MPE Jahresbericht 2001 /MPE Annual Report 2001

II

Wissenschaftliche Ergebnisse / Scientific Results


2.2 Sternzyklen und das interstellare Medium / Stellar Evolution and the Interstellar Medium

Die Eigenschaften der meisten Galaxien, die wir heute in allen Wellenlängen detailliert am Himmel beobachten künnen, hängen wesentlich vom Ablauf der Sternbildung und deren Wechselwirkung mit dem umgebenden Gas ab. Dies trifft im besonderen auf Spiralgalaxien wie die Milchstraße zu, die sich noch immer in einer Phase aktiver Sternentstehung befindet. Das Entstehen und Vergehen von Sternpopulationen in der Galaxis hinterlässt deutliche Spuren in den Sternen selbst, sowie vor allem im interstellaren Medium, aus dem letztendlich wieder in Zyklen neue Sterne entstehen. Diese Spuren sind in der emittierten elektromagnetischen Strahlung verborgen, und ihre Entschlüsselung ermüglicht es uns, die einzelnen Prozesse, die mit den Sternzyklen verknüpft sind, sowie deren zeitlichen Ablauf, genau zu untersuchen.

The properties of most galaxies, which are being observed in great detail at all wavelengths, are determined to a large extent by the star formation process and its interaction with the ambient medium. This is in particular true for spiral galaxies like the Milky Way, which is still in a phase of active star formation. Traces of the stellar life cycle can be found in the stars themselves and in the interstellar medium out of which new generations of stars are constantly formed. Characteristic signatures of the stellar life cycle are typically encrypted in the emission of electromagnetic radiation. Deciphering this code enables us to study in detail all the processes related to stellar evolution.

 

Forscher am MPE widmen sich diesen Problemen beobachtungsmäßig in allen Wellenlängenbereichen (insbesondere im Infraroten, Rüntgen- und Gammabereich), sowohl durch ihr Engagement in Satellitenprojekten, als auch durch Entwicklung verbesserter Instrumentierung bei erdgebundenen Teleskopen, die anschließend für Beobachtungen genutzt werden. Die auf diese Weise gewonnen Daten werden analysiert und mit Hilfe von Modellsimulationen interpretiert. Die derzeit wichtigsten Fortschritte, an denen Wissenschaftler und Studenten am MPE maßgeblich beteiligt sind, wurden bei der Untersuchung folgender Gebiete erzielt: Studium der Eigenschaften von Molekülwolken, in denen Sterne gebildet werden, Beobachtung von Braunen Zwergen, jungen Proto- und Hauptreihensternen, sowie der Bildung von extrasolaren Planetensystemen. Darüber hinaus wurden entwickelte Sterne untersucht, insbesondere Kataklysmische Veränderliche, Novae, sowie Neutronensterne und Schwarze Lücher. Um den gesamten Materiekreislauf zu verstehen, wurden auch die vielfältigen Wechselwirkungen der Sterne mit dem interstellaren Medium eingehend studiert, vor allem HII-Regionen, Staubstreuhalos, Supernova-Überreste, die Lokale Blase, sowie Nukleosynthese-Regionen und der Transport der Kosmischen Strahlung im Interstellaren Medium. Die teilweise spektakulären Ergebnisse dieser vielfältigen Untersuchungen werden im folgenden eingehend dargestellt und diskutiert.

Scientists at MPE tackle these problems observationally at all wavelength ranges (in particular the infrared, X-rays and gamma rays). This is achieved by actively pursuing, managing and collaborating in space projects as well as developing superior instrumentation for earth-bound telescopes used then for observations. Data obtained in this manner are subsequently analyzed and interpreted using model simulations. Researchers and students at MPE have recently made substantial observational and theoretical progress in a number of fields: study of properties of molecular clouds, in which stars are formed, observations of brown dwarfs, young proto stars and main sequence stars, and formation of extra-solar planetary systems. In addition, evolved stars were analyzed, such as cataclysmic variables, novae, neutron stars and black holes. To gain new insight into the matter cycle, numerous interactions between stars and their ambient medium have been studied, such as HII regions, dust scattering halos, supernova remnants, the Local Bubble, nucleosynthesis regions and the transport of cosmic rays in the interstellar medium. These investigations have led to spectacular results in many cases, which are discussed in detail in the following sections.


2.2.1 Zentralbereich der Galaxis / Central Region of the Galaxy

Das Zentrum unserer Galaxie ist in einem weiten Wellenlängenbereich nicht einfach zu beobachten, weil die Sichtlinie durch die galaktische Scheibe verläuft; dadurch werden die Quellen des galaktischen Zentrums vom Sichtbaren bis in den weichen Rüntgenbereich von interstellarem Staub praktisch vollständig verdeckt. Mit dem Short Wavelength Spektrometer an Bord des Infrared Space Observatory (ISO) konnte die Region des galaktischen Zentrums jedoch im IR mit bislang unerreichter spektraler Auflüsung im Wellenlängenbereich von 2.5-45 µm untersucht werden. Die von dieser Region gewonnenen Spektraldaten enthalten unter anderem mehr als 20 Rekombinationslinien des atomaren Wasserstoffs, mit deren Hilfe die wellenlängenabhängige Extinktion entlang der Sichtlinie zum galaktischen Zentrum abgeleitet werden konnte. Dabei wurde gezeigt, dass diese Extinktion im Wellenlängenbereich zwischen 7 und 10 µm deutlich von einem bisher als allgemein gültig gehaltenen Modell für das diffuse interstellare Medium, wie es in der Umgebung der Sonne vorliegt, abweicht (Abb. 2-10). Die Ursache für die anomal hohe Extinktion künnte dabei auf Unterschiede im detaillierten chemischen Aufbau des interstellaren Staubes in der Umgebung des galaktischen Zentrums zurückzuführen sein, wie er zum Beispiel durch die Bildung von metallreichen Eismäntel um einzelne Staubkürner hervorgerufen wird.

Large amounts of dust in the line of sight to the galactic centre make observations in the spectral regions from the optical soft X-rays virtually impossible. Using the Short Wavelength Spectrometer onboard the Infrared Space Observatory (ISO) it was possible to observe this highly interesting region with unmatched spectral resolution. A complete spectrum covering the wavelength band between 2.5-45 µm obtained during this observation enables detailed investigations of the immediate environment of the galactic centre. Amongst other a set of more than 20 hydrogen recombination lines were detected which could be used to derive the wavelength dependency of the extinction towards the centre of the Galaxy. In the wavelength range of 7 to 10 µm, our detailed investigation showed a significant deviation of the interstellar extinction from the standard model for the diffuse ISM in the solar neighbourhood (Fig. 2-10). The anomalously high extinction we measured could be due to differences in the chemical composition of dust in the vicinity of the galactic centre, perhaps the growth of metal-rich ice mantles around dust grains.

[Genzel, Looney, Lutz, Poglitsch, Raab]

Abb. 2-10: Die abgeleitete Extinktionskurve in Richtung des Galaktischen Zentrums. Sie weicht erheblich vom allgemein verwendeten Standardmodell von Draine & Lee ab. Als direkte Folge davon wurden die Auswirkungen der interstellaren Extinktion im Wellenlängenbereich 7 - 10 µm bislang erheblich unterschätzt.

Fig. 2-10: The derived extinction toward the galactic centre. There is a significant deviation from the standard Draine & Lee model, implying that researchers have been underestimating the reddening in the wavelength range of 7 - 10 µm toward the galactic center.


2.2.2 Junge Sterne und stellare Objekte / Young Stars and Stellar Objects

Frühe Stadien der Sternbildung / Early Stages of Stellar Evolution

Das gegenwärtige Standardmodell für die Entstehung massearmer Sterne liefert ein allgemeines Bild für deren Entwicklung: Die Bildung eines gebundenen Kerns in einer Molekülwolke; der Kollaps dieses Kerns mit der Ausbildung einer kollabierenden Hülle, einer Akkretionsscheibe und eines Protosterns; das Ausdünnen der Hülle, wodurch eine rotierende protoplanetare Scheibe zurückbleibt; schließlich die Entstehung des jungen Sterns selbst und eventuell von Planeten.

The current paradigm of low-mass star formation provides a general evolutionary model: the formation of a bound core inside of a molecular cloud; the collapse of the core to form an in-falling envelope, an accreting disk and a protostar; the depletion of the infalling envelope material, leaving a rotating protoplanetary disk; and finally a star and perhaps planets.

Um die frühesten Entwicklungsstufen dieses Standardmodells zu überprüfen, müssen wir die Morphologie der Strukturen verstehen, welche die jüngsten und stark verhüllten stellaren Objekte umgeben. Die Kontraktion einer Wolke zu einem Stern unter dem Einfluss der Schwerkraft war Gegenstand beträchtlicher theoretischer Untersuchungen. Der Kollaps einer Wolke kann ganz allgemein durch zwei verschiedene Lüsungen beschrieben werden, nämlich durch den Larson-Penston (LP) Kollaps und durch den Shu ("inside-out") Kollaps. Bei beiden entwickelt sich das Dichteprofil von r-2 nach r-3/2, allerdings mit verschiedener Zeitskala, Gesamtmasse und Geschwindigkeit. Traditionell war der "inside-out" Kollaps das meistverwendete theoretische Modell. Sind diese Modelle jedoch wirklich nützlich in ihrer Anwendung auf sehr frühe Entwicklungsstufen? Auch wenn es nicht intuitiv einsichtig sein mag, so sind doch hochaufgelüste abbildende Verfahren notwendig, damit die zirkumstellare Scheibe nicht mit der kollabierenden Hülle verwechselt werden kann, und um die innersten 100 AE der Hülle zu untersuchen, für welche sich die theoretischen Modelle des Kollapses unterscheiden.

To test the paradigm of star formation at the earliest stages, we need to understand the morphology of the physical structures surrounding the youngest deeply embedded stellar objects. The gravitational contraction of a cloud core to form a star has been the subject of considerable theoretical study. The cloud collapse can be broadly described by two solutions: the Larson-Penston (LP) collapse and the Shu "inside-out" collapse. Both evolve from a r-2 to r-3/2 density structure, but with different time scales, overall mass, and velocity. Traditionally, the most widely used theoretical description has been the "inside-out" collapse model. However, are any of these models truly useful at young ages? Although it may seem counterintuitive, high resolution imaging is essential to avoid confusing the circumstellar disk component with the envelope and to probe the inner 100's of AU of the envelope, where the theoretical models for cloud collapse differ.

Wir sind dieser Frage am Berkeley-Illinois-Maryland Association (BIMA) Millimeter Array nachgegangen, und unsere ersten Ergebnisse bei 2.7 Millimetern Wellenlänge sind vielversprechend. Zum ersten Mal sind wir in der Lage, die Dichtestruktur der inneren Hülle bis zu sehr kleinen Längenskalen nachzuvollziehen. Eine der grüßten Überraschungen ist, dass für die meisten Quellen keine r-3/2-Lüsung in Frage kommt, was ein sehr geringes Alter voraussetzt (Abb. 2-11). Nimmt man die reinen Lüsungen nach LP oder nach Shu, um die Daten zu modellieren, so finden wir, dass die LP-Lüsung im großen und ganzen die Massen- und Geschwindigkeitsrandbedingungen der Daten besser erfüllt; jedoch ist das notwendige Alter der Systeme für diese Modellierungen zu gering (1000-2000 Jahre). Wir schlagen vor, dass es entweder ein Zeitskalierungseffekt der einfachen, selbstähnlichen Lüsungen ist, welcher die Altersabschätzungen ungültig macht, oder dass es an der Zeit ist, zu komplizierteren Modellen überzugehen, welche den ersten und den zweiten Kollaps genauer beschreiben.

We have investigated this question using the Berkeley-Illinois-Maryland Association (BIMA) millimetre array, and our first results at 2.7 mm wavelength are promising. For the first time we are able to trace to very small size scales the density structure in the inner envelope. One of the largest surprises is that for most of the sources a r-3/2 solution is not allowed (Fig. 2-11), implying very young ages. If the pure LP or Shu solutions are used to fit the data, we find that overall the LP solution provides the best fit to the mass and velocity constraints of the data; however, the age of the systems required by the fits are physically too low (1000-2000 yrs). We suggest that either there is some time scaling of the simple, self-similar solutions that invalidate the age estimates, or that it is time to move to more complicated models that accurately predict the first and second collapse of the envelope.

Abb. 2-11: Gebinnte BIMA interferometrische Daten von 4 Quellen und jeweils angepasste Modelle. Die durchgezogene Linie gibt ein r-3/2- und die gestrichelte Linie ein r-2-Potenzgesetz für die Hülle wieder. Die Systeme mit dem besten Signal-zu-Rauschverhältnis künnen nicht mit einem r-3/2-Gesetz genähert werden.

Fig. 2-11: Binned BIMA interferometric data of 4 sources and the fitted models. The solid line is a r-3/2 power law envelope and the dotted line is a r-2 power law envelope. The three systems with the best signal-to-noise can not be fit with the r-3/2 model, implying younger ages than expected.


Die Scheiben klassischer T-Tauri Sterne enthalten das Rohmaterial - Gas und Staub - für die Planetenentstehung. Während der Planetenentstehung wird Material aus der Scheibe angesammelt, wobei ringfürmige Lücken in der Scheibe entstehen. Da die Rotationsübergänge von H2 bevorzugt bei Gastemperaturen von einigen hundert Grad Kelvin entstehen, sollte man aus der Linienform der H2-Linien in hochaufgelüsten Spektren im mittleren Infrarot Anzeichen dieser Lückenbildung finden. Mit dem neuen R=100.000 Mittleren-Infrarotspektrometer TEXES am NASA IRTF Teleskop haben wir die 3-1 und 4-2 Übergänge des H2 von Objekten beobachtet, bei denen bereits mit ISO diese Übergänge nachgewiesen wurden. Bei den bisher beobachteten 5 Objekten konnten in keinem Fall die H2-Übergänge nachgewiesen werden. Die Beobachtungen sind ausreichend empfindlich, um einen zirkumstellaren Ursprung der H2-Strahlung auszuschließen. Mit empfindlicheren Beobachtungen der vielversprechendsten Objekte aus den ISO-Beobachtungen werden wir die Suche nach Anzeichen für Planetenentstehung fortsetzen.

