MPE Jahresbericht 1999 / MPE Annual Report 1999


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Experimentelle Entwicklung und Projekte /
Experimental Development and Projects


3. Röntgenastronomie

3. X-Ray Astronomy

Röntgenstrahlung wird im Kosmos unter extremen Bedingungen erzeugt, durch Plasmen mit Temperaturen von Millionen bis Milliarden Grad oder durch die Wechselwirkung hochenergetischer Elektronen mit Magnetfeldern oder Photonenfeldern. Die Untersuchung der Röntgenstrahlung kosmischer Objekte bietet in die dort herrschenden physikalischen Bedingungen Einblicke, die mit Beobachtungen in anderen Spektralbereichen nicht zu gewinnen sind. X-rays originate in the universe from regions under extreme conditions, from plasma with temperatures of millions and even billions of degrees, or from the interaction of high energy electrons with magnetic fields or photon fields. Studying the X-rays from cosmic objects gives insights into the physical processes in these regions which cannot be achieved through observations in other wavelength regimes.
Röntgenastronomie kann nur vom Weltraum aus betrieben werden. Das MPE hat sich in den vergangenen 25 Jahren nach zahlreichen Ballon- und Raketenexperimenten an den Satellitenmissionen EXOSAT, MIR-Kvant, ROSAT, BeppoSAX, Chandra, XMM und Spektrum-X beteiligt. In der Planung sind ABRIXAS-2, XEUS und weitere Projekte. X-ray astronomy can be done only from space borne observatories. After numerous balloon- and sounding rocket experiments, MPE has contributed in the last 25 years to satellite missions such as EXOSAT, MIR-Kvant, ROSAT, BeppoSAX, Chandra, XMM, and Spectrum-X. ABRIXAS-2, XEUS, and other projects are planned for the future.
Am 19.12.1998 ging nach mehr als 8 Jahren aktiver Meßzeit die überaus erfolgreiche Mission des Röntgensatelliten ROSAT zu Ende. Unser Institut hatte bei diesem Projekt die wissenschaftliche Federführung, trug entscheidend zur Auslegung des Satelliten und insbesondere des abbildenden Spiegelteleskops bei und baute die Fokalinstrumentierung. Nach dem Start von ROSAT am 1. Juni 1990 stellte das ROSAT Datenzentrum im MPE das Bindeglied zwischen Observatorium und Beobachter dar. Dort wurden alle Beobachtungen geplant, die Daten aufbereitet und einer Standardanalyse unterzogen. Eine interaktive Analyse-Software wurde entwickelt und an über 70 Institute weltweit verteilt. Umfangreiche und öffentlich zugängliche Archive enthalten nicht nur die vollständigen Daten der Mission, sondern auch deren Ergebnisse. ROSAT wird auch weiterhin eine wertvolle Quelle für wissenschaftliche Erkenntnisse darstellen. Während der insgesamt 3109 Tage dauernden Mission wurden 9212 einzelne Beobachtungen durchgeführt, von denen sich bis jetzt 8321 im öffentlichen Archiv befinden. Die Zahl der ROSAT-Kataloge mit Quell-Listen der verschiedensten Objektklassen ist inzwischen auf etwa 70 gestiegen. Knapp 4000 wissenschaftliche Publikationen stellen die reichhaltige Ernte dar. On December 19, 1998, after more than eight years of extremely successful mission, the X-ray satellite ROSAT was switched off finally. Our institute had the scientific leadership of this project, contributed essentially to the design of the spacecraft and particularly the imaging telescope, and developed and built in-house the focal instrumentation. After the launch of ROSAT on June 1, 1990, the Scientific Data Centre at MPE became the main junction between the observatory and the scientific community. Here all the observations were planned and all data have been run through a standard analysis pipeline. An interactive software package has been developed and distributed to more than 70 institutes all over the world. Extensive and publicly accessible archives contain not only all the data of the mission but also their results. ROSAT is still our most valuable source for scientific insights. During the whole mission which lasted 3109 days, a total of 9212 individual observations were conducted, of which 8321 are already archived. Almost 4000 scientific publications represent the rich harvest of this project.
