Ewine van Dishoeck erhält Fritz-Zwicky-Preis

11. März 2022

Die Europäische Astronomische Gesellschaft verleiht den Fritz-Zwicky-Preis 2022 für Astrophysik und Kosmologie an Prof. Ewine F. van Dishoeck (Universität Leiden, Niederlande und Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik). Mit dem Fritz-Zwicky-Preis für Astrophysik und Kosmologie werden Wissenschaftler geehrt, die grundlegende und herausragende Ergebnisse im Bereich der Astrophysik und/oder Kosmologie erzielt haben.

Der Fritz-Zwicky-Preis wird seit 2020 alle zwei Jahre von der Europäischen Astronomischen Gesellschaft im Namen der Fritz-Zwicky-Stiftung mit Sitz in Glarus, Schweiz, verliehen. Prof. Ewine F. van Dishoeck (Universität Leiden, Niederlande und Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik) erhält den Fritz-Zwicky-Preis 2022 für Astrophysik und Kosmologie für ihre bahnbrechenden, jahrzehntelangen Arbeiten auf dem Gebiet der beobachtenden Astrochemie und der Molekülspektroskopie, mit denen sie die Geheimnisse der Moleküle von interstellaren Wolken bis hin zur Stern- und Planetenentstehung gelüftet hat, sowie für ihre führende Rolle innerhalb der astronomischen Gemeinschaft.

Prof. van Dishoeck konzentriert sich in ihrer Karriere darauf zu erforschen, wie Moleküle das Universum um uns herum gestalten. Ihr einzigartiger und umfassender Ansatz umfasst quantenchemische Berechnungen, Laborstudien sowie astronomische Modellierungen und Beobachtungen. Sie leistete Pionierarbeit auf dem Gebiet der Astrochemie und revolutionierte unser Verständnis der physikalischen Prozesse, die zur Entstehung von Sternen und Planeten führen, indem sie den Weg der Moleküle von Sternentstehungswolken zu protoplanetaren Scheiben untersuchte.

Als die Astrochemie noch in den Kinderschuhen steckte, war es ein großes Rätsel, dass große Molekülwolken im Weltraum existieren können, wenn doch die ultravioletten Anteile des Sternenlichts sie leicht zerstören könnten. In ihrer berühmten und viel zitierten Doktorarbeit sowie frühen Arbeiten zeigte Prof. van Dishoeck, wie häufige Moleküle wie zum Beispiel molekularer Wasserstoff und Kohlenmonoxid (CO) das Innere einer Wolke durch einen Prozess namens „Selbstabschirmung“ schützen können. Diese Forschung führte zu mehreren bahnbrechenden Arbeiten über die chemische Struktur diffuser interstellarer Wolken.

Prof. van Dishoeck nutzte oft modernste Observatorien, insbesondere im Infrarot- und (Sub-)Millimeter-Wellenlängenbereich. Sie leistete Pionierarbeit bei der Spektroskopie im mittleren Infrarotbereich in interstellaren Sternwolken und entdeckte wichtige organische Molekülspezies, eingeschlossen in Eis auf Staubkörnchen. Ihre Forschungen zeigten, dass diese Eiskörnchen effektive Fabriken für präbiotische organische Moleküle sind. So ist sichergestellt, dass diese Moleküle bei der Entstehung von terrestrischen Planeten in erheblichen Mengen vorhanden sind.

Gemeinsam mit ihren Teams untersuchte sie die Entstehung und Entwicklung proto-stellarer Scheiben mit Hilfe von Boden- und Weltraumobservatorien bei Submillimeter- und Infrarot-Wellenlängen, wobei sie insbesondere den Weg des Wassers von interstellaren Wolken über kollabierende Kerne bis hin zu den sich bildenden Scheiben verfolgte. Ihre meisterhafte Anwendung spektroskopischer Instrumente in einem breiten Wellenlängenbereich, die hervorragende Nutzung der leistungsfähigsten astronomischen Messtechniken und die immer leistungsfähigere theoretische Modellierung haben sie dem Ziel, die Entstehung von Sonnensystemen zu verstehen, ein gutes Stück näher gebracht.

Von 1992 bis 2005 leitete sie in Leiden das Labor für Astrophysik, in dem Experimente zur Simulation der chemischen Prozesse im Mantel um eisige Staubkörnchen durchgeführt werden. Heute leitet sie die Entwicklung anspruchsvoller physikalisch-chemischer Modelle der Gasphasen- und Gaskornchemie von kleinen bis großen Skalen, die Beobachtungen und grundlegende Prozesse miteinander verknüpfen.

Zusätzlich zu ihrer bahnbrechenden wissenschaftlichen Arbeit ist Prof. van Dishoeck ein aktives und wichtiges Mitglied der astronomischen Gemeinschaft. Als Präsidentin der Internationalen Astronomischen Union leitete sie die Feierlichkeiten zu deren hundertstem Geburtstag im Jahr 2019; die mehr als 5000 öffentlichen und wissenschaftlichen Veranstaltungen erreichten Millionen von Menschen weltweit. In diesem Jahr war sie auch Co-Kuratorin einer Ausstellung zum Thema Kosmos: Art & Knowledge. Sie setzte sich ein für eine Reihe großer boden- und weltraumgestützter Beobachtungseinrichtungen, die die Erforschung des molekularen Universums auf ein noch nie dagewesenes Niveau heben. Dazu gehören ALMA und die Satelliten Herschel und MIRI/JWST. Ihr wissenschaftlicher Weitblick, ihre Führungsqualitäten und ihr politisches Geschick ermöglichten es ihr, in allen Phasen dieser Projekte eine Schlüsselrolle zu spielen. Das Vertrauen, das die Gemeinschaft in ihr Urteilsvermögen setzt, zeigt sich auch in ihren Mitgliedschaften in den Entscheidungsgremien der ESA und in den Prüfungsausschüssen der wichtigsten astronomischen Forschungsinstitute.

Ihre einzigartige und hochwirksame Forschung hat Ewine van Dishoeck zur führenden und einflussreichsten beobachtenden Astrochemikerin der Welt gemacht, wie ihre Zitationszahlen zeigen: über 670 veröffentlichte Arbeiten, die fast 50.000 Mal zitiert wurden, mit einem h-Index von 113, einem der höchsten in der gesamten astronomischen Gemeinschaft.

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht