MPE Jahresbericht 1999 / MPE Annual Report 1999

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Wissenschaftliche Ergebnisse / Scientific Results

4. Großräumige Struktur und Kosmologie

4. Large-Scale Structure and Cosmology

Die Erforschung der großräumigen Struktur des Universums und die Entstehung und Entwicklung von Galaxien und größeren Strukturen ist gegenwärtig von besonderem Interesse und erlebt einen ungeahnten Aufschwung. Am Institut gibt es zu diesem Thema Forschungsschwerpunkte in allen Wellenlängenbereichen. Dazu gehören vor allem die Vermessung der großräumigen Struktur und kosmologische Tests mit Galaxienhaufen, das Studium der kosmischen Sternbildungsgeschichte, die Entwicklung der Quasaraktivität und die Erklärung der kosmische Hintergrundstrahlung im Röntgen- und Gammabereich. Zwei fundamentale Fragen stehen dabei im Vordergrund: auf welches kosmologische Modell weist die beobachtbare großräumige Struktur der Materieverteilung hin, und wann wurde die Mehrzahl der heute im Universum gefundenen Sterne und aktiven galaktischen Kerne gebildet. The study of the large-scale structure of the Universe and the formation of galaxies and larger structures is currently of prime interest for cosmological research and the research efforts in this field are rapidly increasing. At the institute there are research programs on these topics in all wavelength bands. This includes the study of the large-scale matter distribution in the Universe and cosmological tests with galaxy clusters, the study of the cosmic star formation history and the history of activity in galactic nuclei as well as the exploration of the cosmic background radiation in the X-ray and gamma-ray regimes. There are two prime questions: which cosmological model is favoured by the observed cosmic large-scale structure and when were most of the stars we see today and most of the quasars formed.

4.1 Galaxienhaufen

4.1 Clusters of Galaxies

Galaxienhaufen stellen die größten Verdichtungen der Materie in der großräumigen Struktur des Universums dar. Sie sind damit einerseits ideale Marksteine für die Vermessung der großräumigen Struktur im Kosmos und zum anderen die interessantesten großräumigen Laboratorien der Astrophysik, in denen z.B. die Materiezusammensetzung des Universums am besten studiert werden kann. Da Galaxienhaufen intensive Röntgenstrahler sind, bietet die Röntgenastronomie einen besonders guten Zugang zur Entdeckung und zum Studium der inneren Struktur von Galaxienhaufen. Die ROSAT Himmelsdurchmusterung, in der ca. 1500 identifizierte und viele bisher unidentifizierte Galaxienhaufen als Röntgenquellen entdeckt wurden, liefert eine wichtige Basis zum systematischen Studium der Galaxienhaufenpopulation. Clusters of galaxies are the largest concentrations of matter within the large-scale structure of the Universe. They are ideal probes for the assessment of the cosmic large-scale structure and they are also interesting giant laboratories allowing for example the best study of the matter composition of our Universe. Since clusters of galaxies are intense X-ray emitters, X-ray astronomy provides an especially good approach to the detection of clusters and the study of their astrophysics. In the ROSAT All-Sky Survey about 1500 identified and many more unidentified clusters are detected as X-ray sources. They provide a unique basis for the systematic study of the population of galaxy clusters.
Die wichtigste Bilanz der Galaxienhaufenpopulation stellt die Massenfunktion der Galaxienhaufen dar. Um sie zu bestimmen, wurde aus der ROSAT Himmelsdurchmusterung zunächst eine vollständige Stichprobe der 63 hellsten Galaxienhaufen erstellt. Für diese Stichprobe wurden die Massen der Galaxienhaufen aus den Röntgenhelligkeitsprofilen der ROSAT Aufnahmen und den von Röntgenspektren (vorwiegend vom ASCA Observatorium) abgeleiteten Haufengastemperaturen bestimmt. Es zeigt sich, daß die Masse der Haufen sehr eng mit der Leuchtkraft im Röntgenbereich korreliert ist (wie im Jahresbericht 1998 gezeigt). D. h. die röntgenhellsten Galaxienhaufen sind auch die massereichsten. Mit dieser Feststellung läßt sich dann auch die Massenfunktion bestimmen. The most characteristic account of the galaxy cluster population is the cluster mass function. To determine this function a complete sample of the 63 brightest galaxy clusters was extracted from the ROSAT All-Sky Survey. For this sample the individual cluster masses were determined from the ROSAT surface brightness profiles and the gas temperatures as obtained mainly from ASCA X-ray spectra. The results show, that the cluster mass is tightly correlated with the observed X-ray luminosity (see annual report 1998). That is, the most luminous clusters are also the most massive. This finding is the basis for the construction of the mass function from the sample of the brightest ROSAT clusters.
Die resultierende Massenfunktion, die hier zum ersten Mal aus detaillierten Röntgenbeobachtungen erstellt wurde, ist in Abb. II-45 dargestellt. Durch Integration der Funktion erhält man die interessante Aussage, daß etwa 1-2% der Materie für ein Universum mit kritischer Dichte in Galaxiensystemen (Gruppen und Haufen) mit einer Masse von mehr als 2.5 1013 Sonnenmassen gebunden ist. Für ein Universum mit recht niedriger Dichte kann dieser Wert bis ca. 10% groß sein. Dieser Wert wurde in früheren, empirisch weniger fundierten Arbeiten stark überschätzt (siehe Abb. II-45). Eine weitere wichtige Information, die aus der Massenfunktion resultiert, ist die Amplitude der Dichteschwankungen im Universum auf einer Größenskala von einigen Millionen Lichtjahren. Sie ist gegenwärtig das wichtigste Maß, mit dem kosmologische Simulationen an die Beobachtungen angepaßt werden. The resulting mass function is shown in Fig. II-45. This is the first empirical mass function determined from X-ray observations. Integration of this functions yields the very interesting implication that about 1-2% of the mass density of a critical density universe resides in galaxy clusters and groups with masses above 2.5 1013 solar masses. For a universe with subcritical density this mass fraction can be as high as 10%. This parameter was severely overestimated in earlier empirical studies (see Fig. II-45). The mass function provides also the very important means to constrain the amplitude of the primordial density fluctuations in the universe on Million light year scale. This constitutes currently the most important means to calibrate the evolutionary stage of cosmological N-body simulations.
Abb. II-45: Massenfunktion von Galaxienhaufen erstellt aus der Massenbestimmung für die 63 hellsten Haufen aus der ROSAT Himmelsdurchmusterung. (ausgefüllte Punkte) Die gestrichelte Linie zeigt eine frühere Schätzung von Bahcall & Cen (1992), bei der ein zu groß gewähltes Integrationsvolumen zu einer starken Überschätzung der Massenfunktion bei kleinen Massen führt (wie die Reproduktion dieser falschen Annahme aus unseren Daten zeigt: offene Rauten).

Fig. II-45: Mass function of clusters of galaxies obtained from the mass determination of the 63 brightest clusters from the ROSAT Survey (solid points). The dotted line shows an earlier estimate by Bahcall & Cen (1992) in which a too large integration volume leads to an overestimate of the mass function for small masses. (If the same unjustified assumption for the integration volume is applied to our data we reproduce the earlier results as shown by the open diamonds.)