Die optische Identifizierung von ROSAT-Quellen stellt wegen der beschränkten Teleskopzeit einen gravierenden Engpaß dar, vor allem, wenn es um die Gewinnung größerer, vollständiger Stichproben oder die Suche nach seltenen Objekten geht. Um diesen Engpaß zu vermeiden, wurde mit dem SLOAN Digital Sky Survey (SDSS) Konsortium eine Kooperationsvereinbarung getroffen. SDSS macht in den nächsten 5 Jahren eine vollständige Durchmusterung am Nordhimmel in 5 breiten optischen Wellenlängenbereichen (zentriert um 3540, 4770, 6230, 7630 und 9120 Å) und wird für 1.15 Millionen Objekte Helligkeiten und Spektren bestimmen. Wir erhoffen uns aus der Zusammenarbeit die Identifizierung von etwa 15 000 - 20 000 ROSAT-Quellen, was für eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Projekten von großer Bedeutung wäre. Erste Korrelationen zwischen ROSAT-Daten und Daten der SDSS-Testphase im Hinblick auf AGN und Galaxienhaufen haben ermutigende Ergebnisse gebracht. The optical identification of ROSAT sources is a serious bottleneck due to the limited time of optical telescopes, particularly if large complete samples have to be obtained or rare objects are searched for. In order to bypass this limitation, a cooperation with the SLOAN Digital Sky Survey (SDSS) was started. During the next five years, SDSS will perform a complete survey of the northern sky in five broad optical wavelength bands around 3540, 4770, 6230, 7630 and 9120 Å. The brightness and spectra of 1.15 million objects will be determined. From this cooperation, we expect the identification of 15 000 - 20 000 ROSAT sources, which is of great interest for a whole series of scientific projects. First correlations between ROSAT data and data from the SDSS test phase yield promising results with respect to AGN and clusters of galaxies.
Neben den ROSAT-Beobachtungen werden am MPE auch Daten von anderen Röntgensatelliten wie ASCA, BeppoSAX Projekt und RXTE ausgewertet. Apart from the ROSAT observations, data from other X-ray satellites such as ASCA, BeppoSAX and RXTE are also analysed at MPE.
Ein schwerer Schlag für uns war das Scheitern der ABRIXAS Mission im Mai 1999. ABRIXAS war als Fortsetzung der ROSAT Himmelsdurchmusterung zu höheren Energien in Kollaboration mit dem astrophysikalischen Institut Potsdam (AIP) und der Universität Tübingen (IAAT) geplant. Das Teleskop, gebaut von der Fa. Carl Zeiss, besteht aus sieben, jeweils 27-fach geschachtelten Wolter-Spiegeln mit 1,6 m Brennweite, welche sich in ihren Brennpunkten eine pn-CCD Kamera, einer Entwicklung von MPE und IAAT, teilen. Der Satellit wurde von der Fa. OHB-System gebaut. Mit diesem Instrument sollte ab Mai 1999 der gesamte Himmel im Energiebereich zwischen 0.5 und 12 keV durchmustert werden. A nasty shock was the failure of the ABRIXAS mission in May 1999. ABRIXAS was conceived to continue the ROSAT all-sky survey towards higher energies. It was planned and built in a collaborative effort together with the Astrophysikalisches Institut Potsdam (AIP) and the University of Tübingen (IAAT). The telescope, designed and built by the company Carl Zeiss, consists of seven, 27 fold nested Wolter mirrors with 1.6m focal length each. The seven telescopes share one pn-CCD camera in their focal planes. The satellite was designed and built by the company OHB-System GmbH. We planned to observe the whole sky in an energy band between 0.5 and 12 keV.

Abb. III-8: ABRIXAS beim letzten Test kurz vor der Integration auf die COSMOS-Rakete in Kapustin Yar in Russland. Der Satellit ist zum Schutz vor Kontamination in eine Plastikfolie verpackt (links). Die 30 m lange COSMOS-Rakete beim Aufrichten in den Startturm (oben).

Fig. III-8: ABRIXAS at the last test just before integration onto the COSMOS-rocket in Kapustin Yar in Russia (left). The satellite is protected against contamination with a plastic foil (left). The 30 m tall COSMOS-rocket during erection into the launch tower.

Zu Beginn des Jahres 1999 wurden die Kalibrationen mit der ABRIXAS-Kamera und anschließend mit dem kompletten Teleskop durchgeführt. Die Kamera ist ein identischer Nachbau des für XMM entwickelten pn-CCD-Detektors. Die Ergebnisse zeigten, daß die erreichten Eigenschaften hinsichtlich Auflösungsvermögens und Sensitivität die Anforderungen erreichten, teils sogar übertrafen. At the beginning of 1999, the calibration of the ABRIXAS camera and, subsequently, of the complete telescope were performed. The camera is an identical replica of the detector which was developed for XMM. The results confirmed that the performance regarding spectral resolution and sensitivity reached, and partially exceeded, the requirements.
Gleichzeitig mit den Hardwareaktivitäten wurde die Standardanalyse der Daten vorbereitet. Die dazu gehörende, umfangreiche Software konnte weitgehend von ROSAT übernommen werden, wo sie mit erheblichem Aufwand entwickelt worden war. Trotzdem erforderte die Anpassung noch erheblichen Aufwand, und bis zum Start wurde daran intensiv gearbeitet. Dabei war die Konfiguration der sieben Teleskope und die Kalibration der CCDs zu berücksichtigen. Vom AIP simulierte Durchmusterungsdaten wurden erfolgreich prozessiert und das Interface zur Bodenstation des GSOC fertiggestellt. Nach dem Abbruch der Mission wurde der Status der Programme soweit fixiert und so dokumentiert, daß bei einer Neuauflage von ABRIXAS möglichst schnell und effizient an den bisherigen Stand angeknüpft werden kann. Parallel to these hardware activities, the standard analysis of the data was prepared. The corresponding software was taken partly from ROSAT, for which it was developed with great effort. The adaptation, however, required additional effort which lasted until the launch of ABRIXAS. These activities accounted for the configuration of the seven telescopes and the calibration of the CCDs. Survey data were simulated at AIP and could be processed successfully. The interface between our institute and the ground station at GSOC was established. After the failure of the mission, the status of the software was documented in such a way that it can be reactivated easily if a new version of ABRIXAS is started.
ABRIXAS wurde am 28. April mit einer russischen KOSMOS Rakete von Kapustin Yar, etwa 100 km südöstlich von Wolgograd aus gestartet. Sowohl der Start als auch die erreichte Umlaufbahn waren perfekt. Nur wenige Stunden nach dem Start allerdings überhitzte sich die Bordbatterie aufgrund eines Designfehlers im Satelliten und fiel aus. Im Juli wurde zusammen mit AIP und IAAT ein offizieller Antrag für ABRIXAS-2 eingereicht. ABRIXAS was launched with a Russian COSMOS rocket from the military range Kapustin Yar (120 km south-east of Volgograd) on April 28. Both launch and orbit were perfect. A few hours after the launch, however, the battery on board overheated due to a design error in the satellite, and failed. Together with AIP and IAAT, an official proposal for ABRIXAS-2 was made in July 1999.
Mehr Erfolg hatten wir im Juli beim Start des amerikanischen Röntgensatelliten Chandra (früher AXAF). Chandra ist nach dem Hubble Space Telescope und dem Gammastrahlen-Observatorium COMPTON das dritte in der Reihe der "Great Observatories" im Wissenschaftsprogramm der NASA. Es wurde am 23. Juli 1999 mit dem Space Shuttle in eine Umlaufbahn gebracht. Das Besondere an Chandra ist sein Winkelauflösungsvermögen von 0.5 Bogensekunden, welches Röntgenbilder von bisher unerreichter Schärfe ermöglicht. We had more success with the launch of the X-ray observatory Chandra (formerly AXAF). After the Hubble Space Telescope and the COMPTON g -Ray Observatory, Chandra is the third of the "Great Observatories" within NASA's science programme. It was launched with the Space Shuttle on July 23. A particular property of Chandra is its angular resolution of about 0.5 arcsec. This allows X-ray images of unprecedented quality and sharpness.
Abb. III-9: Das "First Light" mit dem LETGS auf Chandra war ein Spektrum des Sterns Capella. Deutlich sieht man die Lücken zwischen den Platten des dreigeteilten Detektors (oben). Ein Ausschnitt des gesamten Spektrums zwischen 12 und 23 Å (darunter) ist reichhaltig an Emissionslinien, von denen viele bereits identifiziert werden konnten.

Fig. III-9: The "First Light" of the LETGS on board Chandra was a spectrum of the star Capella. Clearly seen are the gaps between the three plates of the detector (above). The range between 12 and 23 Å is rich in emission lines (middle). Many of them have already been identified (below).

