 4 Hz, die in der Chromosphäre durch Ionen-Neutralgasstöße gedämpft werden und dabei Strahlungsverluste und Temperatur erhöhen.

Fig. 2.8: On the origin of plages: Energy flux density of Alfvén waves at 4 Hz, which are damped by ion-neutral collisions in the chromosphere and thereby increase radiation losses and temperature.

Ebenfalls im April wurden erstmalig Beobachtungen einer aktiven Region nach einem solaren Flare durchgeführt. Um den Detektor nicht zu schädigen, durfte CDS erst ausgerichtet werden, als der Energiefluß auf ein bestimmtes Niveau abgefallen war. Die Beobachtungssequenz bestehend aus 19 Rastern wurde im Zeitraum von 1 bis 7 Stunden nach der impulsiven Flarephase aufgenommen. Es hat sich gezeigt, daß die Strahlung des Eisen-XIX Ions, das im Plasma von etwa 8 106 entsteht, unerwartet lange nach dem Flare deutlich Post-Flare-Loops abbildet. Aus den Intensitätsverhältnissen von Emissionslinien verschiedener Eisenionen konnte abgeschätzt werden, daß die Temperatur über einige Stunden nach dem Flare auf hohem Niveau bleibt, während die Elektronendichte langsam abnimmt. Ein solches Verhalten läßt sich nach gängigen Modellen über Abkühlprozesse im heißen Flareplasma nicht mit einer einmaligen Umsetzung magnetischer Energie erklären, sondern erfordert weitere effektive Heizung auch nach der impulsiven Flarephase. Um dieses Phänomen genauer zu untersuchen, ist im kommenden Jahr eine weitere Kampagne mit einem verbesserten Beobachtungsprogramm und in Koordination mit dem Trace Satelliten geplant.

First observations of an active region after a solar flare were carried out in April this year. In order to protect the detector, CDS was not allowed to be directed to the flaring region before the energy flux had declined to a certain level. The sequence of spectral images consists of 19 rasters, taken from one to seven hours after the impulsive phase of the flare. Post-flare loops remain clearly visible for an unexpected long time after the flare in the emission of the iron 19 ion, which exists in about 8 106 hot plasmas. From intensity ratios of emission lines of different iron ions, it could be inferred that the temperature remained at a high level for a few hours after the flare, whereas the electron density declined slowly. Such behaviour cannot be explained by current cooling-models of hot plasmas supposing a single transfer process of magnetic to kinetic energy and heat, but requires effective heating after the impulsive phase of the flare. In order to study this phenomenon more carefully, a further campaign is planned with an improved observing program for CDS and in coordination with the Trace satellite.

In Zusammenarbeit mit dem Lockheed-Stanford-Institut für Weltraumforschung in Palo Alto, USA haben wir hochaufgelöste EUV Bilder des Satelliten Trace analysiert und eine niedrige, 2500-4000 km über der Photosphäre liegende, zellulare Emission gefunden, die mit bisherigen Instrumenten nicht aufzulösen war. Diese Emission besteht aus einem Netzwerk von hellen Elementen mit dunklen Einschlüssen auf Skalen von 2000-3000 km und erscheint wie ein "Moosteppich". Diese moosartigen Strukturen wurden ausschließlich oberhalb von Regionen mit starkem photosphärischen Magnetfeld und unterhalb von heißen koronalen Loops von 3-5 106 beobachtet. Die dunklen Einschlüsse entsprechen oft chromosphärischen Strömungen relativ kalten Plasmas. Dies legt nahe, daß hier zum ersten Mal die konduktiv geheizte obere Schicht der Übergangsregion beobachtet wurde. Detaillierte Untersuchungen sollen helfen, Modelle der Koronaheizung zu überprüfen.

In a collaboration with the Lockheed-Stanford Institute for Space Research, Palo Alto, USA we have obtained high-resolution EUV images from the Trace satellite which reveal the nature of a previously unresolved, low lying (2500 to 4000 km above the photosphere) cellular emission associated with magnetically active regions on the Sun. The emission forms a complex network of bright elements and dark inclusions on scales of 2000 to 3000 km, appearing like a carpeting of "moss". It could be established that the moss occurs only above regions of intense magnetic fields in the photosphere and below hot (3-5 106) loops in the corona. The dark inclusions often correspond to jets of relatively cool plasma seen in the chromosphere. These properties imply that we are directly imaging the conductively heated upper transition region for the first time. Detailed studies of this phenomenon will help to constrain coronal heating models.

Abb. 2.9: Das Ha -Sonnenteleskop HASTA besteht aus drei Teleskopen: das Hauptteleskop oben rechts beobachtet die Sonne im Licht der Ha -Linie, das zweite Teleskop unten ist ein Weißlichtteleskop, das dritte wird zur Zeit nicht benutzt.

 

Fig. 2.9: The Ha solar telescope HASTA consists of three telescopes: the main telescope on the top right is utilized to observe the sun in the light of the Ha -Line, the second telescope on the lower left is a white light telescope, the third one is not in use.

Zur Beobachtung der Sonnenchromosphäre dient das Teleskop HASTA (Abb. 2.9), das Ende April diesen Jahres auf der Estación Astronómica (2370 m) in El Leoncito, Argentinien aufgestellt wurde. Von 1941 bis 1987 stand dieses Dreifach-Sonnenteleskop auf dem Wendelstein in den Bayerischen Alpen. Als das Wendelstein Observatorium vollständig auf Nachtbetrieb umgestellt wurde, erhielt das MPE das Instrument und hat es vollständig überholt. Das Hauptteleskop mit einem Objektivdurchmesser von 10 cm und einer Brennweite von 170 cm ist mit einem durchstimmbaren Lyot-Filter ausgerüstet und erhielt eine neu CCD-Kamera. Das Hauptteleskop dient zur Beobachtung von solaren Flares und eruptiven Protuberanzen mit hoher räumlicher (1.5") und zeitlicher (3 s) Auflösung. Das zweite Teleskop dient zur Beobachtung der Sonne im Weißlicht, das dritte wird zur Zeit nicht benutzt. Gleichzeitig mit HASTA wurde auch der Spiegelkoronograph MICA des Max-Planck Instituts für Aeronomie aufgestellt und in Betrieb genommen.

For observations of the solar chromosphere the Telescope HASTA (Fig. 2.9) was set up at the Estación Astronómica (2370 m) in El Leoncito, Argentina in April this year. From 1941 until 1987 this triple solar telescope was located on Wendelstein mountain in the Bavarian Alps. In 1987, the Wendelstein Observatory became entirely dedicated to night observations, and the instrument was given to MPE. The mounting, the tree telescopes and the filter have been completely refurbished. The main telescope with a diameter of 10 cm and a focal length of 170 cm is equipped with a tunable Lyot filter and got a new CCD-Camera. The main telescope is being used for observations of solar flares and eruptive prominences with high spatial (1.5") and temporal (3 s) resolution. The second telescope is being used to observe the sun in white light, the third one is not in use. At the same time as HASTA, the mirror coronograph MICA of the Max-Planck Institut für Aeronomy was set up in El Leoncito and operations have started.

Abb. 2.10: Das 1.3-m Teleskopgebäude erhält eine neue Kuppel (Oktober 98).

 

Fig. 2.10: The building of the 1.3-m telescope gets a new dome (October 98).

Seit 1986 betreibt das MPE gemeinsam mit der Foundation of Research and Technology, Hellas (F.O.R.T.H) und der Universität Kreta ein kleines astronomisches Observatorium auf dem Skinakas (1750 m) im Idagebirge. Zu dem 30-cm Flat-Field-Teleskop kam Anfang der neunziger Jahre ein 1.3-m Ritchey-Chretien Teleskop hinzu, das mit modernen CCD Kameras, Autoguider, Fokalreduktor, Standardfiltern und einem grob auflösenden Gitterspektrographen ausgerüstet ist. Ein hochauflösender Echellespektrograph wird im Sommer 1999 einsatzbereit sein. Nach einer Reihe anfänglicher Ausfälle und anderer Schwierigkeiten und der Installation einer neuen Kuppel (Abb. 2.10) im Herbst 1998 ist das Teleskop jetzt kontinuierlich (bis auf die schneereichen Monate) nutzbar. Das MPE hat im Berichtsjahr zwei spezielle Instrumente an diesem Teleskop eingesetzt, den Fiasco Spektrographen zur Messung der Li-Häufigkeit in jungen, sonnennahen Sternen und das Optima Photometer zur Messung von schnellen Lichtemissionen von Pulsaren und unregelmäßig veränderlichen Hochenergiequellen (s.a. Gamma-Astronomie).

Since 1986, MPE, the Foundation of Research and Technology Hellas (F.O.R.T.H.), and the University of Crete run a common astronomical observatory on Skinakas (1750 m) in the Ida mountains. In the beginning of the 1990s a 1.3-m Ritchey-Chretien telescope equipped with modern CCD cameras, autoguider, focal reducer, standard filters, and a low-resolution grid spectrograph was added to the 30-cm flat field telescope. A high-resolution Echelle spectrograph will be ready for use in summer 1999. After a series of initial failures and other difficulties and the installation of a new dome (Fig. 2.10) in fall 1998, the telescope is now continuously (except in months with much snow) available. In the year of the report, MPE worked at this telescope with two special instruments: the Fiasco Spectrograph for measurements of the Li abundance in early stars close to the sun and the Optima photometer for measurements of rapid light emissions from pulsars and irregularly changing high-energy sources (see also gamma astronomy).

Folgende Projekte wurden vom DLR unterstützt: CLUSTER (50.OC.9302.6), EDI (50.OC.8904.3), CIS (50.OC.8906.9), CELIAS (50.OC.9605.9), EQUATOR-S (50.OC.9402.4), ROSETTA (50.QP.9701.2 und 50.QP.9706.6), RELIKT-2 (50.OM.9702.5). Das Projekt CLUSTER wurde unterstützt von Dornier (ESA) (1501073-2400).

The following projects have been supported by DLR: CLUSTER (50.OC.9302.6), EDI (50.OC.8904.3), CIS (50.OC.8906.9), CELIAS (50.OC.9605.9), EQUATOR-S (50.OC.9402.4), ROSETTA (50.QP.9701.2 and 50.QP.9706.6), RELIKT-2 (50.OM.9702.5). The CLUSTER project has been supported by Dornier (ESA) (1501073-2400).

Jahresbericht 1998 / Annual Report 1998


HTML version: 1999-07-29; Helmut Steinle