 

Abb. II-46: Korrelation zwischen der Röntgenleuchtkraft und der Gastemperatur von Galaxienhaufen. Die gestrichelte Linie zeigt die davon abweichenden Vorhersagen aus Simulationen.

Fig. II-46: Correlation of the X-ray luminosity and gas temperature for clusters of galaxies. The dashed line shows the results of simulations which are discrepant with the observations.

Die enge Beziehung zwischen Röntgenleuchtkraft und Masse und die gute Korrelation von Leuchtkraft und Gastemperatur (Abb. II-46), läßt darauf schließen, daß Galaxienhaufen als Funktion der Masse eine nahezu selbst-ähnliche Struktur besitzen. Dies bestätigt auch eine Analyse weiterer Röntgeneigenschaften der Stichprobe. Kosmologisch besonders interessant ist es, diese Struktureigenschaften von Galaxienhaufen als Funktion der Rotverschiebung, d. h. als Funktion des Universum-alters zu untersuchen, da für verschiedene kosmologische Modelle unterschiedliche Entwicklungseffekte vorausgesagt werden. Ein erster Vergleich mit einer zweiten Stichprobe von ca. 60 Galaxienhaufen mit einer mittleren Rotverschiebung von 0.3 zeigt wenig signifikante Entwicklung, was auf ein Universum mit niedriger mittlerer Dichte hindeutet. Als wichtiger Unterschied der entfernteren, jüngeren Haufen wurde allerdings eine im Mittel kompaktere Form ausgemacht, was wichtige Information über die Häufigkeit von Haufenzusammenstößen liefert. The tight connection between X-ray luminosity and mass as well as the close correlation of temperature and luminosity shown in Fig. II-46 suggests a self-similar structure of galaxy clusters scaling with the cluster mass. This is supported by a more detailed analysis of various X-ray and structure properties of this cluster sample. For the test of cosmological models it is most interesting to study the evolution of these structural properties as a function of redshift, that is as a function of the age of the universe. Different cosmological models imply very different evolutionary scenarios. A first comparison of the properties of a sample of 60 clusters with a mean redshift of 0.3 with the nearby cluster sample shows a minor evolutionary effect implying a low density universe. The most important difference is a more compact shape for the more distant, younger objects providing interesting conclusions on the frequency of cluster mergers in the recent history of our Universe.
Da die Masse von Galaxienhaufen der wichtigste Beschreibungsparameter ist, will man sicher gehen, daß die aus den Röntgendaten ermittelte Massenbestimmung ohne wesentlichen Fehler ist. Daher vergleichen wir die Berechnung mit einer alternativen Bestimmung an Hand der gravitativen Linsenwirkung der Haufen. Bei einem früher berichteten Beispiel des sehr regulären Haufens A2390 konnte eine gute Übereinstimmung gefunden werden. Im Berichtsjahr wurde (in Zusammenarbeit mit G. Soucail, Toulouse) der weniger reguläre Haufen Cl0024+17 untersucht, der als einer der Problemfälle bekannt ist. Hier zeigen sich Diskrepanzen von bis zu einem Faktor 2-3 (Abb. II-47). Eine genaue Analyse aller Röntgenparameter und der Morphologie deuten darauf hin, daß es sich hier wohl um ein komplexes System handelt, bei dem sich ein Großteil der Masse noch in der Kollapsphase befindet. Since the mass is the most important parameter characterising a galaxy cluster, it is important to test the mass determination technique based on X-ray observations. The gravitational lensing effect in clusters offers an opportunity for such a test. In one of our previous studies reported earlier we found for the relaxed, regular cluster, Abell 2390, a very good agreement for the mass estimated from the lensing effect and from the X-ray analysis. Now we have studied the cluster Cl0024+17 in detail which is known as one of the discrepant cases (in collaboration with G. Soucail, Toulouse). For this case we find mass differences, in particular at large radii, of up to a factor of 2-3 (Fig. II-47. A detailed analysis of all X-ray parameters and the morphology of the X-ray image indicates that Cl0024+17 is a complex system in which a large part of the mass is most probably still in the stage of collapsing.
Abb. II-47: Radiales Profil der Massenverteilung im Galaxienhaufen Cl0024+17. Die Kurven zeigen die Massenbestimmung aus den Röntgendaten mit Fehlergrenzen. Die dicken, vertikalen Balken zeigen Resultate aus der starken gravitativen Lichtablenkung. Eine frühere Massenberechnung zur schwachen Lichtablenkung von Bonnet et al. (1994) ergibt für einen Radius von 3 Mpc einen Wert von 4 1015 Sonnenmassen, etwa 3 mal höher als hier abgeleitet.

Fig. II-47: Radial mass profiles of the galaxy cluster Cl0024+17. The curves show the results of the mass determination from X-ray data with the overall uncertainty range. The vertical bars show the results of the strong gravitational lensing effect. The result of the weak lensing analysis by Bonnet et al. (1994) for a radius of 3 Mpc gives a value of 4 1015 solar masses which is about a factor of 3 larger than the present result.

4.2 Vermessung der großräumigen Struktur

4.2 Assessing the large-scale structure

Die enge Leuchtkraft-Masse-Relation macht die im Röntgenbereich entdeckten, hellsten Galaxienhaufen auch zu wichtigen Marksteinen zur Vermessung der großräumigen Masseverteilung im Universum. Dies gilt insbesondere dann, wenn die ursprünglichen Dichtefluktuationen im Universum durch ein statistisches Rauschen beschrieben werden können. Dann nämlich gibt es eine genaue mathematische Verknüpfung zwischen der allgemeinen Massenverteilung und den darin auftretenden größten Verdichtungen (Galaxienhaufen). The tight mass-X-ray luminosity relation makes the X-ray luminous galaxy clusters important tracers of the large-scale structure of the Universe. They allow in particular a quantitative assessment of the structure if the primordial density fluctuations in the early Universe can be described by random Gaussian fluctuations. In this case there exists a strict statistical relation between the general mass distribution and the density peaks (galaxy clusters) within it.
Die ROSAT Durchmusterung bietet wiederum den besten Ausgangspunkt für eine solche kosmologische Studie. In zwei großen Beobachtungsprogrammen wurden je etwa 500 Galaxienhaufen am Nord- und Südhimmel identifiziert. Die Beobachtungen und die primäre Datenauswertung konnte für beide Projekte in diesem Jahr abgeschlossen werden. Am Nordhimmel wurden die Identifikationen und Rotverschiebungsmessungen in Zusammenarbeit mit dem Center for Astrophysics Harvard und dem Space Telescope Science Institute durchgeführt. Am Südhimmel wurden die optischen Beobachtungen im Rahmen eines ESO key program in Zusammenarbeit mit der Universität Mailand, der Universität Liverpool, dem Royal Observatory Edinburgh und dem Naval Research Laboratory Washington durchgeführt. Die Publikationen von zwei großen Katalogen für beide Durchmusterungen sind in Vorbereitung. Vor allem der Katalog der hellsten ROSAT-Galaxienhaufen am Südhimmel stellt in der Genauigkeit der Daten und der Vollständigkeit der Stichprobe eine bisher einmalige Studien dar. Abb. II-48 zeigt die Verteilung der aus der ROSAT Himmelsdurchmusterung identifizierten Galaxienhaufen. The ROSAT All-Sky Survey offers a unique basis for such a cosmological study. In two large observational projects we have identified the about 500 brightest galaxy clusters in each hemisphere (southern and northern sky). The observations and the primary data reduction were completed for both projects in this year. The observational programme in the northern sky was conducted in collaboration with the Center for Astrophysics, Harvard and the Space Telescope Science Institute. In the southern sky the observations were conducted in the frame of an ESO key program in collaboration with the Universities Milano and Liverpool, the Royal Observatory Edinburgh, and the Naval Research Laboratory in Washington. The publication of two large catalogues for both surveys is in preparation. In particular the catalogue of the brightest clusters in the southern sky, with its high quality in terms of completeness and precision, is so far unique. Fig. II-48 shows the sky distribution of the clusters identified in these two observational projects.
Abb. II-48: Himmelsverteilung der hellsten, bisher identifizierten und in der Rotverschiebung vermessenen Galaxienhaufen aus der ROSAT Durchmusterung in äquatorialen Koordinaten. Rote Punkte: Objekte aus dem REFLEX Survey, blaue und grüne Punkte: Objekte aus dem NORAS Survey.