Für dieses große Observatorium hatten wir über zehn Jahre lang in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Institut SRON in Utrecht ein Niederenergiespektrometer (Low-Energy Transmission Grating, LETG) entwickelt und gebaut. Unser Beitrag bestand in der Entwicklung des "Herz" dieses Instruments, einem aus 540 einzelnen Elementen zusammengesetzten Transmissions-Beugungsgitter, welches von der Firma Dr. Johannes Heidenhain in Traunreut gefertigt wurde. Wird dieses Gitter in den Strahlengang zwischen Spiegel und Detektor geschwenkt, so wird die von einem Röntgenobjekt kommende Strahlung spektral zerlegt. Damit ist hochauflösende Spektroskopie in einem Bereich zwischen etwa 5 und 170 Å möglich. In a ten-years long collaboration with the Dutch institute SRON in Utrecht/Netherlands, we have developed the Low-Energy Transmission Grating (LETG) spectrometer. Our contribution consists of the "heart" of this instrument, 540 individual transmission grating elements which were fabricated by the company Dr. Johannes Heidenhain in Traunreut, Germany. Radiation from a cosmic X-ray source is dispersed into a spectrum when this instrument is flipped into the convergent beam between the X-ray mirror and the focal plane detector. This makes high resolution spectroscopy between 5 and 170Å possible.
Die erste Beobachtung mit dem LETG galt dem Stern Capella. Etwa 150 Spektrallinien konnten bei einem Auflösungsvermögen von 0.06 Å entdeckt und vermessen werden(Abb. III-9). Die Auswertung dieser Beobachtung ist im vollem Gange. The first object observed with the LETG was the star Capella. About 150 individual spectral lines could be detected in this "First Light" (Fig. III-9). The analysis of this observation is still going on.
XMM, die "X-ray Multi Mirror" Mission ist als zweiter Eckpfeiler im ESA-Programm "Horizon 2000" das aufwendigste astronomische Satelliten-Projekt, das bisher in Europa vorbereitet wurde (Abb. III-10) Sein Start auf einer Ariane-V fand am 10. Dezember 1999 statt. XMM ist zu Chandra komplementär ausgelegt: es besitzt zwar nicht das räumliche Auflösungsvermögen, dafür aber eine erheblich größere Sammelfläche, was vor allem für die Untersuchung von Spektren und Zeitvariationen wichtig ist. Unser Institut ist an diesem Projekt in drei Bereichen wesentlich beteiligt. Neben dem "Telescope Scientist", der für das Design und die Eichung der Röntgenteleskope verantwortlich ist, hat das MPE innerhalb der EPIC-Kollaboration die Entwicklung, den Bau und die Kalibrierung eines der drei Fokalinstrumente (pn-CCD-Kamera) übernommen. Außerdem sind wir am "Survey-Science Centre" beteiligt, das unter anderem die Standardverarbeitung aller XMM Daten durchführen wird. Mit diesen Beteiligungen haben wir umfangreiche Datenrechte an der für die Hardware-Gruppen garantierten Beobachtungszeit. XMM, the "X-ray Multi Mirror" mission is the second cornerstone within ESA's scientific programme "Horizon 2000"(Fig. III-10). It is the most ambitious satellite project ever prepared in Europe. The launch on Ariane V took place on December 10, 1999. XMM is complementary to Chandra: its angular resolution is worse but it has substantially more collecting power. This is essential particularly for spectroscopy and the investigation of time variability. Our institute has contributed to this project in three areas: the "Telescope Scientist" was responsible for the design and the calibration of the X-ray mirrors. Within the EPIC collaboration, MPE has developed, built, and calibrated one of the three focal instruments, the novel-type pn-CCD camera. Furthermore, we are part of the "Survey-Science-Centre" which will perform the standard analysis of all XMM data. Due to all these activities, we have gained a lot of data rights within the observation time guaranteed to the hardware groups.
Das Kernstück der EPIC pn-CCD Kamera bildet ein im Halbleiterlabor des MPE entwickelter CCD Detektor mit einer aktiven Fläche von 6 ´ 6 cm. Die große Dicke der Siliziumscheibe und der Einfall der Strahlung auf die unstrukturierte Rückseite des Chips garantieren eine hohe Quantenausbeute im Energiebereich von 0.1 bis über 17 keV. Die Größe der einzelnen Bildelemente (Pixel) wurde an die Winkelauflösung des Teleskops angepaßt. Zusammen mit einer für CCDs neuartigen zeilenweisen Auslesung ergibt sich daraus eine sehr gute Zeitauflösung. Die Kamera beherbergt auch die hochkomplizierte, redundant ausgelegte Betriebselektronik, die zusammen mit der Universität Tübingen entwickelt wurde und eine Reihe unterschiedlicher Betriebsmoden erlaubt. Als weitere Komponente ist das Filterrad zu nennen, das neben einer Eichquelle verschiedene Filter zur bestmöglichen Unterdrückung der jeweils herrschenden Störstrahlungen besitzt. The heart of the EPIC pn-CCD camera is a detector with an active area of 6 ´ 6 cm. This chip has been developed in MPE's semiconductor laboratory. The large sensitive thickness of the chip and its backside illumination guarantees a high quantum efficiency over the whole energy band between 0.1 and 17 keV. The size of the image pixels was adapted to the angular resolution of the telescope. Together with a novel separate readout for each CCD column a very good time resolution is achieved. The camera also houses the highly complicated, redundant electronics which was developed in collaboration with the university of Tübingen. This electronics allows several different operation modi. A further component is the filterwheel in front of the camera which contains, apart from a radioactive calibration source, various filters in order to suppress background radiation most efficiently.
Nachdem eine Reihe von technischen Problemen die rechtzeitige Abgabe der Flugkamera vereitelt hatte, wurde Ende 1998 die Ersatzkamera in den Satelliten integriert. XMM wurde im 1. Halbjahr 1999 verschiedenen Tests unterworfen, z.B. Vibrations-, Schall- und Thermaltests. Nur bei den Thermaltests wurde die Kamera gekühlt betrieben. After a series of technical problems prevented the scheduled delivery of the flight camera, the spare unit was integrated into the satellite at the end of 1998. In the first half year of 1999, several tests with the integrated spacecraft were conducted, such as vibration, acoustic noise, and thermal tests. The camera was operated in the cool condition during the thermal tests only.
Parallel zu diesen Aktivitäten wurde die ursprünglich für den Flug vorgesehene Kamera zu einer funktionstüchtigen Reserveeinheit umgerüstet und gleichzeitig auch Reserven für die Elektronikboxen geschaffen. Der Satellit mit allen integrierten Instrumenten wurde im September zum Startplatz in Kourou (Französisch-Guyana) transportiert.  Parallel to these activities, the camera which was originally planned as flight model was converted into a spare unit. The satellite together with all integrated instruments was transported to the launch place Kourou (French Guyana) in September 1999.
Die Auswertung der bereits im Vorjahr durchgeführten Kalibrationen erforderte auch 1999 noch erheblichen Aufwand. Im wesentlichen wurden die Messungen mit Modellen hinsichtlich der Ladungstransfer-Effizienz und der Quantenausbeute (Sensitivität) verglichen. In allen Fällen konnten die theoretischen Voraussagen durch die Messungen bestätigt werden. The analysis of the calibration which was already done in 1998 also required a tremendous effort during this year. Primarily we have compared the data with models describing the charge transfer efficiency and the quantum efficiency (sensitivity). In all cases, the theoretical predictions were confirmed by the measurements.
Abb. III-10: Ansicht des XMM Satelliten mit der Fokalinstrumentierung oben. Die beiden weißen Platten sind die Radiatoren der EPIC MOS Kameras, welche im Primärfokus von zwei der drei Teleskope sitzen (Photo D. de Chambure, XMM Project Team, ESTEC).

Fig. III-10: View of the XMM spacecraft bus, with the focal plane assembly at the top. The two white cones (radiators) belong to the EPIC MOS cameras, which are placed at the primary focus of two of the three telescopes (Photo courtesy of D. de Chambure, XMM Project Team, ESTEC).

Das XMM Survey Science Centre (SCC) Konsortium ist innerhalb des XMM Projekts, zusammen mit der ESA, verantwortlich für die Entwicklung von wissenschaftlichen Auswerteprogrammen, die Durchführung einer Standardanalyse aller Beobachtungen sowie die Erstellung eines Kataloges aller gefundenen Röntgenquellen und deren Identifizierung. Das MPE hat die Aufgabe einer Softwareentwicklung zur Erzeugung kalibrierter Photonen-Datensätzen für die EPIC pn-Kamera übernommen. Auch entwickeln wir Programme mit graphischen Benutzeroberflächen zur Qualitätskontrolle der Datenprodukte aus der Standardanalyse. Hierbei können wir auf Erfahrungen bei der Überprüfung der ROSAT Quellkataloge zurückgreifen. 1999 konnten diese Softwarepakete erstmalig erfolgreich getestet werden. The XMM Survey Science Centre (SCC) consortium is, together with ESA, responsible for the development of scientific analysis tools, the conduction of a standard analysis of all observations, and the generation of catalogues containing the detected X-ray sources as well as their optical identification. Within this collaboration, MPE has taken the task of the development of software for the creation of calibrated photon event files of the EPIC pn-camera. Furthermore, we have developed routines with a graphical user interface for quality assurance of data products resulting from the standard analysis. Our experience with the examination of ROSAT source-catalogues was quite helpful in this context. In 1999, these software packages could be tested successfully for the first time.