The disks around classical T-Tauri stars contain the raw materials - gas and dust - to produce planets. As these planets form material is swept up, clearing gaps in the disk. Since the rotational lines of H2 arise most easily in gas at temperatures of a few hundred degrees, high resolution spectra of these mid-IR lines should show evidence in the line shapes for this clearing phenomenon. Using the new R=100,000 mid-IR spectrometer TEXES on the NASA IRTF, we have observed the 3-1 and 4-2 transitions of H2 toward a sample of objects in which these lines had previously been detected with ISO. Of the 5 objects we have observed so far, none were detected with TEXES. The non-detections are sufficiently sensitive to imply a non-circumstellar origin for the previously detected emission. We are continuing this program with a more sensitive search toward the most likely ISO detections.

Abb. 2-12: Ein Falschfarbenbild der rho Ophiuchi Region aufgenommen von ISOCAM an Bord von ISO (blau und rot entsprechen 7.7 beziehungsweise 14.5 µm).

Fig. 2-12: A continuum composite image of the rho Ophiuchi region using ISOCAM onboard ISO (blue and red are 7.7 and 14.5 µm, respectively).


Wir führten außerdem mit dem ISO-Instrument ISOCAM eine ausführliche Durchmusterung der rho Ophiuchi Region nach Punktquellen im mittleren Infraroten bei 7.7 µm und 14.5 µm durch (Abb. 2-12). Insgesamt wurden 425 Quellen auf 0.7 Quadratgrad entdeckt. Im wesentlichen fallen alle Quellen im mittleren Infraroten mit Quellen im nahen Infraroten zusammen, jedoch wurde ein großer Teil von ihnen zum ersten Mal als junge stellare Objekte (young stellar objects - YSOs) erkannt. Unsere Durchmusterung in zwei Wellenlängenbereichen erlaubt es uns im wesentlichen, alle YSOs mit Infrarotexzess in dem verhüllten Sternhaufen bis zu Fn ~10-15 mJy zu identifizieren, wodurch die bekannte Population von Klasse II YSOs mehr als verdoppelt wird und somit die vollständigste Erhebung neu gebildeter Sterne in der zentralen rho Ophiuchi-Region darstellt. Die stellare Leuchtkraftfunktion der kompletten Stichprobe von Klasse II YSOs wurde mit guter Genauigkeit bis zu L* ~ 0.03 L(sol) bestimmt. Logarithmisch aufgetragen ist sie unterhalb von L* ~ 2 L(sol) grundsätzlich flach, hat bei L* ~ 1.5 L(sol) ein mögliches lokales Maximum und fällt bei höheren Leuchtkräften steil ab. Wir modellierten die Leuchtkraftfunktion und fanden, dass die Massenfunktion (initial mass function - IMF) in rho Ophiuchi gut beschrieben wird durch eine Zweikomponenten-Potenzfunktion mit einem Index von -0.35+/-0.25 für niedrige Massen, einem Index von -1.7 für große Massen (im Vergleich zu -1.35 im Falle einer Salpeter IMF), einem Umknicken bei Mflat=0.55+/-0.25 M(sol) und keinem Anzeichen für einen Abbruch bei niedrigen Massen bis hinunter zu wenigstens 0.06 M(sol).

We have also performed an extensive mid-infrared imaging survey for point sources at 7.7 µm and 14.5 µm of the rho Ophiuchi region using ISOCAM onboard ISO (Fig. 2-12). A total of 425 sources are detected in 0.7 square degrees. Essentially all of the mid-IR sources coincide with near-IR sources, but a large proportion of them are recognized for the first time as young stellar objects (YSOs). Our dual-wavelength survey allows us to identify essentially all the YSOs with IR excess in the embedded cluster down to Fn ~10-15 mJy, more than doubling the known population of Class II YSOs and representing the most complete census of newly formed stars in the rho Ophiuchi central region. The stellar luminosity function of the complete sample of Class II YSOs is derived with good accuracy down to L* ~ 0.03 L(sol). It is basically flat (in logarithmic units) below L* ~ 2 L(sol) exhibits a possible local maximum at L* ~ 1.5 L(sol), and sharply falls off at higher luminosities. We have modelled the luminosity function and find that the initial mass function (IMF) in rho Ophiuchi is well-described by a two-component power law with a low-mass index of -0.35+/-0.25, a high-mass index of -1.7 (to be compared with the Salpeter value of -1.35), a break occurring at Mflat=0.55+/-0.25 M(sol) and no evidence for a low-mass cutoff down to at least ~ 0.06 M(sol).


Röntgenemission junger Sterne / X-Ray Emission from Young Stars

Junge Protosterne werden zunächst im Optischen sichtbar, wenn sie die sogenannte Geburtslinie im Hertzsprung-Russell-Diagramm (etwa Leuchtkraft gegen Temperatur Diagramm) überschreiten. In dem darauffolgenden Stadium der Kontraktion sind die jungen Sterne zunächst vollständig konvektiv (auf dem sog. Hayashi Track) und meist von einer Akkretionsscheibe umgeben, in der Planeten entstehen können (klassische T Tauri Phase). Nach Auflösen der Scheibe endet die Akkretion, und der Stern geht in die weak-line Phase über. Für die massereicheren Exemplare dominiert im letzten Stadium vor Erreichen der Nullalter-Hauptreihe im Kern der Strahlungstransport (post-T Tauri Phase). Wir untersuchen die Röntgenstrahlung und die Rotation von Sternen in allen Phasen der Vorhauptreihenentwicklung um Aufschluss über die magnetische Aktivität und die Drehimpuls-Entwicklung zu erhalten.

Young protostars become optically visible for the first time, when they cross the so-called birth-line in the Hertzsprung-Russell diagram (e.g. luminosity vs. temperature diagram). They are fully convective and contract along their respective Hayashi-track. Most of these stars are surrounded by an accretion disk (classical T Tauri phase), where planets may form. After losing the disk, accretion ceases (weak-line T Tauri phase). The more massive stars develop a radiative core and turn onto the radiative tracks (post-T Tauri phase), before they reach the zero-age main sequence. We investigate X-ray emission and rotation in all these phases to study magnetic activity and angular momentum evolution on the pre-main sequence.

Durch optische Nachfolgebeobachtungen von unidentifizierten Röntgenquellen aus dem ROSAT All-Sky Survey wurden viele neue T Tauri Sterne entdeckt. Wir untersuchten den räumlichen Zusammenhang zwischen jungen Sternen und Molekülwolken in den Chamaeleon und Lupus Sternentstehungsregionen. In Chamaeleon werden im Umfeld der meisten jungen Sterne innerhalb von 1 Parsek Kandidaten für Molekülwolken identifiziert, während in Lupus weniger als die Hälfte der T Tauri Sterne von Wolken umgeben ist. Altersabschätzungen für die Wolken lassen vermuten, dass die Zeitskala für deren Dissipation in Lupus nur wenige Millionen Jahre beträgt, und damit deutlich kürzer ist als in Chamaeleon. Dafür könnten die hellen OB Sterne in der Lupus Region verantwortlich sein.

With optical follow-up observations of unidentified ROSAT All-Sky Survey sources, many new T Tauri stars were discovered, e.g. in and around the Chameleon and Lupus star forming clouds. We have studied the connection between young stars and molecular clouds in these two regions. In Chameleon, the majority of the young stars have candidates of parent molecular clouds within 1 pc, while in Lupus less than a half of them do: the T Tauri stars in Lupus are more isolated. Age estimates of the clouds suggest that the cloud-dissipation time-scale in Lupus is only a few Myr, significantly shorter than that in Chameleon. Many co-existing bright OB stars in Lupus may accelerate the cloud dissipation.

Neue Analysen der ROSAT HRI Archiv-Daten der rho Ophiuchi Sternentstehungsregion führten zum Nachweis einer neuen schwachen Röntgenquelle, die als entwickelter Protostern identifiziert werden konnte: der zweite in rho Ophiuchi. Neue Beobachtungen dieser Wolke mit Chandra und XMM-Newton liefern weitere Informationen zu diesen Objekten, wie Röntgenvariabilität und Spektren. Wir identifizierten mehrere neue Röntgenquellen mit Infrarotobjekten, die substellare Massen haben. Sie könnten Braune Zwerge sein. Wir haben tiefe Infrarot-Nachfolgebeobachtungen der Chandra und XMM-Newton-Felder durchgeführt, um in diesen Regionen optische Quellen mit Röntgenquellen zu identifizieren. In diesen Beobachtungen entdeckten wir neue eingebettete Herbig-Haro Objekte, die von zwei entwickelten Protosternen angeregt werden. We systematically reanalyzed archived ROSAT HRI observations of the rho Ophiuchi star-forming region and detected a new weak X-ray source, counterpart of an evolved protostar: the second one detected in this cloud. New observations of this cloud with Chandra and XMM-Newton provide more information on these objects including X-ray time variability and spectra. We identified several new X-ray sources with near-infrared counterparts which may have masses below the hydrogen burning mass limit, i.e. they could be brown dwarfs. We made deep near-infrared follow-up observations of the Chandra and XMM-Newton fields to find counterparts of new X-ray sources in this area. During these observations we discovered new embedded Herbig-Haro objects, which are excited by two evolved protostars.
Die junge Sternassoziation um das OB1b Mehrfachsystem sigma Orionis beherbergt ca. 80 sehr massearme Objekte, darunter einige gute Kandidaten für Braune Zwerge und vielleicht sogar Objekte mit planetaren Massen. Die Durchmusterung archivierter ROSAT-Beobachtungen zeigte, dass vier Braune-Zwerg-Kandidaten und ein Brauner Zwerg in dieser Region Röntgenstrahlung emittieren. Da diese Objekte aber mit einer Entfernung von 350 pc sehr weit entfernt sind, konnten nur die röntgenhellsten Objekte entdeckt werden. Es ist daher zu erwarten, dass weitere Objekte mit Röntgenemission aus dieser Assoziation bei zukünftigen Beobachtungen mit XMM-Newton detektiert werden.

The young stellar association around the multiple OB1b star sigma Orionis hosts at least 80 low mass objects near or below the hydrogen burning limit, some of which have even been claimed to be of planetary mass. Searching the ROSAT archive, we detected X-ray emission from four brown dwarf candidates and one bona-fide brown dwarf. As the distance of this association is 350 pc, it was only possible to detect the most X-ray luminous objects. We expect to detect more X-ray emitting objects from this sample in future observations with XMM-Newton.
Die meisten Protosterne und T Tauri Sterne befinden sich in Sternentstehungsregionen bei Entfernungen von mindestens 140 pc. Einige vereinzelte junge aktive Sterne werden jedoch auch in der näheren Sonnenumgebung gefunden. Ein besonders interessantes Exemplar ist das Castor Sextett. Es besteht aus drei visuellen Doppelsternen: Castor A, B und C (= YY Gem), ein bedeckendes spektroskopisches Doppelsternsystem aus zwei M-Sternen. Wir haben das Castor-System gleichzeitig mit Chandra und XMM-Newton beobachtet. Das bislang unübertroffene räumliche Auflösungsvermögen von Chandra erlaubt erstmals die Trennung aller drei visueller Komponenten. Einzelne Emissionslinien im Röntgenspektrum können zur Charakterisierung von Temperatur und Dichte in der Korona verwendet werden (Abb. 2-13). In allen drei Spektren stammen die stärksten Linien von wasserstoffähnlichem Sauerstoff (OVII, bei 1.89 nm). Die meisten Linien links davon sind auf FeXVII, FeXVIII und NeIX zurückzuführen. Die Spektren von Castor A und B sind dem Spektrum von YY Gem. sehr ähnlich. Dies lässt vermuten, dass bei Castor A und B jeweils der masseärmere Sekundärstern für die Röntgenemission verantwortlich ist, da deren Spektraltyp jenem von YY Gem ähnelt. Ein Vergleich der hoch-empfindlichen XMM-Newton Beobachtung von YY Gem mit einem hydrodynamischen Modell zeigt, dass die Größe der emittierenden Region sehr viel kleiner ist als frühere indirekte Messungen vermuten ließen. Dies deutet darauf hin, dass Wechselwirkungen der Magnetosphären in diesem engen Doppelstern-System keine dominierende Rolle spielen.

While most protostars and T Tauri stars are located in star-forming regions at distances of 140 pc or more, some young active stars are much closer. A particularly intriguing example is the Castor sextuplet, composed of three visual binaries Castor A, B and C (=YY Gem). The latter is a eclipsing spectroscopic binary consisting of two M-stars. We observed this object simultaneously with Chandra and XMM-Newton. The unprecedented spatial resolution of Chandra allows for the first time to separate all three binaries in the X-ray image. In addition the high spectral resolution enables us to employ individual X-ray emission lines as temperature and density diagnostics for their coronae (Fig. 2-13). The strongest line in all three spectra is the hydrogen-like oxygen line (OVII, at 1.89 nm). The most prominent lines to the left are from FeXVII, FeXVIII and NeIX. The similarity of the spectra suggests that the X-ray emission from Castor A and B is produced by their secondaries which have spectral types comparable to that of YY Gem. We made use of the high sensitivity of XMM-Newton to obtain an estimate for the size of the X-ray emitting region on YY Gem by comparing the data to hydrodynamic models. We find that the X-ray emission comes from much smaller structures than suggested previously by more indirect methods. This makes inter-binary flares connecting the magnetospheres of the two stars an unlikely scenario.


Abb. 2-13: Hochaufgelöste Spektren der drei Castor Doppelsternsysteme mit dem Chandra Niederenergietransmissionsgitterspektrograph (LETGS). Das untere Bild zeigt die auf dem Detektor registrierten Rohgitterspektren. Das Röntgenbild ist unten links eingeblendet. Im oberen Bild sind die extrahierten Spektren von Castor A, B und C zu sehen. In diesen Spektren kann man die Millionen Grad heiße Koronae von aktiven Sternen mit Hilfe der charakteristischen Emissionslinien untersuchen.

Fig. 2-13: High-resolution X-ray spectra of the three Castor binary systems obtained using the Chandra low energy transmission grating spectrometer (LETGS). The lower image shows the raw spectra as obtained by the detector. An inlay of the X-ray image is shown in the lower left. The upper image represents the extracted spectra of Castor A, B und C. The characteristic emission lines reveal information about the several million degree hot stellar coronae of these active stars.


Röntgenstrahlung ist als Folge des stellaren Dynamos eng mit der Rotation und Drehimpulsentwicklung von Sternen verknüpft. Die Lindroos Sterne bieten eine einzigartige Gelegenheit, die ungelöste Frage der Entwicklung des Drehimpulses in solchen Sternen zu untersuchen. Lindroos Doppelsterne bestehen aus einem Primärstern frühen Spektraltyps (meistens B) und einem masseärmeren Begleiter von Spektraltyp F, G oder K. Das Alter der Primärsterne ist ca. 10 Millionen Jahre. Dies bedeutet, dass bei gebundenen Systemen die Begleiter Sterne sind, die sich in der letzten Phase vor dem Hauptreihenstadium befinden, sogenannte post-T Tauri Sterne. Während 10 Nächten auf Cerro Tololo haben wir die Sekundärsterne photometrisch beobachtet und Rotationsperioden von 2 bis 6 Tagen gemessen; das ist etwas länger, als es für weak-line post T Tauri Sterne typisch ist.