Fig. II-48: Sky distribution of the brightest clusters of galaxies in the ROSAT All-Sky Survey which have been positively identified and for which redshifts have been measured in equatorial coordinates. The red points show the results from the southern REFLEX survey and the blue and green points the objects identified in the northern NORAS Survey.

Die Stichproben enthalten die größte Zahl der massivsten Objekte im Universum: ca. 60 Galaxienhaufen mit Röntgenleuchtkräften über 1045 erg s-1 und Massen über 2 1015 Sonnenmassen. Dies sind wichtige Studienobjekte z.B. für das Studium der Gravitationslinsenwirkung und des Sunyaev-Zeldovich-Effektes. Für das weitere Studium dieser extrem massiven Objekte wurden bereits XMM Beobachtungen bewilligt für eine sorgfältig ausgewählte Stichprobe von 14 Haufen. Für die genauere Untersuchung der optischen Erscheinung dieser Haufen läuft ein Beobachtungsprogramm mit der ESO Wide Field Camera. Among other interesting objects these surveys revealed the largest number of the most massive objects in the universe: about 60 clusters with X-ray luminosities above 1045 erg s-1 and masses with more than 2 1015 solar masses. These are the most important objects for example for gravitational lens studies or the investigation of the Sunyaev-Zeldovich effect. For a more detailed study of a well selected subsample of 14 of these clusters a major XMM observing proposal was approved. For the study of the optical appearance and the galaxy population of these clusters we are conducting an observing program with the Wide Field Camera at ESO.
Die Stichprobe aus dem ESO key program, der "REFLEX Cluster Survey", der die 452 röntgenhellsten Haufen am Südhimmel umfaßt, erlaubt nun die Vermessung der großräumigen Struktur im größten Volumen des Universums, das bis heute solchen Beobachtungen zugänglich ist. Es ist daher besonders interessant in dieser Durchmusterung nach den größten Strukturen zu suchen. Zwei klassische statistische Maße sind gut dazu geeignet, diese Ungleichförmigkeit zu charakterisieren: die Zweipunktkorrelationsfunktion und das Leistungsspektrum der Fluktuationen. Das Ergebnis für die Bestimmung des Leistungsspektrums für zwei Unterstichproben der REFLEX Galaxienhaufen mit verschiedener Grenzleuchtkraft ist in Abb. II-49 gezeigt. Es deutet sich ein Maximum bei einem Wellenvektor von 0.045 an, was einer Längenskala von 230 Mpc entspricht (für H0 = 65 km s-1 Mpc-1). Dies deutet einerseits darauf hin, daß bis zu dieser Längenskala noch ausgeprägte Strukturen im Universum gefunden werden, und darüber hinaus zeigt ein Vergleich mit kosmologischen Modellen, daß dies nur mit Modellen mit kalter dunkler Materie und kleiner Materiedichte oder exotischeren Modellen konsistent ist, jedoch ein Modell mit kritischer Dichte und kalter dunkler Materie ausschließt. With the cluster sample of the ESO key program, the REFLEX Survey, which comprises 452 galaxy clusters in the southern sky, we can now assess the large-scale structure of the Universe in a volume larger than accessible so far with any other study. It is therefore most interesting to search for the largest structures in this survey. Two classical statistical measures are most suitable for the characterisation of the density inhomogeneities in the cluster distribution: the two-point-correlation function and the fluctuation power spectrum. The result of the determination of the power spectrum for two subsamples of the REFLEX Survey is shown in Fig. II-49. There is an indication of a maximum in the power spectrum at a value of the wave vector of about 0.045, corresponding to a length scale of 230 Mpc (for H0 = 65 km s-1 Mpc-1). This indicates that pronounced structures can be found up to this wavelength. A comparison with cosmological models shows that this is consistent with models of cold dark matter and a low matter density in the Universe but inconsistent with cold dark matter models in a critical density universe.
Abb. II-49: Leistungsspektrum der Dichteschwankungen in der Verteilung der Galaxienhaufen aus dem REFLEX Survey. Gezeigt werden zwei Spektren für Haufen mit einer Leuchtkraft Lx > 1.2 1044 erg s-1 (obere Datenpunkte) und Lx > 0,8 1044erg s-1 (untere Datenpunkte).

Fig. II-49: Power spectra of the density fluctuations in the density distribution of the REFLEX clusters. Two power spectra for luminosity selected subsamples with Lx > 1.2 1044 erg s-1 (upper data points) and Lx > 0.8 1044erg s-1 (lower data points) are shown in the figure.

Abb. II-50: Vergleich der Leistungsspektren der Dichteschwankungen von Galaxien (aus dem IRAS QDOT und Las Campanas Survey) und Galaxienhaufen (REFLEX Survey).

Fig. II-50: Comparison of the power spectra of the density fluctuations for galaxies (form the IRAS QDOT and Las Campanas Surveys) and clusters of galaxies (from the REFLEX Survey).

Deutlich erkennt man in Abb. II-49 eine höhere Amplitude für das Leistungsspektrum der leuchtkräftigeren Galaxienhaufen. Dieser Verstärkungsfaktor der Amplitude in Abhängigkeit von der Röntgenleuchtkraft bzw. Haufenmasse bezeichnet man als "biasing". Man kann diese Messung der großräumigen Struktur nun mit anderen Durchmusterungen vergleichen (Abb. II-50), so z.B. mit dem Las Campanas und IRAS Survey (mit Galaxien als Testobjekte). Es zeigt sich, wie erwartet, ein ähnlicher Kurvenverlauf aber ein noch größeres "biasing". Deutlich ist zu sehen, daß der REFLEX Survey die bisher größte Vermessungsskala erfaßt. One notes a clearly higher amplitude of the power spectrum for the more luminous galaxy clusters (Fig. II-49). This amplification factor in the power spectrum amplitude as a function of cluster luminosity or mass is called "biasing". We can also compare these results with other measurements of the large-scale structure as for example from the galaxy redshift surveys of the Las Campanas and IRAS Survey projects (see Fig. II-50). In this comparison with the density fluctuations in the galaxy density distribution we note an even stronger biasing effect for the clusters. The figure also demonstrates that the REFLEX survey is so far addressing the largest volume for the measurement of the large-scale structure.
Für die Stichprobe der hellsten Galaxienhaufen am Nordhimmel (Abb. II-48), dem NORAS Survey, wurde ein erster Katalog von 502 Galaxienhaufen erstellt. Die Vollständigkeit dieses Katalogs ist noch nicht so gut wie für den REFLEX Survey. Durch ein laufendes Beobachtungsprogramm am Calar Alto Observatorium wird die Stichprobe gegenwärtig verbessert und kann dann an die REFLEX Stichprobe angeschlossen werden, um damit ein noch größeres Vermessungsvolumen zu erhalten. For the sample of the brightest ROSAT galaxy clusters in the northern sky a catalogue of 502 identified objects was compiled (Fig. II-48). This catalogue is still incomplete and lacking some of the qualities of the REFLEX sample. With an ongoing observing program at Calar Alto we are currently improving the sample to make it comparable to the REFLEX Survey. This will allow us to improve the statistics of the large-scale structure measurement, basing it on an even larger volume. (Böhringer, Ikebe, Komossa, Reiprich, Retzlaff, Schuecker, Voges)
Darüber hinaus werden die Topologien der räumlichen Verteilung von kosmologischen Objekten (z.B. Galaxien) mit simulierten Verteilungen im expandierenden Universum unter verschiedenen Modellannahmen (Natur der dunklen Materie, Materie- und Vakuumdichte) verglichen. Ziel ist es, das Auftreten komplexer Muster in der räumlichen Verteilung von Galaxien in Haufen, zellen-, blasen- und schwammförmigen Regionen mit lokalen Skalierungsmaßen zu quantifizieren und damit präzisere Maße für die Überprüfung der Modellannahmen abzuleiten als bisher möglich. Erste Untersuchungen zur Entwicklung von Unterscheidungsmerkmalen zwischen Modellen wurden durchgeführt. Der benutzte Skalierungsindex erlaubt eine gute Erkennung einfacher topologischer Strukturen. Drei der meist diskutierten Varianten eines kosmologischen Modells mit kalter dunkler Materie konnten auf diese Weise unter Berücksichtigung realer Beobachtungseffekte statistisch signifikant diskriminiert werden. We are also studying the topologies of the distribution of cosmological objects (e.g. galaxies) with simulated distributions in expanding cosmologies with different model parameters (depending on the nature of the dark matter and the matter and vacuum density). Our aim is to quantify with local scaling indices the complex patterns in the galaxy distribution structures appearing as clusters, bubbles, filaments, and sponge-like regions. This will allow a more precise comparison of observations and simulations in cosmological testing. First studies of the parameters that can differentiate between various models have been conducted. The scaling index used allows a good characterisation of simple topological structures. Three of the most popular models with cold dark matter could be significantly distinguished in this analysis.

(Böhringer, Bunk, Huber, Morfill, Räth, Retz-laff, Schuecker)

4.3 Radiohalos und Gamma-Strahlung von Galaxienhaufen

4.3 Radio halos and g -rays from galaxy clusters

In einigen Galaxienhaufen wird neben der Röntgenstrahlung auch Radio-Synchrotronstrahlung von relativistischem Plasma beobachtet. Bisher war nicht klar, warum man dies in nur wenigen Galaxienhaufen beobachten kann. Die Stichproben von Galaxienhaufen aus der ROSAT Durchmusterung wurden benutzt, um die Röntgen-eigenschaften normaler Galaxienhaufen und Haufen mit Radiohalos und sogenannter Relics herauszuarbeiten. Es konnte gezeigt werden, daß die Haufen mit Radiohalos im allgemeinen eine höhere Leuchtkraft besitzen und dass sie in der Haufenverteilung isolierter erscheinen als normale Haufen. Die zweite Eigenschaft könnte darauf hindeuten, daß die Radiohalos durch Haufenzusammenstöße bewirkt werden. In some clusters of galaxies diffuse radio synchrotron radiation of relativistic plasma is observed besides the X-ray emission of the hot intracluster gas. In the past it was unclear why this is observed only in very few clusters. We have used the data base of the identified ROSAT galaxy clusters to compare the properties of normal clusters with those containing radio halos and so-called relics. We find that the clusters with halos have in general very high X-ray luminosities and seem to be more isolated within the large-scale cluster distribution than most other clusters. In particular the latter finding may indicate that radio halos are caused by cluster mergers.

(Böhringer, Schuecker)

Im Bereich der Gammaastronomie wurde erstmals eine systematische Untersuchung von röntgenhellen Galaxienhaufen anhand von EGRET-Daten durchgeführt. Gammastrahlung (und Neutrinos) werden als Resultat der Wechselwirkungen von kosmischer Strahlung mit der baryonischen Materie in Galaxienhaufen oberhalb 100 MeV erwartet. Sowohl die Möglichkeit des individuellen Nachweises als EGRET Gammastrahlungsquelle als auch ein Anteil am extragalaktischen Hintergrund legten eine systematische Untersuchung nahe. Etwa 60 individuelle Galaxienhaufen aus den EINSTEIN, EXOSAT und ROSAT Durchmusterungen wurden in den EGRET-Daten oberhalb 100 MeV analysiert. Davon konnte kein Objekt als individuelle Gammastrahlungsquelle nachgewiesen werden. Auch die Analyse einer Überlagerung dieser Galaxienhaufen zeigt, daß Galaxienhaufen gegenwärtig nicht über ihre Gammastrahlung nachweisbar sind. The first systematic search for high energy g -ray emission from X-ray bright clusters of galaxies was performed using EGRET data. If cosmic rays produced in galaxy clusters remain confined, they will produce gamma rays (and neutrinos) due to interactions with the intracluster baryonic gas. Thus the possibility arises of a detection of individual clusters of galaxies above 100 MeV as well as a contribution to the extragalactic gamma-ray background. About 60 individual galaxy clusters from the EINSTEIN, EXOSAT and finally ROSAT surveys were the subject of a study in gamma-rays above 100 MeV. None of the selected galaxy clusters could be detected as an individual high-energy gamma-ray source in the EGRET data. Furthermore, an image constructed from a superposition of the individual clusters also yielded the result that currently clusters of galaxies are not yet detected as sources of gamma-ray emission.

(Reimer)

4.4 Sternbildung und Kernaktivität in weit entfernten Galaxien

4.4 Star formation and nuclear activity in very distant galaxies

Abb. II-51: Interferometrische Karte bei 1.3 mm von HDF 850.1, der hellsten submm-Quelle im Hubble Deep Field. Eine Grauskalendarstellung des HST-Bildes ist überlagert. Die submm-Quelle wird mit einer länglichen schwachen Galaxie identifiziert.

Fig. II-51: Interferometer map at 1.3mm of HDF850.1, the brightest submm source in the Hubble deep field. Superimposed is a greyscale version of the HST image. The (sub)mm source is identified with an elongated faint galaxy.

Abb. II-52: Spektrale Energieverteilung von HDF 850.1 und des vorgeschlagenen Gegenstücks, überlagert mit der für eine ultraleuchtkräftige Galaxie bei z~3 erwarteten Energieverteilung. Während optische photometrische Rotverschiebungen sowohl mit z~1.8 als auch z~3 verträglich sind, wird z~3 von der spektralen Energieverteilung im Infrarot/Radio-Bereich klar bevorzugt.

Fig. II-52: Spectral energy distribution of HDF 850.1 and its proposed counterpart, overplotted with the energy distribution expected for a z~3 ultraluminous infrared galaxy. While optical photometric redshifts are both consistent with z~1.8 and z~3, z~3 is clearly favoured by the infrared/radio spectral energy distribution.

Ein wichtiges Problem der beobachtenden Kosmologie ist, zu bestimmen, wann die meisten Sterne in Galaxien entstanden. Tiefe (sub)mm-Beobachtungen haben einen neuen Weg zur Bestimmung der Sternbildungsgeschichte des Universums eröffnet, der im Gegensatz zum Optischen wenig durch Extinktion beeinflußt wird. Derzeitige Ergebnisse lassen eine wesentlich höhere Sternentstehungsrate im Bereich von z = 2 bis 4 vermuten, als in den früheren Arbeiten im Optischen und UV abgeleitet wurde. Interpretationen der submm-Ergebnisse müssen sich aber auf einen noch fehlenden Schritt der Identifikation und Rotverschiebungsmessung stützen, der wegen der hohen Zahl möglicher Gegenstücke schwierig ist. Determining when most of the stars in galaxies formed is an important problem of observational cosmology. Deep far-IR/submm surveys have opened a new route to determine the star formation history of the Universe, which unlike optical observations is little affected by dust. Current results suggest a substantially higher star formation rate in the redshift range between z = 2 and 4 than derived in the earlier optical and UV work. Interpretation of the submm results has to rely, however, on a crucial step of identification and redshift determination which is still missing and difficult because of the high surface density of potential counterparts.
Interferometrie bei mm-Wellenlängen mit dem IRAM Plateau de Bure-Interferometer ist ein ideales Mittel, um diese Quellen genau zu lokalisieren und den Identifikationsprozess voranzutreiben. Beobachtungen bei diesen Wellenlängen untersuchen wie die submm-Detektionen die Staubkomponente und vermeiden Fehlidentifizierungen. Für einen ersten Test der Methode mit der Quelle HDF 850.1 (Abb. II-51 und II-52) hat sich ein Konsortium gebildet und eine Identifikation mit einer elongierten Galaxie festgestellt, die vermutlich bei z~3 ist und möglicherweise durch eine Gravitationslinse verstärkt wird.

Interferometry at mm wavelengths with the IRAM Plateau de Bure interferometer is an ideal tool to accurately locate these sources and advance the identification process. Observations at these wavelengths probe the dust component just like the submm detections and avoid misidentification. A consortium has been formed for a first test of this method on the source HDF 850.1 (Fig. II-51 and II-52), establishing an identification with an elongated galaxy which is probably at z~3 and possibly amplified by gravitational lensing.
In Zusammenarbeit mit dem britischen Konsortium für submm-Durchmusterung dehnen wir diese Methode aus mit dem Ziel, eine größere Zahl von Identifikationen und schließlich eine Rotverschiebungsverteilung von submm-Quellen zu gewinnen. Parallel dazu wurde eine Zusammenarbeit mit dem MPIfR in Bonn begonnen mit dem Ziel, ein großes Feld bei 1.3 mm mit dem IRAM 30 m-Teleskop zu durchmustern. In collaboration with the UK submm survey consortium, we are extending this method with the goal of establishing a larger sample of reliable identifications and finally a redshift distribution of submm sources. In parallel we have formed a collaboration with the MPIfR in Bonn to establish a large area 1.3 mm survey at the IRAM 30 m telescope.
Abb. II-53: Nahinfrarotspektrum einer Galaxie im südlichen Hubble Deep Field, die von ISOCAM entdeckt wurde. Die starken Emissionslinien im VLT-ISAAC-Spektrum dieser Galaxie bei z~0.6 deuten auf einen Starburst hin. Fig. II-53: Near-infrared spectrum of a galaxy in the Hubble Deep Field South that was detected by ISOCAM. The strong emission lines in the VLT-ISAAC spectrum of this z~0.6 galaxy indicate a starburst nature.

 

Das Infrared Space Observatory ISO hat einen merklichen Teil seiner Zeit dazu verwandt, schwache Galaxien bei einer Wellenlänge von 15 µm zu durchmustern. In einer der empfindlichsten Studien hat ISO ~100 Galaxien im Hubble Deep Field South (HDFS) entdeckt. Diese neu entdeckte Population schwacher Galaxien wird durch eine extrem hohe Entwicklungsrate mit Rotverschiebungen bis z~1 gekennzeichnet. Da diese Quellen stark staubgerötet sind, sind Nahinfrarotbeobachtungen wichtig, um ihre Energiequelle – AGN oder Starburst – zu bestimmen. Mit typischen K-Band-Magnituden von 20 bis 21 können Folgebeobachtungen nur mit Teleskopen der 8 m-Klasse durchgeführt werden. Mit dem Nah-infrarotspektrometer ISAAC am VLT haben wir niedrig aufgelöste Spektroskopie eines Teils der von ISO entdeckten Galaxien im HDFS gewonnen, mit Rotverschiebungen zwischen 0.4 und 1.3 (Abb. II-53). Fast alle sind starke Ha -Emitter. Die hohe Äquivalentbreite von Ha bedeutet, daß diese Objekte aktiv sternbildende Galaxien mit hoher Staubextinktion sind. Die Sternentstehungsraten werden auf bis zu 50-100 Sonnenmassen im Jahr geschätzt. Zusätzlich wird uns die Entdeckung von Übergängen wie dem [SII]-Dublett die Bestimmung von Eigenschaften wie der Gasdichte erlauben. The Infrared Space Observatory (ISO) has spent a considerable fraction of its time surveying faint distant galaxies at a wavelength of 15 µm. In one of the most sensitive studies, ISO has detected a total of ~100 galaxies in the Hubble Deep Field South (HDFS). This newly discovered population of faint galaxies is characterized by an extremely high rate of evolution with redshifts up to z~1. Since these sources are heavily dust-reddened, near-infrared observations are crucial in investigating the power-source, be it an AGN or a Starburst. With typical K-band magnitudes of 20 to 21, follow up observations can only be carried out with 8 m class telescopes. With the near-infrared spectrometer ISAAC on VLT we have begun (in collaboration with Franceschini, Padua) to carry out low resolution spectroscopy of a subsample of ISO detected HDFS galaxies with redshifts ranging between 0.4 to 1.3 (Fig. II-53). The detection rate is high. Almost all of the ISO HDFS sources are strong Ha emitters. The large equivalent widths of Ha imply that these objects are active star-forming galaxies with large intrinsic dust extinction. Star formation rates are estimated to be as high as 50-100 solar masses per year. Additionally, the detection of transitions like the [SII] doublet will allow us to determine properties such as the gas density.
Im Rahmen des European Large Area Infrared Survey (ELAIS), einer großen Kollaboration, die ISO-Surveys mit großem Feld bei 6.7, 15, 90, und 175 µm durchgeführt hat, machen wir die Nachfolgedurchmusterung im K-Band. Bis jetzt haben wir ~0.75 Quadratgrad in N1 und N2, zwei nördlichen ELAIS-Feldern, abgedeckt. Die Durchmusterung erreicht eine Grenzgröße von K~18 mag (3s ). Die Quellenzahlen sind grob identisch, aber etwas höher als in anderen großräumigen K-Durch-musterungen. Möglicherweise bedeutet das eine lokal höhere Konzentration von Galaxien, wie schon für das helle Ende der Quellenzählungen festgestellt. Tiefere (K~20.5 mag) Beobachtungen für 5 x 5 Bogenminuten sind kürzlich in der Mitte der N2-Region durchgeführt worden. Diese Region ist auch bei submm-Wellenlängen mit SCUBA ausführlich untersucht worden. Ziel ist eine Identifikation der K-Band-Gegenstücke zu den von SCUBA entdeckten Quellen (Abb. II-54).

As part of the European Large Area Infrared Survey (ELAIS), a big collaboration that has carried out wide area ISO surveys at 6.7, 15, 90 and 175 µm, we are leading the follow-up survey in the K-band. So far we have covered ~0.75 sq. degrees in two of the northern ELAIS areas, N1 and N2. The survey reaches a limiting magnitude of K~18 mag (3s ). The counts derived are in general agreement with other wide area K-surveys but somewhat higher, perhaps implying that we are dealing with a local higher concentration of galaxies, as already noted for the bright end of the number counts. Deeper (K~20.5 mag) observations for a 5 x 5 arcmin have been recently carried out in the center of the N2 region. This region has also been extensively covered in the submm wavelengths with SCUBA. The aim is to identify the K-band counterparts of the sources discovered by SCUBA (Fig. II-54).

(Barden, Lutz, Rigopoulou, Tacconi)

Abb. II-54: Tiefe K-Band-Aufnahme eines Teils des ELAIS N2-Gebiets. Die roten Kreise sind auf die Position einer SCUBA-Quelle zentriert. Es gibt keine offensichtliche Identifikation in diesem bis K=20.5 mag reichnenden Bild. Submm-Quellen haben generell sehr schwache Gegenstücke im K-Band, die nur mit guten (sub)mm-Positionen identifiziert werden können.

Fig. II-54: Deep K band image of part of the ELAIS N2 field. The red circles are centered on the position of a SCUBA source. There is no obvious identification in this image reaching K=20.5mag. Submm sources generally have very faint K counterparts that can only be identified with good (sub)mm positions.

Die Erforschung extrem roter Galaxien (EROs, Farben R-K>6 und I-K>5) ist eng mit Untersuchungen von Submm-Quellen verknüpft. Sehr wenig ist über diese Objekte bekannt, die entscheidende Frage ist, ob sie alte Ellipsen bei z>1 oder entfernte sternbildende Galaxien sind, die durch Staubextinktion stark gerötet werden. Die Kombination von tiefen optischen und Nahinfrarotaufnahmen mit sub(mm) ist ein leistungsfähiges Mittel, um die beiden Klassen zu unterscheiden. Das bestuntersuchte und auch im (sub)mm detektierte Objekt ist HR10, das zur Zeit einzige Objekt mit gemessener Rotverschiebung (z = 1.44). Mit dem Plateau de Bure Interferometer wurden Aufnahmen in den J = 5-4 und 2-1-Übergängen von CO gewonnen. Rätselhafterweise und im Widerspruch zu Erwartungen auf Basis naher infrarotleuchtkräftiger Galaxien ist die CO-Emission um 300-400km/s im Vergleich zu Ha blauverschoben. Die hohe Sternentstehungseffizienz und andere Eigenschaften deuten klar an, daß seine außergewöhnliche Leuchtkraft mit Sternentstehung statt einem verborgenen AGN zusammenhängt. Weitere Kandidaten für staubige EROs sind mit SCUBA und IRAM mit nur einer sicheren Detektion beobachtet worden, sowie mit ISAAC am VLT. Es kristallisiert sich ein Bild heraus, in dem die ERO-Klasse in zwei Objektpopulationen zerfällt: sehr alte Ellipsen und staubige Starbursts, mit HR10 als extremem Beispiel.

Exploring the nature of the extremely red galaxies (EROs, colors R-K>6 and I-K>5) is closely linked to studies of submm sources. Very little is known about these objects, the critical question being whether they are old ellipticals at z>1 or distant star-forming galaxies strongly reddened by dust extinction. The combination of deep optical and near-infrared imaging with (sub)mm observations provides a powerful tool to disentangle the two classes. The best-studied object, also detected in the (sub)mm, is HR10, which is so far the only object with measured redshift (z = 1.44). Imaging with the Plateau de Bure Interferometer was achieved in the CO J = 5-4 and 2-1 transitions. A puzzling result, at variance with expectations from nearby luminous IR galaxies, is that the CO emissions are blue-shifted by 300-400 km/s with respect to the Ha line. The large star formation efficiency and other properties clearly suggest that the extraordinary luminosities are linked to star formation rather than to a hidden AGN. More candidate dusty EROs have been observed with SCUBA and IRAM, with only one object securely detected up to now, and with ISAAC at the VLT. The picture which is emerging at present is that the ERO class splits in two different population of objects: very old ellipticals and dusty starbursts, of which HR10 is an extreme case.

(Andreani)

Neuere hierarchische Modelle der Galaxienentstehung sagen eine späte Bildung der größten Strukturen und deshalb eine "negative Entwicklung" der Massen der umgebenden Galaxien von QSO voraus. Der Abfall der Zahl leuchtkräftiger QSOs von z~2.5 bis heute muß deshalb durch andere Elemente des Fütterungsprozesses erklärt werden. Um diese Fragen anzugehen wurden ausgedehnte Programme mit HST und vom Boden definiert, um die Entwicklung der umgebenden Galaxien sowohl radiolauter als auch radioleiser QSOs von z~0.3 bis 3 zu studieren. Jeder Quasar wird bei etwa gleicher Ruhewellenlänge beobachtet. Das aufregende vorläufige Ergebnis ist, daß die umgebenden Galaxien radioleiser QSOs bei hoher Rotverschiebung wirklich schwächer als ihre lokalen Gegenstücke sind. Im Gegensatz dazu sind die Galaxien radiolauter Quasare bei hoher Rotverschiebung sowohl heller als auch blauer als lokal. Dies stimmt mit früheren Vorschlägen überein, daß der AGN in radiolauten Objekten die umgebende Galaxie merklich beeinflußt. Recent hierarchical models of galaxy formation predict late development of the largest structures and therefore a "negative evolution" of QSO host masses with redshift. Thus, the decline in number of luminous quasars from z~2.5 to today has to be explained by other elements in the fuelling process. To address these issues, extensive HST and ground based imaging programs have been set up to study the evolution of host galaxies of both radio loud and radio quiet QSOs from z~0.3 to 3. Each quasar is observed at approximately constant rest wavelength. The exciting preliminary result of this comprehensive program is that the hosts of high redshift radio quiet QSOs seem to be indeed less luminous than their local analogs. In contrast, the hosts of radio-loud quasars are both more luminous and bluer at high redshift than locally. This agrees with previous suggestions that the AGN in radio loud objects has a significant impact on the host galaxy.
Mit HST werden mehrere Abbildungsprojekte durchgeführt, um räumlich aufgelöste Strukturen (‚hosts‘) um radiolaute Quasare zu studieren. Die Beobachtungen legen nahe, daß die umgebenden Galaxien radiolauter Quasare mit steilem Spektrum denen von Radiogalaxien ähneln und stärken Vorschläge, daß beide zur selben Elternpopulation gehören. Ausrichtung der Lyman a - und Radiomorphologie ist ein starkes Anzeichen für Jet-Wolken-Wechselwirkung, wiederum ähnlich wie bei Radiogalaxien. Several HST imaging programs are being conducted to study the spatially resolved structures (`hosts´) around radio loud quasars. The observations suggest that the host galaxies of radio-loud steep spectrum quasars are similar to those of radio galaxies and strengthen suggestions that both are members of the same parent population. Alignment between the Lyman a and radio morphologies is strong evidence for jet-cloud interactions, again resembling radio galaxies.
In tiefen Abbildungen von Quasarfeldern wurde eine ungewöhnliche kompakte Gruppe von mindestens fünf Galaxien gefunden, die mit dem radiolauten Quasar MRC0941-200 bei z = 0.715 assoziiert ist. Die Gruppe ist in diffuse Linien- und blaue Kontinuumsemission eingebettet. Bei größeren Entfernungen vom Quasar wird ein Überschuß von Galaxien mit roten Farben ähnlich den Gruppengalaxien festgestellt. Dies legt nahe, daß die Gruppe mit MRC 0941-200 am Rand einer größeren Gruppe oder eines Haufens liegt. In deep imaging of quasar fields an unusual compact group of at least five galaxies has been found, associated with the radio-loud quasar MRC0941-200 at z = 0.715. The group is embedded in diffuse line and blue continuum emission. At greater distances from the quasar, an excess of galaxies is detected with red colors similar to the group galaxies. This suggests that the group including MRC 0941-200 lies at the edge of a larger group or cluster.

(Lehnert)

4.5 Kosmischer Röntgenhintergrund und AGN Entwicklung

4.5 The cosmic X-ray background and the evolution of AGN

Auf der Grundlage der ROSAT-Durchmusterungen verschiedener Tiefen wurde die Evolution der AGN-Leuchtkraftfunktion F(Lx, z) im weichen Röntgenbereich untersucht. Dabei wurden insgesamt 690 Objekte mit Rotverschiebungen bis z = 4.9 berücksichtigt (Abb. II-55). Wie bei früheren Arbeiten ergibt sich eine starke Evolution der Leuchtkraftfunktion bis zu Rotverschiebungen von z = 1.5 und jenseits davon ein Abflachen. Eine genauere Untersuchung zeigt, daß das von verschiedenen Autoren favorisierte klassische Modell einer reinen Leuchtkraft-Evolution nicht zutrifft und eine Dichte-Evolution die Daten besser beschreibt. Allerdings kommt bei diesem Modell der Röntgenhintergrund zu hoch heraus. Um dies zu vermeiden, muß eine Evolution angenommen werden, die bei kleinen Leuchtkräften geringer ist als bei großen. Das heißt, die Volumendichte von AGN geringer Leuchtkraft nimmt schwächer mit wachsender Rotverschiebung zu als die leuchtkräftiger AGN. Ein weiteres Ergebnis dieser Untersuchungen ist, daß die (comoving) Raumdichte leuchtkräftiger röntgenselektierter AGN (Lx>3x1044erg/s) bei hohen Rotverschiebungen (z >2,5) konstant zu bleiben scheint im Gegensatz zu optisch- und radioselektierten AGN, bei denen die Raumdichte mit wachsender Rotverschiebung wieder abfällt (Abb. II-56). Eine Bestätigung dieses Effekts, der derzeit mit einer Signifikanz von etwas mehr als 2s beobachtet wird, wäre von großer kosmologischer Bedeutung. Ein ähnliches Abflachen der Entwicklungskurve bei hohen Rotverschiebungen wird auch für die im submm und im extinktionskorrigierten UV-Band beobachteten Galaxienleuchtkraftentwicklung gefunden. Die kosmische Sternbildungsrate zeigt daher möglicherweise eine ähnliche zeitliche Entwicklung. Based on ROSAT surveys with different depths we investigated the evolution of the AGN luminosity function in the soft X-ray band. This study comprises in total 690 objects with redshifts up to z = 4.9 (Fig. II-55). As found previously there is a strong evolution with redshift out to redshifts up to z = 1.5 with a flattening of the evolutionary trend at larger distances. A detailed study shows that the model favoured by many authors, which is based on a pure luminosity evolution, is not supported by the data. A model assuming a density evolution is more consistent with the observations. This model, however, predicts a too large value for the X-ray background. To avoid this effect we have to assume less evolution for the less luminous AGN than for the more luminous ones. That is, the volume density of less luminous AGN increases less rapidly with z than that of the luminous objects. A further result of this study is that the comoving density of luminous X-ray selected AGN (Lx>3x1044erg/s) seems to stay constant at redshifts z > 2.5 in contrast to optically or radio-selected AGN, for which the comoving density decreases at high redshift (Fig. II-56). A confirmation of this flattening of the evolution, which has a significance of 2s in the current observational data, would be of major importance. A similar flattening of the evolution at redshifts above about z = 2 is also observed for the submm and extinction corrected UV galaxy counts. Thus the cosmic star formation rate may have a similar history.

(Hasinger, Miyaji, Schmidt)

Abb. II-55: AGN aus den kombinierten Röntgendurchmusterungen vom All-Sky Survey (RBS) zur tiefsten Durchmusterung (RDS).

Fig. II-55: AGN from the combined X-ray Surveys from the All-Sky Survey (RBS) to the deepest survey (RDS).

Abb. II-56: Entwicklung der Raumdichte der leuchtkräftigsten QSO als Funktion der Rotverschiebung im Vergleich mit optischen QSOs (Dreiecke) und Radioquasaren (Sterne).

Fig. II-56: Evolution of the comoving density of the most luminous QSO as a function of the redshift. Comparison is made to optical QSO (triangles) and radio selected QSO (stars).

Die Autokorrelationsfunktion des Röntgenhintergrundes im Winkelbereich zwischen 0.3° und 20° wurde mit Hilfe der ROSAT-Himmelsdurchmusterungs-Daten (RASS) untersucht. Dabei ergibt sich eine Korrelationsamplitude, die signifikant über der liegt, die sich aus der Untersuchung von ROSAT-Pointierungen ergibt. Die gefundene Korrelationsamplitude ist erheblich größer als die von normalen Galaxien und marginal kompatibel mit der Korrelationsamplitude von AGN bei mittleren Rotverschiebungen. The autocorrelation function of the X-ray background in the angular range from 0.3° to 20° was analysed in the ROSAT All-Sky Survey data (RASS). The study shows a correlation amplitude which is above the amplitude found in the correlation analysis of ROSAT pointed data.

The correlation amplitude is larger than those for galaxies and marginally compatible with the correlation properties of AGN at intermediate redshifts.

(Freyberg, Hasinger, Miyaji, Soltan, Treyer, Trümper)

4.6 Kosmischer Gamma-Hintergrund

4.6 Cosmic g -ray background

Die Bedeutung des kosmischen Gamma-Hintergrunds liegt in der Tatsache, daß er ein Intergral aller hochenergetischen Strahlungsprozesse in der Geschichte des Universums darstellt. Früher gab es ein großes Interesse am Gamma-Hintergrund wegen seines ungewöhnlichen Spektrums mit einem "MeV-Knie", einem Exzess bei Energien von einigen MeV (Abb. II-57). Das von uns mit Ergebnissen von COMPTEL und EGRET neu bestimmte Gamma-Hintergundspektrum (EGB), das in Fig. II-57 gezeigt wird, weist kein solches Knie auf. Dies ist deshalb vermutlich der Effekt einer ungenügenden Hintergrundkorrektur in früheren Daten. Das gegenwärtige Spektrum kann durch eine weichere Niederenergiekomponente und eine härtere Komponente charakterisiert werden mit einem Übergang im Bereich von einigen MeV. Die Hochenergiekomponente konnte nun mit EGRET über einen viel größeren Energiebereich und viel präziser bestimmt werden. The importance of the extragalactic background lies in the fact that it represents the sum of all radiative processes in the universe over cosmic time. Historically, much of the interest in the cosmic diffuse gamma-ray background originated from its spectral shape, an excess emission at MeV energies: the so-called MeV-bump (see Fig. II-57). Our current results on the spectrum of the extragalactic g -ray background (EGB) from COMPTEL and EGRET, shown in Fig. II-57, provide no evidence for the existence of the putative MeV-bump, which therefore must have been due to instrumental background not accounted for in previous analyses. Instead, the overall spectrum seems to consist of a softer low-energy component and a harder high-energy component, with the transition occurring around a few MeV. The high-energy component is now determined by EGRET over a much larger energy range with greatly improved accuracy and precision.
Abb. II-57: COMPTEL (0.8 - 30 MeV, Weidenspointner 1999), EGRET (> 30 MeV, Srekumar et al. 1998) und GRS/SMM Messungen (grau schattiert, Watanabe et al. 1997) des extragalaktischen Gamma-Hintergrundes. Zum Vergleich werden frühere Apollo Daten (Linien, Trombka 1977) mit dem historischen "MeV bump" gezeigt.

Fig. II-57: COMPTEL (0.8 - 30 MeV, Weidenspointner 1999), EGRET (> 30 MeV, Srekumar et al. 1998), and GRS/SMM measurements (shaded grey, Watanabe et al. 1997) of the extragalactic g -ray background. For comparison earlier Apollo data (lines, Trombka 1977) with the historic MeV bump are shown.

Abb. II-58: Kosmischer Gamma- und Röntgenhintergrund mit den typischen, möglichen Beiträgen verschiedener extragalaktischer Quellpopulationen: Seyfert 1 (rechte blau durchgezogene Linie), Seyfert 2 (blau strichpunktiert), SN Typ Ia (grün), im IR leuchtkräftige Galaxien (untere hellblaue Linie), MeV-Blasare (rot gepunktet), FSRQs (rot durchgezogen und gestrichelt, verschiedene Modelle) klassische Blasare (rot strichpunktiert) und eine Kombination der wichtigsten Quellen (schwarz).

Fig. II-58: The cosmic background at g - and X-ray wavelength with the typical possible contributions of different extragalactic source populations: Seyfert 1 (blue continuous line), Seyfert 2 (blue dotted-dashed), SN Type Ia (green), IR luminous galaxies (lower blue line), MeV blazars (red dotted), FSRQs (red continuous and dashed; different models), classical blazars (red dotted-dashed), and a combination of the major sources (black).

Die Herkunft des EGB kann entweder durch eine Vielzahl von unaufgelösten Punktquellen oder durch einen diffusen Erzeugungsmechanismus erklärt werden. Die gegenwärtigen Ergebnisse weisen eher darauf hin, daß der EGB bis 100 GeV durch verschiedene Typen diskreter Quellen erzeugt wird. Oberhalb 30 MeV scheint ein signifikanter Anteil des EGB von Blasaren zu kommen. Andere möglicherweise beitragende Quellen sind starburst-Galaxien und normale Galaxien. Bei Energien um 1 MeV und darunter stellen radiolaute Seyfertgalaxien, Blasare, deren Jet nicht in der Sichtlinie liegt, MeV Blasare und kosmologische Typ Ia Supernovae wichtige, mögliche Quellen dar. Die zur Verfügung stehenden Daten weisen AGN als sicher nachgewiesene Quellen des EGB auf, wobei die typische Form der Spektren noch ungeklärt ist. Mögliche Spektrenformen der Quellkandidaten werden in Abb. II-58 gezeigt. Unterhalb 100 keV tragen klassische Seyfertgalaxien den Hauptteil bei. Radiolaute Seyfertgalaxien haben vermutlich spektrale Ausläufer bis oberhalb von 100 MeV. Oberhalb von 100 MeV kennt man bisher nur zwei Typen radiolauter Blasare, klassische FSRQs (flat spectrum radio quasars)und BL Lacs. The EGB may either result from the superposition of unresolved point sources or originates from truly diffuse mechanisms. The current results suggest that it is more likely that the EGB up to 100 GeV originates from various classes of discrete, extragalactic sources. Above about 30 MeV a significant fraction of the EGB may be due to the blazar class of AGN, other possible contributors include starburst galaxies and normal galaxies. At MeV energies and below candidate source populations are radio-loud Seyfert galaxies, misaligned blazars and MeV-blazars, as well as cosmological Type Ia supernovae. The currently available data firmly establish AGN as a viable source class contributing to the EGB, but considerable uncertainty remains concerning their "typical"' emission characteristics as tentatively illustrated in Fig. II-58. Below 100 keV classical Seyfert galaxies seem to dominate. Radio-loud Seyferts may exhibit spectral tails extending beyond MeV energies (e.g. Cen A). At energies above about 100 MeV, the only established extragalactic sources are two types of radio-loud blazars, classe FSRQs (flat spectrum radio quasars) and BL Lacs.

(Schönfelder, weidenspointner)

MPE Jahresbericht 1999 / MPE Annual Report 1999


HTML version: 2000-03-13; Helmut Steinle