Auf dem russischen Röntgensatelliten Spektrum X-Gamma soll das Instrument Jet-X den Röntgenbereich zwischen 0.3 und 10 keV abdecken. Jet-X ist eine Kollaboration zwischen Rußland, Großbritannien, Italien und Deutschland. Die Jet-X Nutzlast ist fertig integriert und getestet, aber bis zu einem möglichen Start, welcher jetzt für 2001 vorgesehen ist, eingelagert. The instrument Jet-X on the Russian X-ray satellite Spectrum X-Gamma will cover the X-ray range between 0.3 and 10 keV. Jet-X is a collaborative effort between Russia, Great Britain, Italy, and Germany. The Jet-X payload is fully integrated and tested but stored until a possible launch which is foreseen now for 2001.
Das ESA-Projekt XEUS (X-ray Evolving Universe Spectroscopy) gehört zur nächsten Generation von Röntgenteleskopen. Nach der derzeitigen Planung soll XEUS in zwei Ausbaustufen realisiert werden: Zunächst wird mit der Ariane 5 ein Röntgenteleskop mit einem Durchmesser von 5 m gestartet, und einige Jahre später beim Andocken an die Internationale Raumstation vergrößert und mit neuen Fokalistrumenten ausgerüstet. In dieser Version wird XEUS eine Sammelfläche von 30 m2 besitzen (im Vergleich: XMM besitzt 0.6 m2, ROSAT und Chandra jeweils 0.1 m2). Eine Besonderheit ist, daß Spiegelsystem und Fokalinstrumentierung auf getrennten Satelliten sitzen. Als Fokalinstrumente werden ein "Narrow Field Instrument" (NFI) und ein "Wide Field Instrument" (WFI) diskutiert. Während für ersteres ein Tunneljunktion-Detektor mit einem Energieauflösungsvermögen von nur 2 eV vorgesehen ist, soll das WFI ein Halbleiterdetektor großer Fläche sein. Von der "Detector Working Group" des XEUS Projekts wurden dafür aktive Pixeldetektoren vorgeschlagen, die derzeit in unserem Halbleiterlabor entwickelt werden. The ESA project XEUS (X-ray Evolving Universe Spectroscopy) belongs to the next generation of X-ray telescopes. According to the current planning, XEUS will be realised in two stages: an X-ray telescope with a diameter of 5 m will be launched with an Ariane 5 in the first phase. After completion of the initial 4-6 year mission phase, XEUS will rendezvous with the International Space Station for refurbishment and to allow the addition of extra mirror area. The final mirror will have up to 30 m2 of collecting area (for comparison: XMM has 0.6 m2, both ROSAT and Chandra have 0.1m2 collecting area). Since the focal length of XEUS will be 50 m, mirror and focal plane instrumentation have to be carried on separate spacecrafts. A "Narrow Field Instrument" (NFI) and a "Wide Field Instrument" (WFI) are under discussion as focal plane detectors. The former could be a tunnel-junction camera with an energy resolution of about 2 eV, the latter a large-area semiconductor detector. The "Detector Working Group" within the XEUS project has proposed active pixel detectors as currently developed by our semiconductor laboratory.
Um erfolgreich Röntgenastronomie betreiben zu können, sind nicht zuletzt auch bodengebundene Aktivitäten in Labors und Testeinrichtungen notwendig, deren Qualität im internationalen Vergleich bestehen können. Neben den kleineren Labors im Institut, in denen einzelne Komponenten von Instrumenten entwickelt und gebaut werden können, besitzen wir mit den Testanlagen PANTER und ZETA sehr effektive Möglichkeiten, um Detektoren, Spiegel, Filter und Gitter mit Röntgenstrahlen untersuchen zu können. Das Halbleiterlabor entwickelt mit großem Erfolg Detektoren, deren Eigenschaften optimal an die Bedingungen des jeweiligen Projekts angepaßt sind. Laboratories and test equipment on ground are essential for successful X-ray astronomy. The quality of these laboratories must be internationally competitive. Apart from smaller laboratories in the institute which serve for the development and construction of instrument components, the X-ray test facilities PANTER and ZETA offer very efficient opportunities for the test and calibration of detectors, mirrors, filters and gratings. The semiconductor laboratory successfully develops detectors whose properties can be optimised according to the requirements of individual projects.