X-ray emission as the consequence of a stellar dynamo is closely linked to rotation and angular momentum evolution. The Lindroos sample offers an unique opportunity to shed light on the still open question of angular momentum evolution. Lindroos binary systems are high-mass ratio binaries comprised of early-type stars (mostly B-type stars) and late-type companions (F, G and K-type stars). The ages of the primary stars are of the order of 10 million years; hence, if the systems are bound, the late-type secondary are young stars still contracting to the main-sequence, i.e. post-T Tauri stars. In 10 observing nights at Cerro Tololo we have monitored the secondaries photometrically and we have measured periods between 2 and 6 days, i.e. possibly somewhat longer than typical for weak-line post T Tauri stars.


Massenbestimmung bei jungen Sternen / Mass Determination of Young Stars

Die Masse ist der wichtigste Parameter für die Entwicklung eines Sterns. Für Sterne in der Vorhauptreihenphase (T Tauri Phase) gibt es jedoch bisher kaum gesicherte Massenbestimmungen. Dies hat zur Folge, dass verschiedene theoretische Vorhauptreihenentwicklungsmodelle mit teilweise erheblichen Unterschieden existieren. Der kürzlich entdeckte bedeckende spektroskopische Doppelstern RXJ0529.4+0041 ist der einzige T Tauri Doppelstern mit genau bestimmter Masse, bei dem beide Komponenten Massen im Bereich einer Sonnenmasse bzw. darunter haben und ist daher ideal um Vorhauptreihensterne zu testen. Wir haben einen vollständigen Test von mehreren Vor-Hauptreihen-Entwicklungswegen damit durchgeführt. Ein spezielles Modell von Baraffe et al. war als einziges in der Lage, die beobachteten Massen richtig wiederzugeben. Genau dieses Modell wurde jedoch vor kurzem von einem anderen Test - Gleichaltrigkeit der Komponenten des GG tau Vierfachsystems - ausgeschlossen. Unser Test deutet darauf hin, dass ein grundlegendes Problem mit gegenwärtigen Vorhauptreihenmodellen besteht. Wir haben auch mehrere spektroskopische T Tauri Sterne photometrisch beobachtet um Bedeckungen zu finden, konnten aber bislang keine nachweisen. Für den jungen Stern RXJ1608.6-3922 in Lupus fanden wir eine Periode von 3.6 Tagen, aber weder spektroskopische Variabilität noch Bedeckungen, die früher behauptet wurden.

The mass is the most important parameter for the evolution of a star. But so far there are hardly any accurate mass determinations for stars in the pre-main sequence phase (T Tauri phase). Consequently there are various theoretical pre-main sequence evolutionary models with sometimes considerable differences. The recently discovered eclipsing spectroscopic binary RXJ0529.4+0041 is the only T Tauri binary with accurately determined mass, where both components are in the range of one solar mass or less. It is ideally suited to test pre-main sequence models. We carried out a thorough test of several pre-main sequence models. One particular model of Baraffe et al. was the only one that yielded correct masses. However, this model failed another test: coevality of the GG tau quadruple system. Our test therefore indicates that there is a fundamental problem with contemporary pre-main sequence models. We also monitored several spectroscopic T Tauri stars photometrically in order to find eclipses but did not detect any yet. For the young star RXJ1608.6-3922 in Lupus we found a period of 3.6 days but neither spectroscopic variability nor eclipses, which were previously claimed.

[Ammler, Broeg, Cesarsky, Grosso, Huelamo, Jaffe, Joergens, König, Looney, Mokler, Neuhäuser,
Stelzer, Tachihara]


2.2.3 Braune Zwerge und Extrasolare Planeten / Brown Dwarfs and Extrasolar Planets

Braune Zwerge / Brown Dwarfs

Um ihre Entstehung zu klären, untersuchten wir eine Reihe junger Brauner Zwerge und möglicher Kandidaten in der Cha I Sternentstehungsregion. Hochaufgelöste Echellespektren (UVES/VLT) ermöglichten die Messung der bisher genauesten Radialgeschwindigkeiten von solch lichtschwachen Objekten. Die Streuung der Radialgeschwindigkeiten ist mit nur 2 km/s nur etwas größer als die des umgebenden Gases (1.2 km/s) aber wesentlich kleiner als die der T Tauri Sterne im gleichen Feld. Das deutet darauf hin, dass keiner der untersuchten Braunen Zwerge als Begleiter eines T Tauri Sterns entstand und von dort herausgeschleudert wurde.

To investigate their formation, we studied a number of young brown dwarfs and brown dwarf candidates in the Cha I star formation region. High-resolution Echelle spectra (UVES/VLT) allowed the measurement of the most precise radial velocities of such faint objects to date. Their radial velocity dispersion is 2 km/s and only slightly larger than that of the surrounding gas (1.2 km/s), but significantly smaller than that of T Tauri stars in the same field. This indicates that none of the studied brown dwarfs is formed as a stellar companion and later ejected out of its birth place with high velocity.

Einige der Objekte weisen signifikante Variationen der Radialgeschwindigkeiten auf, was auf masseärmere Begleiter oder Flecken auf der Oberfläche hinweist. Da bei einigen dieser Objekte keine Anzeichen für stellare Aktivität zu finden sind, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Variationen bei diesen durch Flecken auf der Oberfläche der Objekte vorgetäuscht wurden. Es wird daher angenommen, dass sie von sub-stellaren Begleitern verursacht werden, massearmen Braunen Zwergen oder gar massereichen Planeten. Abb. 2-14 zeigt einen vorläufigen Orbit eines dieser Braunen Zwerge mit variabler Radialgeschwindigkeit. Fünf Datenpunkte reichen noch nicht aus, um den Bahnorbit vollständig zu bestimmen, aber man sieht, dass sie konsistent sind mit einer Begleitermasse von 4.8 Jupitermassen auf einer 16-tägigen Keplerbahn. Dies könnte der erste Planet in der Umgebung eines Braunen Zwerges sein, was aber durch weitere Messungen bestätigt werden muss.

Some of the objects show significant radial velocity variations, probably due to sub-stellar companions or spots on the surface. Some of them display no signs for stellar activity (spots) and it is therefore unlikely that the variations are mimicked by spots on the surface of the objects. We thus conclude that they are caused by sub-stellar companions, low-mass brown dwarfs or even giant planets. Fig. 2-14 displays a preliminary orbit for one of the brown dwarfs having variable radial velocity. Five data points are insufficient for a complete orbital solution, but nevertheless they are consistent with a companion mass of 4.8 Jupiter masses in a 16 day Keplerian orbit. This could be the first planet around a brown dwarf, but it has to be confirmed by additional measurements.


Abb. 2-14: Die Abbildung zeigt einen vorläufigen Radialgeschwindigkeits-Orbit von einem sehr massearmen Objekt in Chamaeleon. Die Variabilität der Radialgeschwindigkeit könnte von einem substellaren Begleiter, wahrscheinlich einem Planeten, erzeugt sein. In fünf Nächten wurden je zwei hochaufgelöste Spektren mit UVES am VLT aufgenommen (je ein gefülltes und ein offenes Symbol).

Fig. 2-14: The figure shows a preliminary radial velocity orbit of a very low mass object in Chameleon. The variability of the radial velocity may be due to a sub-stellar companion, probably a planet. In each of five nights two high-resolution spectra have been taken with UVES at the VLT (filled and open symbols).


Elementzusammensetzung von Sternen mit Planeten / Elemental Composition of Stars with Planets

Die meisten der Sterne mit extrasolaren Planeten, die durch Radialgeschwindigkeitsvariationen entdeckt wurden, gelten gewöhnlich als deutlich metallreich. Sogar die Sonne ist in den letzten Jahren wiederholt als metallreicher Stern eingeschätzt worden. Dies könnte wichtige Implikationen für den Prozess der Planetenentstehung und für das Sonnensystem haben. Seit 1997 stehen durch Hipparcos-Daten erstmals verlässliche und volumenkomplette Stichproben von nahen FGK Sternen zur Verfügung, die ihrerseits sehr gut geeignet sind, ohne Auswahleffekte die lokale Metallizitätsverteilung zu bestimmen. Aus einer Stichprobe von 300 nördlichen FGK Sternen innerhalb 25 pc zeigen bisherige Ergebnisse, dass die Metallizität der Sonne typisch für ihre Umgebung ist und jegliche Aussagen zur generellen Metallanreicherung der Sterne mit extrasolaren Planeten sich auf möglichst unverfälschte Stichproben beziehen müssen, die es jedoch bislang in der Literatur nicht gibt.

Most parent stars of extra solar planets detected indirectly by radial velocity variations of the parent star are usually claimed to be significantly metal-rich. Indeed, even the Sun has repeatedly been assessed to be a metal-rich star in recent years. This might have important implications for the planet formation process and for the solar system. Since 1997, the Hipparcos data for the first time allow to reliably define nearby volume complete unbiased samples of FGK stars, which are well-suited to determine the local metallicity distribution function. From a sample of 300 northern FGK stars within 25 pc, results obtained up to now suggest that the Sun's metallicity is typical for its surroundings. Any statement about the general metal-enrichment of the parent stars of extra solar planets must refer to unbiased samples, which however do not yet exist in the literature.


Direktabbildung massearmer Begleiter / Direct Imaging of Low Mass Companions

Der direkte Nachweis von Braunen Zwergen und extrasolaren Planeten als Begleiter ist bei Vor-Hauptreihen-Sternen am einfachsten: weil junge sub-stellare Objekte stark kontrahieren und akkretieren, sind sie um mehrere Größenordnungen heller als alte.

A direct imaging detection of a brown dwarf or giant planet in orbit around a star is least difficult around a young star, because young sub-stellar objects still contract and accrete, so that they are several orders of magnitude brighter than old sub-stellar objects.

Wir suchen unter sog. Flare-Sternen, d.h. Sterne, die Ausbrüche (im Röntgen, UV, IR und Optischen) zeigen, Kandidaten für junge Sterne. Da diese Sterne mindestens einen Ausbruch gezeigt haben, sind sie aktiv und deshalb wahrscheinlich jung. Viele von ihnen sind in der Tat innerhalb von 100 pc und liegen oberhalb der Hauptreihe. Wir nehmen von diesen Sternen Spektren auf, um nach Lithium-Absorption, d.h. einem klaren Hinweis auf geringes Alter, zu suchen.

We search for young nearby stars among so-called flare stars, i.e. stars which have shown some flare activity, a possible indication of youth. We have found among those several new young nearby stars within 100 pc, which lie above the main sequence. We than take spectra of them to search for Lithium absorption, which is a clear sign of youth.

Bei jungen nahen Sternen und Lindroos-Doppelsternen suchen wir dann mittels tiefer Infrarot-Aufnahmen nach massearmen stellaren und sub-stellaren Begleitern - also sowohl nach Braunen Zwergen, als auch nach Planeten (Abb. 2-15). Z.B. haben wir bei dem Stern TWA-5 (ca. 12 Millionen Jahre in ca. 55 pc Entfernung) einen Begleiter gefunden und als solchen bestätigt. Seine Masse liegt zwischen 15 und 40 Jupitermassen.

Finally, we search for low mass stellar and sub-stellar companions around young nearby stars and Lindroos binaries by taking deep infrared images (Fig. 2-15). Near the young star TWA-5 in 55 pc distance, we have found a companion, which turned out to be a 15 to 40 Jupiter mass brown dwarf, confirmed by us by both spectroscopy and proper motion.


Abb. 2-15: ADONIS (Adaptive Optics Near-IR System) K-Band Aufnahme von HD123445, einem Stern des Typs B9, der zur Upper Centaurus Lupus Association (UCL) gehört. Zwei neue Objekte (höchstwahrscheinlich ein gebundenes Doppelsternsystem mit einer Separation von 0.25 Bogensekunden) sind in einem Abstand von 5.5 Bogensekunden NE vom Hauptstern erkennbar. Die Infrarotphotometrie der neuen Quellen ist konsistent mit jungen Sternen des K-Typs in 140 pc, d.h. dass sie höchstwahrscheinlich Mitglieder der UCL Assoziation sind.

Fig. 2-15: ADONIS (Adaptive Optics Near-IR System) K-band image of HD123445, a B9-type star which belongs to the Upper Centaurus Lupus Association (UCL). As seen, two new objects (most probably a bound binary system with a separation of 0.25 arcsec) have been detected at 5.5 arcsec NE from the central star. The IR photometry of the new sources is consistent with both objects being young K-type stars at the distance of 140 pc, i.e. they are most probably members of the UCL association.


Inzwischen identifizierten wir etwa 150 Sterne, die sowohl jung (<100 Millionen Jahre) und nahe (< 100 pc) sind: eine ideale Stichprobe für die Direktsuche nach planetaren Begleitern, die mit adaptiver Optik an Teleskopen der 8- bis 10m-Klasse durchgeführt wird. Zusätzlich berechneten wir die Entstehung substellarer Objekte, um in der Lage zu sein, beobachtete Helligkeiten in zuverlässige Werte für die Massen umzuwandeln. In the meantime we found about 150 stars which are both young (<100 Myr) and nearby (<100 pc): a perfect sample for direct imaging search for planetary companions to be performed with adaptive optics at 8 to 10m class telescopes. In addition, we calculated the formation of substellar objects to be able to convert observed magnitudes to reliable masses.

[Fuhrmann, Joergens, König, Neuhäuser, Pecnik, Wuchterl]


2.2.4 Veränderliche Sterne / Variable Stars

Kataklysmische Veränderliche und Röntgendoppelsternysteme / Cataclysmic Variables and LXMB

Hochaufgelöste Röntgenspektren der magnetischen kataklysmischen Veränderlichen AM Hercules und PQ Geminorum, die mit dem Chandra-Nieder-Energie-Transmissionsgitter aufgenommen wurden, zeigen viele Emissionslinien von dem Schock geheizten, sich abkühlenden Plasma in der Akkretionssäule über der Oberfläche des Weißen Zwergs. Die Spektrallinien erscheinen verbreitert. Dies lässt sich durch Doppler-Verschiebungen durch den sich ändernden Winkel zwischen Beobachter und dem Akkretionspol erklären. Dadurch wird erstmals im Röntgenlicht die Kinematik dieser Systeme analysierbar.