In unserer großen Röntgentestanlage PANTER in Neuried wurde Anfang des Jahres sowohl die ABRIXAS-Kamera als auch anschließend das integrierte Teleskop, bestehend aus Kamera und den sieben Spiegelmodulen ausgiebigen Kalibrationsmessungen unterzogen. Ein speziell für ABRIXAS vom AIP konstruierter Manipulator erlaubte dabei, jedes der sieben Teleskope parallel zur optischen Achse der Anlage auszurichten, um so das Zusammenspiel Spiegelmodul und Detektor zu untersuchen. Weiterhin wurde die Flugersatz-Kamera des XMM Reflexionsgitter Spektrometers (RGS), welches vom holländischen SRON entwickelt worden war, im PANTER kalibriert. Diese Kamera wurde anschließend auch dazu benutzt, 10 Transmissiongitter aus dem Chandra-Programm nachzueichen. Um den gestiegenen Anforderungen der Röntgenspektroskopie Rechnung zu tragen, wurden verschiedene Modifikationen an der Testanlage vorgenommen: ein Kristallmonochromator erzeugt Linienstrahlung, durchstimmbar zwischen 2 und 10 keV. Halbleiterdetektoren vom Typ "Driftkammer" dienen als Monitore zur Bestimmung des Photonenflusses und des Spektrums der einzelnen Röntgenquellen. At the beginning of 1999, both the ABRIXAS camera as well as the integrated telescope consisting of the camera and the seven mirror modules were extensively tested and calibrated in our long beam test facility PANTER. A specific manipulator was designed at the Astrophysikalisches Institut Potsdam which allows the orientation of each of the seven mirrors parallel to the optical axis of the facility. With this the combination mirror detector could be investigated efficiently. Furthermore, the flight spare camera of the Reflection Grating Spectrometer (RGS), developed and built by the Dutch institute SRON, was calibrated. This detector was used subsequently in order to re-calibrate 10 transmission grating samples of the Chandra programme. Several modifications of the test facility were made in order to meet the increasing requirements of X-ray spectroscopy: a double crystal monochromator generates monochromatic radiation, tunable between 2 and 10 keV; semiconductor detectors of the "drift chamber" type serve as monitors for the determination of the incident X-ray flux and the spectrum of the various X-ray sources.
Neben der großen Anlage wurden zwei weitere, kleinere Kammern betrieben, die im Wesentlichen zu Thermaltests von Komponenten, aber auch der kompletten ABRIXAS-Fokalinstrumentierung dienten. Apart from the big facility, two smaller chambers were used primarily for thermal tests of components but also of the complete ABRIXAS focal instrumentation
Die kleinere Testanlage ZETA in Garching leistete über 25 Jahren äußerst wertvolle Dienste für Messungen an Spiegeln, Gittern, Filtern und Detektoren. Zuletzt wurden hier die pn-CCD Kameras für XMM und ABRIXAS entwickelt und getestet. Im Anschluß daran wurde im Herbst 1999 damit begonnen, diese Anlage grundlegend zu modernisieren und den Erfordernissen moderner Halbleiterdetektoren anzupassen. In Zukunft wird die in PUMA umbenannte Anlage in erster Linie für Absolut-eichungen von Halbleiterdetektoren und Filtern neuer Bauart zur Verfügung stehen. The smaller test facility ZETA in Garching offered for more than 25 years an extremely valuable service for measurements on mirrors, gratings, filters, and detectors. Recently, the pn-CCD cameras for ABRIXAS and XMM were developed and tested here. In fall 1999 we began to refurbish this facility in order to meet the requirements of future semiconductor detectors. The facility, now renamed in PUMA, will allow an absolute calibration of semiconductor detectors and novel-type filters.