High-resolution X-ray spectra obtained with the Chandra low energy transmission grating spectrograph of the magnetic cataclysmic variables AM Hercules and PQ Geminorum show many emission lines from the shock-heated cooling plasma in the accretion column just above the white dwarf surface. The spectra indicate that these emission lines are broadened most likely due to Doppler-shift caused by the changing viewing angle between the observer and the accretion pole. This has not been seen before in X-rays and encodes the kinematics of these systems.
HU Aqr, ein bedeckendes Doppelsternsystem vom Typ AM Her, wurde wiederholt mit OPTIMA, einem optischen Photometer mit hoher Zeitauflösung, beobachtet. Die neuen Lichtkurven führten zu einer Verbesserung der Ephemeriden. Der optische Fluss war im Jahr 2001 um einen Faktor ~4 geringer als im Jahr 2000, was auf einen Zustand verminderter Akkretion schließen lässt.

The AM Her type eclipsing binary system HU Aqr was repeatedly observed with the optical fast timing photometer OPTIMA. From several orbital light-curves an updated ephemeris for the system was derived. The optical flux of HU Aqr in 2001 was reduced by a factor of ~4 compared to 2000, indicating a low state for the system.
Chandra-Nieder-Energie-Transmissionsgitter Spektren des Röntgen-Doppelsterns Herkules X-1 wurden während dem "anomalous low-state" sowie einem Maximum des "main-on"-Zustandes des 35-Tages-Zyklus aufgenommen. Letztere beinhalteten auch "pre-eclipse dips" (Einbrüche vor der Bedeckung). Die "anomalous low-state" sowie "pre-eclipse dips" Spektren zeigen nur die Interkombinationslinie der OVII und NVI heliumartigen Tripletts. Die fehlende Linie des verbotenen Übergangs bedeutet, dass die beobachtete Strahlung entweder von einem Gebiet mit hoher Dichte oder einer stark photoionisierten Region nahe dem inneren Rand der Akkretionsscheibe herrührt. Das Licht muss durch einen erheblichen Teil der Akkretionsscheibe hindurch, damit die meisten Resonanzlinien-Photonen aus der Sichtlinie gestreut werden können. Spectra of the X-ray binary Hercules X-1 were taken with the Chandra low energy transmission grating spectrograph during the anomalous low-state and the maximum of the 35-day "main-on" state including pre-eclipse dips. The anomalous low-state and pre-eclipse dip spectra show only the intercombination line of the OVII and NVI helium-like triplets. The lack of the forbidden line indicates that the detected emission comes from a dense or a strongly photoionized region near the inner part of the accretion disk, and the light has to pass through a significant part of the accretion disk so that the photons in the resonance line can be scattered out of the line of sight.


Novae / Novae

Wir verstehen klassische Novae als Resultat der explosiven Kernfusion von Wasserstoff auf der Oberfläche eines weißen Zwergsterns. In den entsprechenden Kernreaktionsketten erwartet man vor allem auch Erzeugung mittelschwerer Elemente, deren radioaktive Beimischungen zu nachweisbarer Gamma-Linienstrahlung führen sollten. Insbesondere wenn der Weiße Zwerg bereits signifikante Mengen mittelschwerer Elemente beinhaltet (O-Ne-Mg-Typ), sollte radioaktives 22Na (3.8 Jahre Zerfallszeit) entstehen. Bisher konnte keine der erwarteten Nova-Radioaktivitäten gemessen werden. Auch unsere 9-jährige COMPTEL Himmelsdurchmusterung bestätigt dies grundsätzlich, es findet sich jedoch ein schwacher Hinweis auf 22Na in der Nova Cas 1995. Diese Nova entwickelte sich außergewöhnlich langsam. Man vermutet einen Weißen Zwerg des CO-Typs dahinter. Das COMPTEL 22Na Signal ist konsistent mit diesem Zeitverlauf. Allerdings wäre dies dann eine direkte erste Entdeckung von 22Na in einer Nova, und ausgerechnet in dem CO-Nova-Typ, für den eigentlich keine signifikante Synthese von 22Na erwartet wird.

Classical novae are understood to arise from explosive hydrogen burning on the surface of a white dwarf. Such nuclear processing is expected to produce intermediate-mass elements, which include radioactive elements detectable through gamma-ray lines. In particular, if the white dwarf composition includes significant amounts of intermediate elements already (the O-Mg-Ne type of white dwarfs), production of 22Na (radioactive lifetime 3.8 years) is predicted. To date now, none of this nova radioactivity could be observed. With the complete 9-year COMPTEL database we basically confirm this. However we detect a low signal of a 22Na towards Nova Cas 1995. This was an exceptionally-slow nova, and probably originated on a CO-type white dwarf. The observed 22Na emission light curve appears consistent with the evolution of this type of nova. If confirmed, this would be the first direct evidence of 22Na production in a nova, and apparently even in one of the CO type which is not predicted to produce significant amounts of 22Na.

[Burwitz, Dennerl, Diehl, Haberl, Iyudin, Kanbach, Kellner, Predehl, Steinle, Stelzer]


2.2.5 Endstadien der Sternentwicklung / Final Stages of Stellar Evolution

Neutronensterne / Neutron Stars

Aus einer mit dem Chandra LETGS durchgeführten, 500 ksec dauernden Beobachtung des isolierten Neutronensterns RXJ1856.5-3754 konnte ein hochaufgelöstes Röntgenspektrum gewonnen werden (Abb. 2-16). Bei dessen Analyse wurden keinerlei signifikante spektrale Merkmale nachgewiesen, wie sie für eine mit schweren Elementen durchsetzten Neutronensternatmosphäre zu erwarten wären. Atmosphären aus leichteren Elementen, wie Wasserstoff oder Helium, sollten ein intrinsisch härteres Spektrum als das beobachtete zeigen und sind daher ebenfalls auszuschließen. Die spektralen Daten werden am besten von einem Schwarzkörperstrahler mit einer Temperatur kT = 63 eV und einer emittierenden Fläche mit Radius R = 3.7 (d/100pc) km wiedergegeben, wobei für die Entfernung d ein Wert zwischen 50 pc und 180 pc aus HST-Beobachtungen ermittelt wurde. Unter der Annahme eines starken Magnetfeldes mit B > 1013 Gauss könnten sich die Wasserstoffatome in Form langkettiger Moleküle aneinander reihen oder als kondensierte Flüssigkeit vorliegen und so das beobachtete Spektrum erzeugen.

The X-ray spectrum of the isolated neutron star RXJ1856.5-3754 was taken in a 500 ksec exposure with the Chandra LETGS (Fig. 2-16). The analysis of this high-resolution spectrum revealed no significant spectral features which could be expected in a neutron star atmosphere containing heavy elements. Light element atmospheres such as hydrogen or helium are expected to emit an intrinsically harder spectrum than the observed one and can therefore also be excluded. The spectral data are best described by a blackbody model with a temperature of kT = 63 eV and an emitting area with radius R 3.7 (d/100pc) km, where the distance d was determined to range between 50 pc and 180 pc (HST data). Should this isolated neutron star have a strong magnetic field B > 1013 Gauss, the hydrogen on the surface could be in the form of chains of polyatomic molecules or a condensed liquid. If so, the derived blackbody might mimic the observed spectrum from such a surface.

Abb. 2-16: Das Chandra LETGS Spektrum des isolierten Neutronensterns RXJ1856.5-3754. Die Daten (grün) aus einer 500-ksec-Beobachtung können hervorragend durch ein Schwarzkörperspektrum (rot) gefittet werden.

Fig. 2-16: The Chandra LETGS spectrum of the isolated neutron star RXJ1856.5-3754. The data (green) from a 500 ksec observation can be extremely well-fitted by a blackbody spectrum (red).


Das aus Beobachtungen mit Chandra gewonnene Röntgenspektrum des Millisekundenpulsars J0437-4715 kann unter Hinzunahme von ROSAT Archiv-Daten als Summe thermischer Strahlung einer heißen Polkappe auf der Neutronensternoberfläche und einer nicht-thermischen Komponente aus der Pulsarmagnetosphäre erklärt werden. Der Zeitunterschied zwischen den Ankunftszeiten der Röntgen- und Radiopulse ist nicht größer als 0.2 msec. Das deutet daraufhin, dass die Radioemission aus einem Gebiet weniger als 60 km oberhalb der Pulsaroberfläche stammt.

The X-ray spectrum of the millisecond pulsar J0437-4715 detected with Chandra and supplemented by ROSAT archive data can be interpreted as thermal radiation emitted from heated polar caps on the surface of the neutron star plus a non-thermal component originating in the pulsar's magnetosphere. The time difference between the arrival times of the X-ray and radio pulses does not exceed 0.2 msec, suggesting that the radio emission is generated at a distance of less than 60 km above the pulsar's surface.

Abb. 2-17: Energiespektrum des Vela Pulsars in verschiedenen Wellenlängen aus optischen (VLT), Röntgen- (Chandra) und Gamma-Beobachtungen (OSSE, COMPTEL und EGRET). Die durchgezogene Linie zeigt einen Zwei-Komponenten-Fit (Neutronensternatmosphäre und Potenzgesetz-Spektren). Die gepunktete Linie gehört zum selben Modell, aber mit interstellarer Absorption. Die strichpunktierte Linie zeigen die Extrapolationen ins optische und EUV.

Fig. 2-17: Multiwavelength energy spectrum of the Vela pulsar based on optical (VLT), X-ray (Chandra) and gamma-ray observations (OSSE, COMPTEL and EGRET). The solid line shows a two-component (a neutron star atmosphere plus power-law spectra) fit to the Chandra data. The dotted line corresponds to the same model corrected for the interstellar absorption. The dot-dashed curves are the model extrapolations to the optical and EUV ranges.


In dem aus Chandra-Beobachtungen gewonnenen Röntgenspektrum des Vela Pulsars konnten zwei Komponeten, eine thermische und eine nicht-thermische, nachgewiesen werden. Erstere lässt sich gut mit einer magnetfelddurchsetzten Wasserstoffatmosphäre beschreiben (Abb. 2-17). Des weiteren stimmt eine Fortsetzung der nicht-thermischen Komponente zu niedrigeren Energien hin mit Flussmessungen im optischen Band überein.

Chandra observations revealed that the X-ray spectrum of the Vela pulsar consists of two components, thermal and non-thermal. The former component is well modelled (Fig. 2-17) with a magnetic hydrogen atmosphere spectrum. The extrapolation of the non-thermal component towards lower energies matches the pulsar's optical flux.

Abb. 2-18: Falschfarbenbild des Supernova-Überrestes RCW 103, aufgenommen mit den MOS1/2 Kameras von XMM-Newton. Die Farben repräsentieren Emission in den Energiebändern 0.3-0.7 keV (rot), 0.7-2 keV (grün) und 2-10 keV (blau). Die Röntgenemission der Zentralquelle ist wesentlich härter als die des Überrestes. Darüber hinaus lieferte die zufällige Mitbeobachtung von PSR J1617-5055, der sich ~7' entfernt vom Zentrum von RCW 103 befindet, interessante Informationen bezüglich der Röntgenemission junger Pulsare. Fig. 2-18: A false color image of the supernova remnant RCW 103 as seen by the MOS1/2 cameras aboard XMM-Newton. The colors represent the emission in the energy bands 0.3-0.7 keV (red), 0.7-2 keV (green) and 2-10 keV (blue). The X-ray emission from the central source is much harder than that of the remnant. PSR J1617-5055, located ~7' from the center of RCW 103, was serendipitously observed along with RCW 103, providing interesting information on the X-ray emission properties of young pulsars "en passant".


Wegen seiner zentralen, punktförmigen Röntgenquelle ist der Supernova-Überrest RCW 103 (Abb. 2‑18) von besonderem Interesse. Mit dem Einstein Observatorium bereits in den späten 70er Jahren entdeckt, wurde diese Zentralquelle fast 25 Jahre lang als ein Prototyp eines jungen, abkühlenden Neutronensterns interpretiert, der bei einer Supernova-Explosion vor ~2000 Jahren entstanden sein soll. Beobachtungen mit ASCA, und jüngst mit Chandra und XMM, ließen in der Röntgenemission der Zentralquelle starke Variabilitäten auf Zeitskalen von Jahren, sowie schwächere, periodische Flussvariabilitäten im Stundenbereich erkennen. Dies steht im krassen Widerspruch zum Erscheinungsbild eines abkühlenden Neutronensterns und ist besser vereinbar mit Strahlungseigenschaften, wie sie bei Röntgendoppelsternen und anomalen Röntgenpulsaren beobachtet werden. Im August 2001 durchgeführte XMM-Beobachtungen erlaubten zum ersten mal das Röntgenspektrum der Zentralquelle im Energiebereich 0.2-10 keV zu bestimmen. Eine Beschreibung desselben mittels eines Schwarzkörperspektrums gelingt hier nur teilweise und liefert kaum eine Erklärung für die Herkunft der harten Strahlung oberhalb 5 keV. Schließlich verwirft die auf 6.6 Millionen Grad bestimmte Temperatur und die abgeleitete Emissionsfläche mit einem Radius von nur ~1 km die Erklärung als abkühlenden Neutronenstern endgültig. Detailliertere Spektralanalysen werden derzeit durchgeführt. Zusätzliche Informationen über die Natur der zentralen Röntgenquelle erhofft man sich von einer zweiten XMM-Beobachtung von RCW 103, welche im Herbst 2001 durchgeführt wurde.

The supernova remnant RCW 103 (Fig. 2-18) is most famous for its central X-ray point source. Discovered with the Einstein Observatory in the late 70s, the central X-ray source was for almost 25 years interpreted as the prototype of a young cooling neutron star, formed during a supernova explosion ~2000 years ago. ASCA and more recent Chandra and XMM observations have shown that the X-ray emission from the central point source is strongly variable on time scales of years, with a moderate periodic flux variation on time scales of hours. This is in strong disagreement to what is expected from a cooling neutron star and in better agreement with the emission properties observed in X-ray binaries and anomalous X-ray pulsars. XMM observations performed in August 2001 allowed for the first time to measure the X-ray spectrum of the central source from 0.2-10 keV. Describing the energy distribution of the detected X-rays with a blackbody spectrum models the emission only in part, leaving the nature of hard emission beyond 5 keV largely unconstrained. The measured temperature of 6.6 million degree and the small blackbody emitting area of ~ 1 km in radius conclusively invalidates the cooling neutron star scenario. More detailed spectral analysis is currently in progress. Additional information on the nature of the central X-ray source is expected from a second XMM observation of RCW 103 which was performed during the fall of 2001.

Abb. 2-19: Peakverhältnis P2/P1 für den Krebs-Pulsar als Funktion der Energie; der erste Peak bei 1 MeV dominiert deutlich.

Fig. 2-19: Lightcurve peak ratio P2/P1 of Crab pulsar and nebula as a function of energy, indicating a marked dominance of the first peak at 1 MeV.

Abb. 2-20: Energiespektrum für den Krebs-Pulsar und Krebs-Nebel vom optischen bis zum Hochenergie Gamma-Bereich.

Fig. 2-20: Energy spectra of Crab pulsar and nebula, from optical to high-energy gamma-ray energies.


Die Gamma-Emission des Krebs-Pulsars und -Nebels wurde mit den vollständigen Daten der COMPTEL-Mission neu untersucht. Dabei tritt im Bereich von 1-30 MeV eine dramatische Variation des Pulsprofils zutage: das Verhältnis des ersten zum zweiten Peak variiert zwischen Faktoren 2 und 0.5 (Abb. 2-19). In der kombinierten Analyse von Daten der Instrumente COMPTEL, ROSAT, BeppoSAX und EGRET wird klar, dass das Verhältnis beider Peaks bei 1 MeV ein scharf ausgeprägtes Maximum annimmt. Der Bereich zwischen den Peaks nimmt an Intensität rasch mit der Energie wieder ab, so dass das Lichtkurvenprofil bei hohen Energien wieder dem Profil bei Röntgen- und optischen Energien ähnlich wird. Dieses Verhalten kann verstanden werden im sog. "Outer-Gap"-Modell, in dem der erste Peak in der äußeren Magnetosphäre des Pulsars durch Krümmungsstrahlung mit charakteristischem harten Energiespektrum entsteht, während die Emission zwischen den Peaks überwiegend aus weicherer Synchrotronstrahlung tief aus dem Inneren der Magnetosphäre besteht. Im zweiten Peak treten beide Komponenten überlagert auf. Unsere phasen-hochaufgelösten Spektren ermöglichen detaillierte Vergleiche mit derartigen Modellen, vom optischen bis zum Hochenergie-Gammabereich (Abb. 2-20), insbesondere im nun abschließend analysierten COMPTEL Energiebereich.

A detailed study of the gamma-ray emission from the Crab pulsar and nebula was made using the full mission COMPTEL data. A dramatic change in the pulse profile over the 1-30 MeV energy range was found, with the ratio of second to first peak falling from 2 to 0.5 (Fig. 2-19). Combining COMPTEL results with ROSAT, BeppoSAX and EGRET data shows that there is a sharp maximum in the peak ratio around 1 MeV. The bridge region between the pulses also falls rapidly with energy, so that at high energies the pulse profile is similar to that at optical to X-ray energies. This can be understood in the "outer-gap" model in which the first peak is produced high in the magnetosphere where curvature radiation with a hard spectrum dominates, while in the bridge region a soft synchrotron component produced deep in the magnetosphere dominates. The second peak contains both hard and soft components. Finely phase-resolved spectra of the pulsar from COMPTEL were produced which allow detailed comparison with models. Spectra of the Crab nebula and pulsar from X-ray to gamma rays were generated (Fig. 2-20), which represent the final results on this object from the COMPTON Observatory.

Schwarze Löcher / Black Holes

COMPTEL hat eine Kontinuums-Quelle im MeV-Bereich in Richtung des Galaktischen Zentrums entdeckt, deren Natur ungewiss ist. Neue Kartierungen, basierend auf allen Daten der Mission, haben uns erlaubt, eine verbesserte Positionierung und ein Spektrum (Abb. 2-21) zu gewinnen. Die Position ist konsistent mit der des Galaktischen Zentrums, aber auch mit dem Mikroquasar 1E1740.7-2942, der eine wohlbekannte Quelle im Röntgenbereich ist. Obwohl wir noch von keiner Identifizierung sprechen können, ist das Spektrum völlig verträglich mit dem harten Röntgenspektrum, das mit SIGMA gemessen worden ist und mit dem Spektrum der EGRET-Quelle (E>100 MeV) in der Nähe des Galaktischen Zentrums. Diese Möglichkeit ist besonders interessant, weil eine weitere COMPTEL-Quelle bei l=18° wahrscheinlich mit einer EGRET-Quelle assoziiert ist, die als Identifizierung des Mikroquasars LS5039 vorgeschlagen worden ist. Jede dieser Identifikationen wäre zum ersten Mal ein Hinweis für MeV- bis GeV-Emission von Mikroquasaren.

COMPTEL has detected a continuum MeV source in the direction of the Galactic center, whose nature is uncertain. Recent mapping using full mission data has allowed an accurate position and a spectrum (Fig. 2-21) to be derived. The position is consistent with the Galactic center direction but also with the microquasar 1E1740.7-2942, which is a well-known hard X-ray source. Although an identification cannot be claimed, the spectrum is fully compatible with the hard X-ray spectrum measured by SIGMA and with the spectrum of the EGRET source (E>100 MeV) near the Galactic center. This possibility is specially intriguing because another COMPTEL source at l=18° is probably associated with an EGRET source which has been proposed as the counterpart of the microquasar LS5039. Either of these possible identifications would for the first time provide evidence of MeV to GeV emission from microquasars.

Abb. 2-21: Spektren von Quellen in Richtung des Galaktischen Zentrums: die hochenergetischen von COMPTEL (Kreuze) gemessenen Quellen und EGRET (Sternchen) könnten identisch sein. Verschiedene Röntgenquellen im inneren Gebiet (1°), darunter 1E1740.7-2942 in mehreren Zuständen (strich-punktierte Linien), und ausgedehnte Emission (durchgezogene und gestrichelte Linien) sind mit SIGMA, ASCA und SAX gemessen worden.

Fig. 2-21: Spectra of sources near to the Galactic Center: the high-energy sources detected with COMPTEL (crosses) and EGRET (asterisks) could be identical. Distinct X-ray sources in the inner 1°, among them 1E1740.7-2942 in various states (dash-dot lines) and extended emission (full and dashed lines) were detected with SIGMA, ASCA, and SAX.


Der Schwarze-Loch-Kandidat XTE J1118+48 / The Black Hole Candidate XTE J1118+48

Schwarze Löcher saugen Gas aus ihrer Umgebung auf, z.B. aus Akkretionsscheiben, und erhitzen es bis zur Emission von Röntgenstrahlung. Die Röntgenstrahlung sollte die kalte Umgebungsmaterie aufheizen und zum Leuchten im sichtbaren Licht anregen, d.h. ein "Lichtecho" erzeugen, das durch gleichzeitige Messungen nachweisbar sein sollte. Im Juli 2000 wurden solche Messungen an der transienten Quelle XTE J1118+48 (KV Ursa Majoris) mit dem Rossi X-Ray Timing Explorer (RXTE) und dem MPE Photometer OPTIMA am Skinakas Observatorium durchgeführt. XTE J1118+48 ist ein Binärsystem in ~1.8 kpc Entfernung und enthält möglicherweise ein Schwarzes Loch mit 6 M(sol) und einen ~0.3 M(sol) Stern.

Black holes attract gas from their environment, e.g. from accretion disks, and heat it to X-ray emitting temperatures. Conventional theories suggest that these X-rays heat the cold environmental gas and cause a visible light response, a "light echo" that should be detectable by simultaneous measurements. In July 2000 such observations were performed on the transient source XTE J1118+48 (KV Ursa Majoris) using the Rossi X-Ray Timing Explorer (RXTE) and the MPE fast timing photometer OPTIMA at the Skinakas observatory. XTE J1118+48 is a binary system at a distance of ~1.8 kpc possibly containing a black hole of ~6 M(sol), and a ~0.3 M(sol) star.


Abb. 2-22: Die Zeitverzögerung des sichtbaren Lichts gegenüber der Röntgenstrahlung in XTE J1118+48. Das optische Licht steigt nach dem Zeitpunkt der Röntgenemission (t=0) steil an und klingt dann in etwa 5 sec wieder ab. Dieses Verhalten wird mit Zyklotrostrahlung von einem magnetisch angetriebenen sub-relativistischen Materieausfluss erklärt.

Fig. 2-22: The delay of visible light with respect to the X-rays from XTE J1118+48. The optical light steeply increases after the X-ray emission (t=0) and declines again after about 5 sec. This behavior is explained as due to cyclotron light emitted by a magnetically driven sub-relativistic outflow.


Das Ergebnis von 2.5 Stunden gleichzeitiger Röntgen- und optischer Beobachtung (Abb. 2-22) zeigt eine starke Korrelation der optischen- und Röntgenvariationen. Die optische Strahlung reagiert innerhalb von ~ 0.1 s auf einen Röntgenausbruch und damit viel schneller als in einem Reprozessierungsmodell zu erwarten war. Die entsprechenden Autokorrelationsfunktionen zeigen eine viel schnellere intrinsische Zeitstruktur der optischen verglichen mit der Röntgenstrahlung, was ebenfalls einem Reprozessierungsmodell widerspricht.

The result of 2.5 hours of coincident X-ray and optical observations (Fig. 2-22) shows a strong cross-correlation between the variations in X-rays and in optical light. The optical emission responds to X-ray variations very rapidly within ~0.1 s, which is much faster than expected in a model based on reprocessing. The corresponding autocorrelation functions show a much faster intrinsic time structure of the optical light compared to the X-rays, which also contradicts the concept of reprocessing.

Diese Beobachtungen können als die Signatur eines starken, sub-relativistischen Materieausflusses vom Schwarzen Loch interpretiert werden. Dieser Materiestrom wird von der zentralen Akkretionsaktivität, die man mit Röntgenstrahlen verfolgen kann, beeinflusst. Störungen propagieren mit dem Strom und führen zu zeitverzögerten optischen Synchro-Zyklotron-Emissionen. Die beobachtete Korrelation platziert die optische Emission in ~20000 km Entfernung und begrenzt die Ausstromgeschwindigkeit auf weniger als 0.1c. Bisher kannte man bei galaktischen Mikroquasaren nur relativistische, stark gebündelte Ausströmungen ("Radiojets"). Der beobachtete langsame Ausstrom wäre ein neues Phänomen in der Umgebung eines galaktischen schwarzen Lochs, könnte aber Ähnlichkeiten mit den bekannten Ausflüssen in aktiven galaktischen Kernen (AGNs) haben.

These observations can be interpreted as the signature of a strong, sub-relativistic outflow from the vicinity of the black hole. This outflow would be influenced by the central accretion activity, visible in X-rays. Perturbations in the flow propagate outward causing increased emission of optical synchro-cyclotron emission with a time delay. The observed delays place the optical emissions at a distance of ~20000 km from the hole and restrict the flow speed to less than 0.1c. Until now only the fast but tenuous relativistic radio jets were known in galactic micro quasars. The observed relatively slow outflow is a new phenomenon associated with black holes in our galaxy, but it may be related to outflows seen in active galactic nuclei.

[Becker, Burwitz, Kanbach, Neuhäuser, Predehl, Straubmeier, Strong, Trümper, Zavlin]


2.2.6 Wechselwirkung mit dem Interstellaren Medium / Interaction with the Interstellar Medium

HII-Regionen / HII Regions

Für eine Stichprobe von 112 galaktischen und 37 nahen extragalaktischen HII-Regionen aus dem Datenarchiv des Infrared Space Observatory haben wir Feinstrukturlinien im mittleren Infrarot und Wasserstoffrekombinationslinien untersucht. Ein steiler Anstieg der Anregung und ein Abfall der Metallizität mit galaktozentrischem Radius ist festzustellen. Die Änderung der Anregung ist zu groß für einen reinen Metallizitätseffekt und muss weitgehend durch einen Wechsel der mittleren Effektivtemperatur der anregenden Sterne bedingt sein. Wir finden eine gute Korrelation zwischen der Anregung der Feinstrukturlinien von Neon und Argon. Die beobachtete Korrelation wird gut wiedergegeben durch Modelle, die eine neue Generation von NLTE-Modellatmosphären mit Winden für die ionisierenden Sterne benutzen. Die [NeIII]-Emission der Nebel wird ebenfalls wiedergegeben. Die gute Übereinstimmung zwischen HII-Regionen und Modellen unterstützt unsere früheren Modelle von Starburst-Galaxien, die auf derselben Grundlage erstellt wurden.

We have analysed mid-infrared fine-structure emission lines and hydrogen recombination lines in a sample of 112 Galactic and 37 nearby extragalactic HII regions, that has been selected from the data archive of the Infrared Space Observatory. A steep rise of excitation and a decrease of metallicity with galactocentric radius is observed. The change of excitation is too strong for being a metallicity effect alone and must be largely due to a change of the average effective temperature of the exciting stars. We find a good correlation between the excitations observed in the Neon and Argon fine-structure lines. The observed correlation is well reproduced by nebular models which incorporate new generation NLTE model stellar atmospheres with winds for the photoionizing stars. Similarly, the nebular [NeIII] emission can be accounted for. The good fit between HII regions and models supports our previous modelling of starburst galaxies that is based on the same ingredients.

Staubhüllen um Wolf-Rayet Sterne / Dust Envelopes around Wolf-Rayet Stars

Einige der heißen Wolf-Rayet Sterne aus der Kohlenstoff-Unterklasse sind als besonders starke Staubproduzenten bekannt. Aber noch immer ist ungeklärt, wie der Staub in solch einer feindlichen Umgebung entstehen und überleben kann. Mit Infrarotbeobachtungen am Gemini-Nord-Teleskop, dem CFHT- und dem NASA-IRTF-Teleskop haben wir eine relativ kalte, ausgedehnte Staubhülle um den Stern WR 112 (Abb. 2-23) entdeckt. Die Staubhülle besitzt mehrere Bögen, und hat sich wahrscheinlich in einer Zone gebildet, in der die Winde eines langperiodischen Doppelsternsystems aufeinanderstoßen. Mit unseren Beobachtungen konnten wir nun die Bahnparameter des Doppelsternsystems, und die Verteilung und Temperatur des Staubs messen. Demnach besteht der Staub hauptsächlich aus amorphem Kohlenstoff, so wie es auch frühere Schätzungen und theoretische Voraussagen erwarten ließen. Aber mit einer typischen Größe von 1 µm sind die Staubkörner viel größer, als die Theorie voraussagt. Die Staubentstehungsrate ist ungefähr 5.2 10-8 M(sol) pro Jahr, die gesamte Staubmasse ungefähr 2.8 10-5 M(sol). Davon werden circa 20 % überleben, und das Interstellare Medium anreichern.

Some hot massive population I Wolf-Rayet stars of the Carbon subclass are known to be prolific dust producers. How dust can form and survive in such a hostile environment remains a mystery. Using mid-IR observations from the Gemini North telescope, supplemented by near-IR images acquired at CFHT and the NASA IRTF, we have discovered a relatively cool, extended dust envelope around the star WR 112 (Fig. 2-23). The dust envelope exhibits multiple arcs and was most likely formed in the wind-wind collision zone in a long-period binary system. From the observations we derive the binary orbital parameters, the dust temperature and the dust mass distributions in the envelope. We find that amorphous carbon is the main constituent of the dust, in agreement with earlier estimates and theoretical predictions. However, the characteristic size of the dust grains is estimated to be about 1 µm, significantly larger than the theoretical limits. The dust production rate is about 5.2 10-8 M(sol) per year and the total dust mass is found to be about 2.8 10-5 M(sol), of which approximately 20% may survive to enrich the ISM.


Abb. 2-23: Falsch-Farben-Bild von WR 112, erzeugt durch logarithmische Skalierung, Normalisierung und Kombination von separaten Bildern bei 7.9 (blau), 12.5 (grün), and 18.2 (rot) µm. Die Mehrfachbögen in der ausgedehnten Staubhülle sind klar sichtbar. Der Ausschnitt zeigt die Punktbildfunktion auf derselben Skala.

Fig. 2-23: False colour image of WR 112, produced by log scaling, normalizing, and combining separate images at 7.9 (blue), 12.5 (green), and 18.2 (red) µm. The multiple arcs present in the extended dust envelope are clearly evident. The inset shows the point-spread function on the same scale.


Staubstreuhalos / Dust Scattering Halos

Die Wechselwirkung von Röntgenstrahlung mit interstellarem Staub führt zu Kleinwinkel-Streuung und damit zur Ausbildung von Streuhalos um helle, weit entfernte Röntgenquellen. Die Analyse dieser Halos erlaubt eine ganze Reihe von Rückschlüssen auf die physikalische und chemische Beschaffenheit der interstellaren Staubkörner. Für letztere wird allerdings eine gute Energieauflösung benötigt, so wie es die Röntgenobservatorien Chandra und XMM-Newton besitzen. Als zusätzliche Information standen uns für die Quelle GX 5-1 auch Chandra Gitterspektren zur Verfügung, aus denen wir erstmalig Absorptionskanten von z.B. interstellarem Magnesium herausfiltern konnten. Eine weitere Aktivität galt der Frage, inwieweit die bisherigen, vereinfachten Streutheorien anwendbar sind.

The interaction of X-rays with interstellar dust leads to small angle scattering. Distant X-ray sources behind sufficient dust columns are therefore surrounded by halos of scattered radiation. The analysis of those halos provides useful information about the physical state and the chemical composition of interstellar dust grains. For the latter, however, good energy resolution is needed. Chandra and XMM-Newton, the new X-ray observatories, possess such resolution. Additionally, Chandra observations of GX 5-1 combined simultaneous imaging and grating spectroscopy data. For the first time we could measure absorption edges due to e.g. interstellar magnesium. Also we have tried to assess the validity of commonly used but simplified scattering theories.

Gestreute Strahlung legt aus einfachen geometrischen Gründen einen weiteren Weg zurück. Helligkeitsschwankungen erscheinen im Halo daher entsprechend verzögert. Bereits letztes Jahr gelang es uns erstmalig, mit Hilfe dieses Effekts die geometrische Entfernung von Cyg X‑3 zu bestimmen. Durch die Analyse weiterer Beobachtungsdaten gelang es nun, die Entfernung genauer zu messen; sie beträgt 8.4 ± 0.6 kpc.

Scattered radiation travels a longer path than the direct light; any intensity variations of the X-ray source appear to be delayed in the scattering halo. Already in 2000 we succeeded for the first time to utilize this effect for a geometrical distance determination of Cyg X‑3. With the analysis of additional data we could improve our first result substantially: the distance of Cyg X-3 is now 8.4 ± 0.6 kpc.

Supernova-Überreste / Supernova Remnants

Nach einer Supernova-Explosion wird ein Großteil der im Sterninneren fusionierten Materie beobachtbar. Damit werden die physikalischen Bedingungen vor und in der Explosion, außerdem durch die Wechselwirkung der Explosionswelle mit umgebender Materie der Sternwind des Vorläufersterns und das interstellare Medium erschlossen. Je nach Alter des Supernova-Überrests werden damit räumliche Bereiche von einigen 1013 cm bis hin zu 300 Lichtjahren erfasst.

After a supernova explosion the majority of matter created by fusion in the stellar interior becomes visible. In this way the physical conditions before and in the explosion can be studied as well as the stellar wind properties of the progenitor star and the circumstellar medium by the interaction with the explosion wave. Depending on the age of the supernova remnant the environment from a few 1013 cm out to distances of up to 300 light years is accessible.


Abb. 2-24: EPIC-pn Röntgenspektrum der Supernova SN 1987A. Die Datenpunkte sind in grün und das daran angepasste Modell ist in rot wiedergegeben. Das Modell enthält sowohl eine thermische als auch eine nicht-thermische (zur Anpassung bei hohen Energien) Komponente. Die Abweichungen zwischen Daten und Modell sind unten dargestellt.

Fig. 2-24: EPIC-pn X-ray spectrum of the supernova SN 1987A. Data points are in green and the fitted model is shown in red. The model contains a thermal and a non-thermal (to reproduce the spectrum at high energies) component. The deviations between data and model are shown in the lower panel.


Abbildung 2-24 zeigt das mit der EPIC pn-Kamera aufgenommene Röntgenspektrum der Supernova SN1987A, dessen Analyse die erwarteten Häufigkeiten der chemischen Elemente ergibt, mit Ausnahme von Silizium, Schwefel und Eisen. Die Überhäufigkeiten von Silizium und Schwefel sind mit gegenwärtigen Explosionsmodellen nicht erklärbar; möglicherweise hatte der Vorläuferstern seine obere C-N-O-reiche Hülle vorzeitig ausgestoßen. Eisen kann in den XMM-Newton Röntgenspektren nicht nachgewiesen werden. Dies stellt ebenfalls die Explosionsmodelle in Frage, die zur Erklärung der frühen optischen Lichtkurve eine Materialdurchmischung im explodierenden Stern aus dem tieferen Inneren, d.h. von Nickel und Eisen, in die oberen Schichten erfordern. Neben der thermischen Komponente zeichnet sich im Spektrum im Bereich oberhalb von etwa 3 keV eine nicht-thermische Emission ab, die als Synchrotronstrahlung relativistischer Elektronen, als Bremsstrahlung nicht-thermischer Elektronen, oder alternativ als Strahlung des vermuteten zentralen Pulsars gedeutet werden kann. Die gegenüber den Erwartungen geringere Eisenhäufigkeit reduziert die Opazität im Röntgenbereich entsprechend, so dass der Pulsar erheblich früher als erwartet im Röntgenbereich sichtbar werden könnte.

Figure 2-24 shows the X-ray spectrum of the supernova SN 1987A taken with the EPIC pn camera. The spectral analysis indicates elemental abundances as expected with the exception of silicon, sulphur and iron. The overabundances of silicon and sulphur cannot be explained by current explosion models; maybe the progenitor star had expelled the upper C-N-O rich layers early before the explosion. Iron could not be found in the XMM-Newton spectra. This result is again in conflict with explosion models, which require matter from the deep nickel and iron layers to rise to the top layers during the explosion in order to explain the early optical lightcurve. In addition to the thermal component non-thermal emission shows up at energies above about 3 keV, which can be interpreted as synchrotron radiation of relativistic electrons, as bremsstrahlung of non-thermal electrons or alternatively as radiation of the putative central pulsar. The unexpectedly low abundance of iron reduces the X-ray opacity to values much lower than initially anticipated so that the pulsar could become visible in X-rays, also much earlier than expected.

Während die Lichtkurve von SN 1987A mit zunehmender Zeit wächst, nimmt sie für die Supernova SN 1993J in der relativ nahe gelegenen Galaxie M81 mit der Zeit ab. Sie wurde mit ROSAT immer wieder in Abständen von einem halben Jahr über einen Zeitraum von sechs Tagen bis zu fünf Jahren nach der Explosion beobachtet. Aus der relativ langsamen Abnahme mit der Zeit (~t-0.27) wird geschlossen, dass das Materiedichteprofil des stellaren Windes des Vorläufersterns nicht quadratisch mit der Entfernung abnimmt, und dass die Massenverlustrate des Vorläufersterns beträchtlich zurückgegangen ist je näher die Explosion rückte. Wahrscheinlich hängt dies mit der Entwicklung von einem Roten Überriesen zu einem Blauen Überriesen zusammen.

In contrast to the lightcurve of SN 1987A, which rises in time, the lightcurve of the supernova SN 1993J in the relatively close-by galaxy M81 decays with time. SN 1993J was monitored with ROSAT in time steps of typically half a year covering the time from six days up to five years after the explosion. Based on the relatively slow decrease with time as ~t-0.27 it is concluded that the matter density profile of the stellar wind of the progenitor star does not fall off with the square of the distance and that the mass loss rate of the progenitor star was significantly slowing down with the explosion approaching. Probably the change is related to an evolution from a red supergiant to a blue supergiant.


Abb. 2-25: EPIC-pn Röntgenbilder des Tycho Supernova-Überrests in Magnesium-, Silizium-, Schwefel- und Eisenlinien. Die kleinste radiale Ausdehnung weist der Ring der Eisen-K-Emission auf (rechts unten). Linienemission der Elemente Schwefel (links unten) und Silizium (rechts oben) findet sich bei größeren Radien. Der radiale Verlauf der Elementverteilung wird durch einen schmalen Ring von Magnesium-K-Linienemission (links oben) begrenzt.

Fig. 2-25: EPIC-pn X-ray images of the Tycho supernova remnant in the light of the emission lines of magnesium, silicon, sulphur and iron. The smallest radial extent has the ring of iron K-line emission (lower right). Line emission of sulphur (lower left) and silicon (upper right) is found at larger radii. The end of the radial order of the element distribution is reached with a thin ring of magnesium K-line emission (upper left).


Die Röntgenstrahlung vom Überrest Tycho rührt vornehmlich von der Sternmaterie her, die durch die einwärts laufende Stoßwelle aufgeheizt wird. Mit XMM-Newton wurde u.a. die radiale Ausdehnung der Röntgenemission von Magnesium, Silizium, Schwefel und Eisen untersucht (Abb. 2-25). Abgesehen von den kleinen Emissionsknoten im Südosten zeigt sich insbesondere in der Westhälfte eine radial gestaffelte Abfolge der Elemente. Während die einzelnen Knoten im Südosten mit ihren stark unterschiedlichen Elementhäufigkeiten auf eine Fragmentierung der stellaren Elementschalen deuten, wird in der westlichen Hälfte eine weitgehend intakte Abfolge von Elementschalen ohne Tiefendurchmischung beobachtet. Diese Befunde stimmen qualitativ mit den Modellaussagen über die Explosion eines Weißen Zwerges durch Kohlenstoff-Abbrand (Supernova Typ Ia) überein.

X-rays from the Tycho remnant are created predominantly from the progenitor stellar matter, which has been heated by a reverse shock wave. With XMM-Newton the radial size of the regions emitting X-ray lines of magnesium, silicon, sulphur and iron were studied (Fig. 2-25). Apart from a few small emission knots in the south-east the distribution of the elements appears to be stacked in a regular manner in particular in the western half. Whereas the individual knots in the south-east show highly differing elemental abundances, which indicates a fragmentation of the elemental layers of the progenitor, a regular sequence of the elements with an almost perfect confinement in individual shells without radial layer mixing is observed in the Western half. This latter observation is qualitatively in agreement with the predictions of the model explaining the explosion by carbon deflagration of a white dwarf (supernova type Ia).

Für Supernovae des Typs Ia ist die Menge an erzeugtem 56Ni ein wichtiger und nur ungenau bekannter Parameter der Modelle. Hier hatte COMPTEL mit dem Supernovaausbruch SN1998bu in der Galaxie M96 eine vielversprechende Chance: Die Nicht-Beobachtung der nach den meisten Modellen zu erwartenden Gammalinien vom 56Co-Zerfall widerspricht zumindest den Modellen deutlich, die die Supernova von einer auf dem Weißen Zwergstern aufgesammelten Helium-Schicht ausgehend erklären wollen.

An important but not well-known parameter of supernova type Ia explosion models is the amount of 56Ni. A promising observational opportunity was offered to COMPTEL when the supernova SN1998bu in the galaxy M96 went off. The non-detection of gamma-ray lines of 56Co is in contrast with most models, especially those which explain the supernova as an explosion triggered by the helium layer accumulated on a white dwarf.
In der ROSAT Himmelsdurchmusterung wurden zum ersten Mal außerhalb der eigentlichen Berandung des Vela Supernova-Überrestes in Entfernungen von bis zu 1.5° sieben ausgedehnte, projektilartige Röntgenemissionsgebiete entdeckt, die als Fragmente des explodierten Sterns gedeutet wurden. Mit fortschreitender Abbremsung der Explosionswelle haben diese Fragmente die Explosionsfront überholt und befinden sich jetzt außerhalb. Sie werden durch Stoßwellenheizung auf Röntgentemperaturen gebracht. Das erste hochaufgelöste Bild eines Fragments wurde mit Chandra aufgenommen (Abb. 2-26). Im Röntgenspektrum ergibt die besonders starke Linie hochionisierten Siliziums ein Häufigkeitsverhältnis von Silizium zu Sauerstoff neunfach solar. Der zehnfach größere Plasmadruck im Kopf des Fragments im Vergleich zur Schwanzregion ist nicht durch ein einfaches Stoßwellenmodell zu erklären, wie es für die Entwicklung von Supernova-Überresten typisch ist. Diese Befunde belegen, dass es sich bei dem Fragment A in der Tat um ein Fragment aus dem Vorläuferstern der Vela Supernova handelt.

In the ROSAT all-sky survey seven extended, shrapnel-like X-ray emitting regions were for the first time discovered outside of the general boundary of the Vela supernova remnant, off-set by distances up to 1.5°, which were interpreted as fragments of the exploded star. With increasing deceleration of the explosion wave the fragments approached and finally passed the explosion front and are now moving in front of it. The fragments are heated to X-ray temperatures by shock waves. The first spatially well-resolved image of one fragment was obtained with Chandra (Fig. 2-26). From the very prominent emission line of highly ionized silicon in the X-ray spectrum the abundance of silicon to oxygen turns out to be nine times solar. The plasma pressure is ten times higher in the head of the fragment than in the tail, which cannot be explained by simple shock wave models typically used to describe the evolution of supernova remnants. Altogether, the observations strongly support the interpretation of fragment A being indeed a fragment of the progenitor star of the Vela supernova.


Abb. 2-26: Chandra ACIS Röntgenbild des Vela Fragments A. Das hochaufgelöste Bild zeigt einen ausgeprägten hellen Kopf sowie einen erheblich schwächer leuchtenden Schwanz. Die kleinen Kreise umranden individuelle, nicht assoziierte Punktquellen.

Fig. 2-26: Chandra ACIS X-ray image of the Vela fragment A. The well-resolved image shows a bright head and a significantly fainter tail. The small circles enclose individual point sources not associated with the fragment.

Abb. 2-27: EPIC-MOS1 Röntgenbild der Nordregion des SNR RXJ0852.0-04622, in dem zum ersten Mal filamentartige Strukturen in der Stoßfront sichtbar werden.

Fig. 2-27: EPIC-MOS1 X-ray image of the northern section of the SNR RXJ0852.0-04622, which reveals for the first time filamentary structure in the shock front region.


Ebenfalls in der ROSAT Durchmusterung wurde im Südosten des Vela Supernova-Überrests ein bis damals unbekannter Supernova-Überrest von 2° Durchmesser, RXJ0852.0-04622, entdeckt. Aus dieser Richtung wurde mit dem Compton-Teleskop auf dem CGRO auch Gammalinienemission des radioaktiven 44Ti gemessen. Aus den Röntgen- und den 44Ti-Daten wurde auf ein Alter von etwa 700 Jahren und eine Entfernung von etwa 200 pc geschlossen. Anschließende Messungen mit ASCA zeigten allerdings, dass das Spektrum nicht thermisch war, sondern eher durch ein relativ stark absorbiertes Potenzgesetz wiedergegeben wird. Damit läge RXJ0852.0-04622 in einer deutlich größeren Entfernung als der Vela Supernova-Überrest mit 250 pc. Mit XMM-Newton wurden drei Beobachtungen von RXJ0852.0-04622 durchgeführt (Abb. 2-27). Die in den ASCA Spektren angedeutete Linie bei 4.1 keV, die den Zerfallsprodukten von 44Ti, d.h. Kalzium und Skandium zugeordnet werden kann, ist in den EPIC Spektren zu erkennen, wenn auch schwach. An der zwischenzeitlich mit Chandra sehr genau lokalisierten Punktquelle im Zentrum von RXJ0852.0-04622 gibt es keine Radioquelle und auch keine optische Quelle, so dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um den zugehörigen Neutronenstern des Supernova-Überrests RXJ0852.0-04622 handelt.

Also in the ROSAT survey a new, previously unknown supernova remnant with a diameter of 2°, RXJ0852.0-04622, was discovered in the south-east of the Vela supenova remnant. From this direction gamma-ray line emission of radioactive 44Ti was measured with the Compton telescope onboard of CGRO. Combining the X-ray and 44Ti data an age of about 700 years and a distance of about 200 pc were derived. But subsequent measurements with ASCA showed that the spectrum was not thermal but was better represented by a power law and relatively high absorption, so that RXJ0852.0-04622 would be at a distance significantly larger than 250 pc, the distance to the Vela supernova remnant. With XMM-Newton three observations of RXJ0852.0-04622 were carried out (Fig. 2-27). The X-ray line at 4.1 keV, which is marginally visible in the ASCA spectrum, and which could be associated with the decay products of 44Ti, i.e. calcium and scandium, can be seen in the EPIC spectra but at a low level of significance. The point source in the center of RXJ0852.0-04622, the position of which was precisely determined by Chandra, has no radio and no optical counterpart. Hence, the central source is most likely the neutron star associated with RXJ0852.0-04622.


Abb. 2-28: EPIC-pn Echtfarbenröntgenbild eines Ausschnitts aus der Großen Magellanschen Wolke. Während die Mehrheit der Objekte bereits vor XMM-Newton bekannt war, zeigt sich links oben (roter Pfeil) ein neuer Supernova-Überrest.

Fig. 2-28: EPIC-pn true colour X-ray image of a section of the Large Magellanic Cloud. Whereas the majority of the objects were known before XMM-Newton, a new supernova remnant shows up in the upper left (red arrow).


Abbildung 2-28 zeigt das Echtfarbenröntgenbild einer tiefen Belichtung mit der EPIC-pn Kamera auf einen Ausschnitt in der Großen Magellanschen Wolke. Neben einer Reihe von Punktquellen ist auch ein ausgedehntes Objekt im Nordosten zu erkennen. Das thermische Spektrum mit einer Temperatur von etwa 6 Millionen Grad ist für Supernova-Überreste mittleren Alters typisch; zweifelsfrei handelt es sich um einen neuen Überrest. Dies illustriert die Möglichkeiten von XMM-Newton, aufgrund seiner spektralen Bandbreite Supernova-Überreste ausschließlich durch ihr Spektrum zu identifizieren.

Figure 2-28 shows the true colour image of a deep exposure of a section of the Large Magellanic Cloud taken with the EPIC-pn camera. In addition to numerous point-like sources an extended object shows up in the north-east. The thermal spectrum with a temperature of about 6 million degrees is typical for middle-aged supernova remnants, and undoubtedly it is a previously unknown new remnant. This illustrates the capability of XMM-Newton to identify supernova remnants just by their spectrum, given the spectral bandwidth of the instruments.

Radioaktive Ejekta von Sternassoziationen / Radioactive Ejecta from Stellar Associations

Sternwinde, Novae und Supernovae reichern das interstellare Medium mit neu erzeugten Elementen aus Nukleosyntheseprozessen an. Die charakteristische Gamma-Linien-Emission aus darin auch enthaltenen radioaktiven Isotopen spiegelt daher Nukleosynthese-Quellen direkt wider, auf der Zeitskala der radioaktiven Halbwertszeit. Die COMPTEL Himmelsdurchmusterung hat eine Grundlage für detaillierte Studien von 26Al Nukleosynthese in nahen Sternbildungsregionen ergeben, mit der wir die Entwicklung massereicher Sterne und ihre Wechselwirkung mit dem interstellaren Medium untersuchen.

Stellar winds, novae and supernovae recycle products of nucleosynthesis with traces of radioactive isotopes into the interstellar medium. Characteristic gamma-ray line emission reflects such sources of nucleosynthesis on time scales of the respective radioactive decay. The COMPTEL sky survey data are our base for a detailed study of 26Al nucleosynthesis in nearby star forming regions, addressing massive star evolution and interaction with the interstellar medium.

In der Cygnus-Region vergleichen wir unser neu entwickeltes Populations-Synthese-Modell der massereichen Sterne mit den 26Al Messungen und astronomischen Kenntnissen der Sterne und des interstellaren Gases der Region (Abb. 2-29 zeigt die Nukleosynthese-Entwicklung; außerdem modellieren wir kinetische Energie aus Winden und Supernovae, sowie ionisierende Strahlung). Daraus ergibt sich, dass entweder die OB Assoziationen der Region doch sternreicher sind als uns die hinter Gaswolken sichtbaren Sterne anzeigen, oder die Nukleosynthese-Modelle massereicher Sterne systematisch zu wenig 26Al voraussagen. In jedem Fall stellen wir auch fest, dass die Cygnus OB2 Assoziation der wohl mächtigste junge Sternhaufen der gesamten Galaxis ist. Zudem erscheint die räumliche Verteilung von 26Al ausgedehnt im weiteren Umfeld der Sternassoziationen: innerhalb der Zerfallszeit von 1 Million Jahre wurden Nukleosynthese-Produkte offenbar weiträumig verteilt. Dies deutet auf eine poröse Struktur des dortigen interstellaren Mediums hin.

In the Cygnus region, we compare our newly-developed population synthesis model for OB associations with the 26Al measurements and astronomical knowledge of the stars and gas in the region (Fig. 2-29, showing the predicted evolution of radioactive isotope production from nucleosynthesis; we also model ionization power and injection of kinetic energy by stellar winds and supernovae, from stellar census and evolution). We find that either the stellar census is less complete than previously assumed, and OB associations are more massive, or the nuclear yields in 26Al from massive stars are systematically too low. Furthermore, we confirm the exceptional nature of Cygnus OB2 as probably the richest young cluster in the Galaxy. The more diffuse appearance of our 26Al map, compared to locations of the stellar associations, suggests that ejecta from winds and supernovae obtain larger spatial spreads than expected if the ISM were rather homogeneous, and may suggest the existence of significant porosity in the interstellar medium of this region.


Abb. 2-29: 26Al Produktionsverlauf einer Sternassoziation, wie er sich aus unserer Populations-Synthese einer Assoziation von 100 massereichen Sternen ergibt. Wolf-Rayet Sterne erzeugen ein Maximum 3.5 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sternhaufens, Supernovae sind für den Anteil jenseits etwa 6 Millionen Jahren verantwortlich. Die Schattierung verdeutlicht den stochastischen Unsicherheitsbereich der Modellrechnung.

Fig. 2-29: 26Al production history for a stellar association, obtained from our population synthesis modelling of a group of 100 massive stars. The first maximum 3.5 million years after formation of the stars is the result of Wolf-Rayet stars, while core-collapse supernovae produce the bulk of the 26Al beyond 6 million years. The stochastic uncertainty range of the model predictions is indicated by the shading.


Abb. 2-30: 26Al Emission von der Orion/Eridanus Region. Die Orion OB 1 Assoziation bei (l,b)=(195,/-12°) liegt südlich vor massereichen Molekülwolken, der Eridanus-Hohlraum erstreckt sich von dort bis zu südlichen Breiten von -50°.

Fig. 2-30: 26Al emission from the Orion/Eridanus region. The Orion OB 1 association at (l,b)=(195,/-12°) is located south of the massive molecular clouds, the Eridanus cavity extends from there down to latitudes of -50°.


Eine besonders auffällige Hohlraumstruktur in Sonnennähe stellt die Eridanus-Blase dar, die sich von den Molekülwolken der Orion-Region zu uns her einige 100 pc weit ausdehnt. Am Rand der Orion Molekülwolken befindet sich mit der Orion OB1 Sternassoziation eine aktive Nukleosynthese-Quelle. COMPTEL Daten zeigen ausgedehnte 26Al Emission aus dieser Region; deren Struktur folgt dem Eridanus-Hohlraum, der wohl von Sternwinden und Supernovae der Orion Region vor 6 Millionen Jahren gebildet wurde. Das in den letzten Millionen Jahren ausgestossene 26Al wird damit in den Hohlraum geleitet, wo es abseits der Quelle der OB1 Assoziation beobachtet wird (Abb. 2-30).

One of the most prominent cavities near the sun is the Eridanus bubble, extending from the Orion region molecular clouds several 100 pc towards the sun. At the molecular-cloud edge, the Orion OB1 association constitutes an active source of nucleosynthesis products; COMPTEL detects extended emission from radioactive 26Al. The extent of the observed feature follows the Eridanus cavity, which has probably been created by Orion star-action 6 million years ago. Radioactive material ejected in the past million years by presently existing massive star groups would be channeled towards this cavity, explaining the observed offset of the feature from the OB1 association (Fig. 2-30).


Die Lokale Blase / The Local Bubble

Unser Sonnensystem ist in eine Region niedriger HI-Säulendichte eingebettet, die intensiv im weichen Röntgenbereich emittiert. Es wurde bisher angenommen, dass diese sog. Lokale Blase für den Hauptteil der Röntgenhintergrund-Strahlung im =BC keV-Band verantwortlich ist und daher durch ein thermisches Plasma im Ionisationsgleichgewicht mit einer Temperatur von 106 K erklärt werden kann, wobei Emission bei höheren Energien bislang meist ausgeschlossen wurde (aber vgl. dazu Jahresbericht 2000). Wir haben im Rahmen des garantierten XMM-Beobachtungsprogramms ein Projekt begonnen, das der Aufklärung der dreidimensionalen Struktur der Lokalen Blase und des Galaktischen Halos, sowie deren spektraler Zusammensetzung dient. Das Hauptproblem besteht in der Trennung zwischen nahem und fernem galaktischen, sowie dem extragalaktischen Anteil an diffuser Strahlung. Wir sind daher methodisch wie folgt vorgegangen: (i) wir haben absorbierende Wolken als Targets gewählt, deren Entfernung und Säulendichte aus Sternabsorptions- bzw. Radio- und Infrarotmessungen möglichst genau bekannt sind; (ii) es wurden Targets beobachtet, die sowohl in verschiedenen Richtungen, als auch in verschiedenen Entfernungen liegen (um nicht nur Aufschluss über die Emission in der Lokalen Blase, sondern auch über den Galaktischen Halo zu erhalten); (iii) wir haben meist mehrere Pointierungen über die Wolken gelegt, um aufgrund des Gradienten in der absorbierenden Säulendichte zusätzlich Information über die spektrale Zusammensetzung der Hintergrund-Emission zu gewinnen. Im Rahmen dieses Programms wurden bis jetzt folgende Targets beobachtet: MBM12, North Galactic Pole Rift, G133-69 und die Ophiuchus-Wolke, die bei niedrigen galaktischen Breiten liegt, als Sternentstehungsregion bekannt ist und mit einer Entfernung von etwa 150 pc in Richtung Galaktisches Zentrum liegt.


Our solar system is embedded in a region of low HI column density, radiating copiously in soft X-rays. The standard interpretation for this so-called Local Bubble has been a 106 K thermal plasma in collisional ionization equilibrium. The Local Bubble is assumed to be responsible for the major fraction of the =BC keV band emission, generally excluding local emission at higher energies (but see annual report 2000). We have started a project within the XMM Guaranteed Time Program, which is dedicated to disentangle the three-dimensional structure of the Local Bubble and the Galactic Halo and deriving its spectral properties. The major problem lies in the separation of the local and distant Galactic as well as the extragalactic contributions to the diffuse X-ray emission. We have therefore adopted the following methodology: (i) we have chosen as targets absorbing clouds at fairly well-known distances and column densities, using stellar absorption line studies and infrared/radio observations, respectively; (ii) targets at different directions and distances have been observed to separate emission from the Local Bubble and the Galactic halo; (iii) in most cases several pointings across the cloud have been used to deduce spectral features of the fore- and background emission due to a gradient in the column density. As key objects of this program, we have so far observed the following targets: MBM12, North Galactic Pole Rift, G133-69 and the Ophiuchus molecular cloud; the latter is located at low Galactic latitudes and is a well-known star forming region at a distance of 150 pc in direction of the Galactic Center.
Abb. 2-31: Aufnahme der Ophiuchus-Wolke mit der XMM EPIC-pn Kamera im Energiebereich 0.7 - 1.3 keV. Der obere Teil des Bildes zeigt einen tiefen Schatten im Röntgenlicht, der sehr gut mit den darübergelegten IRAS 100µm-Konturlinien (weiß) korreliert; die Farbskala gibt die Röntgenintensität wieder (mit weiß als Maximum), die Konturlinienniveaus steigen von links unten nach rechts oben an.

Fig. 2-31: XMM EPIC-pn camera image of the Ophiuchus cloud in the energy range 0.7 - 1.3 keV. The upper half of the figure shows a deep X-ray shadow, which correlates very well with the overlaid IRAS 100µ>m contours (white); the color scale represents the X-ray intensity with white as the maximum, the contour line levels increase from the lower left to the upper right.


Die absorbierende Säulendichte besteht aus bis zu 1022 cm-2 H-Atomen, so dass Strahlung aus dem Hintergrund bis zu 1 keV effizient abgeblockt wird. Dies zeigt sich sehr schön als tiefer Schatten im diffusen Röntgenlicht, der sehr gut mit den IRAS 100 mm-Daten korreliert ist (Abb. 2-31). Eine Analyse der spektralen Zusammensetzung der Vorder- und Hintergrundstrahlung (Abb. 2-32) zeigt deutlich, dass der größte Teil der Emission bei 0.3 keV (vermutlich unaufgelöste Kohlenstofflinien) aus dem Vordergrund stammt; darüber hinaus gibt es jedoch auch einen signifikanten lokalen Anteil an Sauerstofflinien (OVII und OVIII) zwischen 0.5 und 0.7 keV, die man nach dem klassischen Modell der Lokalen Blase nicht erwartet hätte, ebenso wenig wie Linien (wahrscheinlich Eisen) zwischen 0.7-0.9 keV.

The absorbing column density contains up to 1022 cm-2 H atoms, efficiently blocking out background radiation up to 1 keV. This is demonstrated nicely by a deep shadow in diffuse X-rays, which correlates very well with the IRAS 100 mm contours (Fig. 2-31). Our analysis of the spectral composition of the fore- and background radiation (Fig. 2-32) shows convincingly that the major fraction of the emission below 0.3 keV (most likely unresolved carbon lines) is generated in the foreground. In addition we observe a significant local fraction of oxygen lines (OVII and OVIII) between 0.5 and 0.7 keV, as well as lines between 0.7-0.9 keV (probably iron), which are not expected to arise according to the classical Local Bubble model.

Dieser Befund ergibt zum ersten Mal einen starken Hinweis dafür, dass sich das Gas in der Lokalen Blase nicht, wie bisher angenommen, im Stoßionisationsgleichgewicht befindet. Ein geringer Anteil der Vordergrundemission wird von der nahegelegenen Loop I Blase abgestrahlt. Wie jedoch aus Abb. 2-32 hervorgeht, zeigt das "Off-Cloud"-Spektrum deutliche Eisenlinien, die im "On-Cloud"-Spektrum fehlen, d.h. die Anregungstemperatur in der aktiven Superblase Loop I muss deutlich höher sein als in der Lokalen Blase.

For the first time our results give strong observational evidence that the gas inside the Local Bubble is not in collisional ionization equilibrium, in disagreement with the classical picture. A small fraction of the foreground emission stems from the nearby Loop I Bubble. However, Fig. 2-32 shows that the off-cloud spectrum contains iron lines, which are absent in the on-cloud spectrum. Therefore the excitation temperature in the active Loop I superbubble must be significantly higher than in the Local Bubble.


Abb. 2-32: XMM EPIC-pn Spektren des weichen Röntgenhintergrundes in Richtung der Ophiuchus-Wolke: "on-cloud" (rot), "off-cloud" (schwarz). Es sind deutlich Emissionslinienkomplexe bei 0.3 keV, sowie bei 0.5-0.7 und bei 0.9 keV zu erkennen. Im Gegensatz zu on-cloud enthält die off-cloud-Beobachtung einen erheblichen Emissionsanteil aus der umgebenden Loop I Superblase.

Fig. 2-32: XMM EPIC-pn spectra of the soft X-ray background towards the Ophiuchus cloud: on-cloud (red), off-cloud (black). Emission line complexes at 0.3, 0.5-0.7 and 0.9 keV are clearly distinguishable. In contrast to on-cloud, the off-cloud observation contains significant emission from the ambient Loop I superbubble.


Die Molekülwolke MBM 12 (bei mittlerer galaktischer Breite) liegt sehr wahrscheinlich innerhalb der Lokalen Blase und absorbiert Strahlung bis 0.5 keV aus dem Hintergrund. Auch hier tritt wieder deutlich Emission im Bereich der Kohlenstoff- und Sauerstofflinien hervor, so dass man aufgrund der völlig unterschiedlichen Richtung verglichen zu Ophiuchus folgern kann, dass diese spektralen Merkmale charakteristisch für die Lokale Blase sein sollten.

The MBM 12 molecular cloud (at medium Galactic latitudes) is most probably located inside the Local Bubble and absorbs background radiation up to 0.5 keV. Again, we have clearly detected emission in the energy range of carbon and oxygen lines. Therefore we conclude that these spectral features must be characteristic for the Local Bubble since Ophiuchus and MBM12 are located at entirely different directions.


Galaktischer Halo / The Galactic Halo

Bereits vor zehn Jahren haben Wissenschaftler an unserem Institut durch Wolkenabschattungs-Beobachtungen mit dem ROSAT-PSPC-Instrument gezeigt, dass ein erheblicher Teil der Emission im weichen Röntgenhintergrund zwischen 0.3-1 keV auch aus dem Galaktischen Halo der Milchstrasse stammt. Unsere Targets, die Wolken NGP Rift und G133-69, liegen bei hohen galaktischen Breiten, allerdings in verschiedenen Hemisphären. Die spektrale Analyse hat jedoch in beiden Fällen wieder einen signifikanten Anteil an O-Linien im Energiebereich 0.5-0.7 keV und im Falle von G133-69 auch von nicht aufgelösten C-Linien bei 0.3 keV ergeben. Die bislang nicht erwartete Ähnlichkeit der Spektren aus Lokaler Blase und Halo legt nahe, dass heißes lokales Gas in den Halo ausströmt und die Lokale Blase, möglicherweise in Richtung Nordgalaktischem Pol offen ist, d.h. einen sog. lokalen "Chimney" darstellt. Um diese Vermutung zu erhärten, benötigen wir allerdings weitere Beobachtungen von geeigneten Targets.

10 years ago, scientists at our institute showed by cloud shadowing experiments with the ROSAT PSPC instrument that a significant fraction of the soft X-ray background between 0.3-1 keV can be attributed to the Galactic halo. Our target clouds NGP Rift and G133-69 are both located at high Galactic latitudes but in different hemispheres. Now, new spectral analysis has shown in both cases a significant fraction of oxygen lines in the energy range 0.5-0.7 keV and for G133-69 unresolved carbon lines at 0.3 keV. The unexpected similarity of the spectra derived for the Local Bubble and the Galactic halo suggests that hot local gas is flowing from the Local Bubble into the Galactic halo. A possible explanation could be that the Local Bubble is open towards the North Galactic Pole, thus representing a local "chimney". However, more suitable targets are needed to substantiate this idea.


Hochenergie-Strahlung der Galaktischen Scheibe / Hard X-Ray Emission from the Galactic Ridge

Intensive Strahlung hoher Energie wurde von der Ebene der Galaxis gemessen durch GINGA, OSSE und COMPTEL, ASCA, RXTE, und vor kurzem ebenfalls durch Chandra. Die Analyse der Chandra-Daten hat gezeigt, dass die Emission nicht von Punktquellen stammt (Beitrag höchstens 10%), wodurch frühere ASCA-Ergebnisse bestätigt werden. Es ist deshalb von einem diffusen Ursprung auszugehen. Das ASCA-Spektrum unterhalb 10 keV weist viele Emissionslinien von verschiedenen Elementen auf, so dass eine Interpretation mit heißem Plasma als Ursache naheliegend ist. Es gibt jedoch ernsthafte Probleme mit dieser Erklärung: Aufheizung auf eine scheinbare Temperatur von kT=10 keV, ein wesentlich höherer Druck als der des globalen interstellaren Mediums, Plasmaeinschluss im galaktischen Potential, den benötigten großen Energiebedarf, sowie den glatten Übergang zur härteren nicht-thermischen Röntgen- und Gammastrahlung. Eine alternative Erklärung, die wir untersucht haben, könnte ein suprathermischer Ursprung durch Kosmische Strahlung sein. Die Emissionslinien können dann durch Ladungsaustausch-Reaktionen von suprathermischen schweren Ionen mit interstellarem Gas erzeugt werden. Mögliche Strahlungsmechanismen für das Kontinuum sind Bremsstrahlung von suprathermischen Elektronen, bzw. inverse Bremsstrahlung von suprathermischen Protonen; ein plausibler Entstehungsort für die Teilchenbeschleunigung ist unmittelbar das thermisch weiche, nicht-heiße Plasma des interstellaren Mediums. Die Beschleunigung von Protonen sollte normalerweise die der Elektronen weit übersteigen, allerdings liefern die Obergrenzen nuklearer Anregungsstrahlung von 12C und 16O Gammalinien ein anerkanntes Gegenargument zur Existenz suprathermischer Protonen, wenn die Zusammensetzung der kosmischen Strahlung gleichbleibend ist. Die unmittelbare Beschleunigung aus thermischem Plasma unterdrückt allerdings die Beschleunigung schwererer Nuklide, womit der Konflikt mit den Kernanregungslinien vermieden wird. Energiebilanzargumente sind für Elektronen und Protonen gleich, allerdings erfordert die Protonenhypothese höhere Energiedichten; dies könnte für die Stabilität der galaktischen Gasscheibe problematisch werden. Insgesamt erscheint die Hypothese suprathermischer Elektronen als Strahlungsquelle eher akzeptabel; die Energiequelle bleibt allerdings ungeklärt.


Intense hard X-ray and low-energy gamma-ray emission from the Galactic ridge has been observed by GINGA, OSSE and COMPTEL, ASCA, RXTE, and most recently by Chandra. Analysis of the Chandra data now proves that the emission cannot be attributed to point sources (maximum contribution 10%), confirming the earlier claim based on ASCA observations. It must therefore have a diffuse origin. The ASCA spectrum below 10 keV shows many emission lines from highly-ionized ions of various elements, which motivated interpretations of hot plasma origin. However, there are severe problems: heating to an apparent temperature of kT=10 keV, much higher pressure than global interstellar medium, plasma confinement in the Galactic potential, the required huge energy supply, and the smooth extension to the harder non-thermal X-rays and soft gamma-rays. An alternative possibility is a suprathermal cosmic-ray origin, which we have made the subject of theoretical study. The emission lines can be produced by charge exchange interactions of suprathermal heavy ions with interstellar gas. Possible mechanisms for the continuum emission are bremsstrahlung from suprathermal electrons and inverse bremsstrahlung from suprathermal protons, and a plausible site for the particle acceleration is in situ from the soft ("not hot") thermal plasma of the interstellar medium. Acceleration of protons is normally expected to greatly exceed that of electrons, but a major objection to suprathermal protons is potentially the associated nuclear excitation gamma-ray line emission in 12C and 16O which arises if the composition is similar to cosmic rays; in situ acceleration from the thermal plasma strongly suppresses the heavier nuclei and there is hence no conflict with upper limits on these lines. The energy requirements for emission from electrons and protons are the same, but protons require a much larger energy density which would pose a problem for the stability of the gaseous disk. Thus the suprathermal electron mechanism seems more acceptable, but the source of the energy input remains unexplained.

Kosmische Strahlung / Cosmic Rays

Abb. 2-33: Berechnetes Antiprotonen-Spektrum im Vergleich mit Daten. Das lokale interstellare (LIS) und das sonnenmodulierte Spektrum sind dargestellt.

Fig. 2-33: Computed antiproton spectrum compared with data. The local interstellar (LIS) and the solar-modulated spectra are shown.


Sekundäre Antiprotonen der kosmischen Strahlung erlauben, die Ausbreitung der kosmischen Strahlung in der Galaxie und der Heliosphäre auf empfindliche Weise zu erforschen; auch die Suche nach primärer Antimaterie und Antiprotonen aus dem Zerfall dunkler Materie (z.B. von sog. WIMPS) erfordert eine präzise Berechnung des sekundären Antiprotonenbeitrags. Durch neue Messungen des Antiprotonen-Spektrums wurde die Forderung nach genauen Modellrechnungen bekräftigt. Mit unserem aufwendigen Transport-Code für kosmische Strahlung modellieren wir das Antiproton-Spektrum derart, dass sowohl viele Sekundär/Primär-Isotopenverhältnisse als auch die Effekte von Nachbeschleunigung der kosmischen Strahlung richtig wiedergegeben werden (Abb. 2-33). Das Antiproton-Spektrum wurde mit realitätsnaher Behandlung der Heliosphäre für die unterschiedlichen Sonnenzyklen moduliert. Eine der Schlussfolgerungen ist, dass das beobachtete Antiprotonenspektrum nicht reproduziert wird, wenn erhebliche Nachbeschleunigung der kosmischen Strahlung außerhalb ihrer Quellen angenommen wird; dies erlaubt es, solche Modelle besser einzugrenzen.

Cosmic-ray secondary antiprotons provide a sensitive probe of the propagation of cosmic rays in the Galaxy and heliosphere; in addition the search for primary antimatter and antiprotons from dark matter decay (e.g. annihilation of WIMPS) requires an accurate calculation of the secondary antiproton spectrum. New measurements of antiprotons have increased the need for a careful study. We have used our extensive cosmic-ray propagation code to compute the antiproton spectrum for a model which reproduces many of the standard secondary/primary ratios, including the effects of diffusive reacceleration (Fig. 2-33). The antiproton spectrum was modulated with a realistic heliospheric code for various phases of the solar cycle. One conclusion is that it is difficult to reproduce the antiproton spectrum in a model with a large amount of cosmic ray reacceleration outside the sources, providing severe constraints on such models.

[Aschenbach, Becker, Breitschwerdt, Cerviño, Dennerl, Diehl, Dogiel, Feuchtgruber, Freyberg, Georgii, Grupe, Haberl, Hasinger, Iyudin, Kretschmer, Lutz, Plüschke, Predehl, Schaudel, Schönfelder, Stadlbauer, Strong]

MPE Jahresbericht 2001 / MPE Annual Report 2001


HTML version: 2002-05-24; Helmut Steinle