Das gemeinsam mit dem MPI für Physik in München betriebene Halbleiterlabor stellt das Rückgrat unserer Entwicklungen von röntgenempfindlichen Detektoren dar. Die pn-CCDs für ABRIXAS und XMM sind die größten hergestellten Röntgen-CCDs. Für zukünftige Röntgenmissionen werden neuartige Detektorkonzepte erarbeitet. Bei aktiven Pixeldetektoren besitzt jedes Bildelement einen eigenen Verstärker, ein Verschieben der Ladungen wie beim CCD wird dadurch hinfällig und das Bauelement ist unempfindlicher gegenüber Strahlenschäden. Außerdem erlaubt dieses Konzept eine noch höhere Zeitauflösung. Ein erstes System mit 64 ´ 64 Bildelementen (Pixelgröße 50µm bzw. 75µm) wurde bereits erfolgreich in Betrieb genommen. Parallel dazu werden auch die CCDs weiter verbessert: Frame Store Devices erlauben das gleichzeitige Integrieren von Photonen und Auslesen der Signalladungen durch schnelle Zwischenspeicherung in einem abgedeckten Bereich des CCDs, was die Datennahme erheblich beschleunigt. Das Layout dieser neuartigen pn-CCDs ist abgeschlossen. The semiconductor laboratory, operated together with the MPI für Physik in Munich, is our backbone for the development of X-ray sensitive detectors. The pn-CCDs of ABRIXAS and XMM are the largest X-ray CCDs in the world. Here we also develop novel concepts for applications on future X-ray missions. All image pixels of active pixel detectors have their own integrated amplifiers thereby avoiding the shift of charges (as for CCDs). Additionally, these components are less sensitive against particle radiation. This concept allows an even better time resolution. A breadboard system consisting of 64´ 64 pixels (pixel size 50µm or 75µm) has already been tested successfully. In parallel the CCD concept has also been improved: frame store devices offer the simultaneous integration and readout of photon events by fast, intermediate storage in a covered area of the CCD which greatly accelerates the data acquisition. We finished the layout of these novel pn-type CCDs.
Wegen der auslaufenden Betriebsgenehmigung am alten Standort in München-Pasing ist ein Umzug in neue Betriebsräume notwendig geworden. Auf dem Forschungsgelände der SIEMENS AG in München-Neuperlach wurde ein neues Labor mit 500 m2 Reinraumfläche (Klasse 1-10), ein 500 m2 Testlabor (Klasse 100-1000) und etwa 500 m2 Büro und Lagerraum eingerichtet. Für alle Betriebsarten ist die Infrastruktur (inkl. Betriebsgenehmigungen) für die Fertigung von Halbleiterbauelementen vorhanden. Die erste Hälfte der Mitarbeiter (Layout, Test) ist im August übersiedelt, die Fabrikation geht in Pasing noch bis Anfang 2000 weiter. Due to the discontinued operation permission at the old laboratory in Munich-Pasing, it became necessary to move to a new location. A laboratory with a 500 m2 clean room (class 1-10), a 500 m2 test laboratory (class 100-1000) and about 500 m2 office and storage space were installed on the campus of the company SIEMENS AG in Munich-Neuperlach. The infrastructure including the operation permission for all kinds of operations is established. Half of the laboratory staff has already moved and fabrication still continues in Pasing until the beginning of 2000.
Die Projekte der Röntgenastronomie wurden wie folgt gefördert: das DLR unterstützte ROSAT (50.QR.
9002.0), ABRIXAS (50.QQ.9601.0 und 50.QQ.9603.6), XMM (50.OX.9601.7, 50OX.9302.5, 50OX.9701.5) und Chandra-LETG (50.OO.9501.9). XMM wurde auch von ESA/ESTEC (10469/93/NL/RE und 8873/90) gefördert. Außerdem erhielten wir Mittel von der Verbundforschung (50.OR.9612.0) und von der Dr. Johannes Heidenhain-Stiftung.
The projects of the X-ray astronomy have been promoted as follows: the DLR supports ROSAT (50.QR.9002.0), ABRIXAS (50.QQ.9601.0 and 50.QQ.9603.6), XMM (50.OX.9601.7, 50OX.9302.5, 50OX.9701.5) and Chandra-LETG (50.OO.9501.9). XMM was also sponsored by ESA/ESTEC (10469/93/NL/RE and 8873/90). The institute received additional support from the Verbundforschung (50.OR.9612.0) and from the Dr. Johannes Heidenhain-Stiftung.

MPE Jahresbericht 1999 / MPE Annual Report 1999


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