MPE Jahresbericht 2001 /MPE Annual Report 2001

II

Wissenschaftliche Ergebnisse / Scientific Results


2.5 Komplexe Plasmen / Complex Plasmas

Die hier beschriebenen Arbeiten wurden im Rahmen des "CIPS" (Centre for Interdisciplinary Plasma Science) ausgeführt (siehe auch Kapitel 3.5). The investigations described here were conducted within the "CIPS" (Centre for Interdisciplinary Plasma Science) (see also chapter 3.5).
Komplexe Plasmen sind Mehrkomponenten-Plasmen, die neben Elektronen und Ionen zusätzlich kleine Mikropartikel - Partikel von Mikrometergröße - beinhalten. Diese Partikel werden durch die Wechselwirkung mit den freien Elektronen und Ionen im Plasma aufgeladen und bilden somit eine weitere, durch ihre große Masse (verglichen zu Elektronen und Ionen), dominierende Komponente des Plasmas. Über ihre abgeschirmten Coulomb-Potentiale können die Mikropartikel mit ihren Nachbarn in Wechselwirkung treten und flüssige sowie kristalline Strukturen, die sogenannten Plasmakristalle, bilden. Das Besondere an dieser speziellen Komponente im Plasma ist die dynamische Beobachtbarkeit der einzelnen Mikropartikel auf dem fundamentalsten - dem kinetischen - Niveau. Dies ermöglicht einen ganz neuen Zugang zur Plasmaphysik aber auch zur Kolloidphysik und zur Festkörperphysik. Complex plasmas are multi-component plasmas containing additionally small microparticles - particles of micrometer size - besides electrons and ions. These particles get charged due to the interaction with the electrons and ions in the plasma and thus form a further, due to its large mass (compared to that of electrons and ions), dominating component in the plasma. Through their screened Coulomb potentials the microparticles can interact with its neighbours and form fluid as well as crystalline structures, the so-called "plasma crystals". The properties of this special component in the plasma is its dynamical observability of each microparticle on the most fundamental - the kinetic - level. This enables a totally new access to plasma physics but also to colloidal physics and solid state physics.
Bei Untersuchungen komplexer Plasmen im Labor dominiert die Schwerkraft über alle anderen, viel schwächeren Kräfte. Nur in einem schmalen Bereich an der Plasmarandschicht, dort wo das elektrische Feld ausreichend stark ist, um der Schwerkraft Paroli zu bieten und die Mikroteilchen in der Schwebe zu halten (levitieren), lassen sich komplexe Plasmen mit Mikropartikeln herstellen. Allerdings sind diese Systeme durch das stark variierende elektrische Feld in der Plasmarandschicht sehr "gestresst". In laboratory investigations of complex plasmas the gravity is dominating over all other, much weaker forces. Only in a small region close to the plasma sheath where the electric field is sufficiently strong to counter gravity and levitate the microparticles, complex plasmas containing microparticles can be formed. But these systems are heavily "stressed" due to the strong varying electric field in the plasma sheath.
Unter Schwerelosigkeit dagegen lassen sich große, 3-dimensionale komplexe Plasmen im Hauptplasma erzeugen, wo das elektrische Feld um mehrere Größenordnungen kleiner ist. Auf der internationalen Raumstation ISS z.B. ist die Schwerkraft um mindestens vier Größenordnungen reduziert, d.h. viel schwächere Kräfte spielen hier eine Rolle und können gezielt untersucht werden. Das deutsch-russische Projekt "PKE-Nefedov" ist das erste physikalische Experiment auf der ISS. Das Experiment wurde nach dem im Januar 2001 verstorbenen russischen Co-PI Anatoli Nefedov benannt. Es ermöglicht Untersuchungen unter Schwerelosigkeit auf dem sehr jungen Gebiet der komplexen Plasmen. Ziel von PKE-Nefedov ist es, zuerst das komplexe Plasma über einen breiten Parameterbereich zu erforschen. Under microgravity conditions in contrast, large 3-dimensional complex plasmas can be formed in the bulk plasma where the electrical field is smaller by several orders of magnitude. On the International Space Station ISS, for example, the gravity is reduced by at least four orders of magnitude, thus much weaker forces play a role, here, and can be investigated specifically. The German-Russian project "PKE-Nefedov" is the first physics experiment on the ISS. The experiment was named after the Russian Co-PI Anatoli Nefedov who died in January 2001. It allows investigations under microgravity conditions in the very young field complex plasmas. Aim of PKE-Nefedov is first to explore the complex plasma over a broad parameter range.
Neben den eigentlichen mit PKE-Nefedov geplanten Experimenten mit komplexen Plasmen lassen sich auch sehr interessante Phänomene über Mikropartikel in einem ungeladenen Gas untersuchen. Z.B. wurde festgestellt, dass die Partikel, obwohl in ein neutrales Gas injiziert, positive und negative Ladungen erhalten, dadurch elektrostatisch agglomerieren und sehr große Objekte bilden können, die in kürzerster Zeit wachsen. Dies könnte großen Einfluss auf das Verständnis von Prozessen haben, wie sie z.B. bei der Frühphase der Planetenentstehung auftreten, oder aber auch in der Mesosphäre unserer Erde (Aerosole) erscheinen. Besides the intrinsically with PKE-Nefedov planned experiments on complex plasmas, very interesting phenomena on microparticles in an uncharged gas can be investigated. It was determined, for example, that particles, although injected in a neutral gas, attain positive and negative charges and therefore agglomerate electrostaticly and form large objects which can grow in short times. This could have great influence on the understanding of processes which occur in the early phase of planet formation, for example, or in the mesosphere of our Earth (aerosols).
Die als "Basisexperimente" bezeichneten Messungen wurden während dreier Missionen im März, Mai und Oktober dieses Jahres durchgeführt und haben schon jetzt interessante Ergebnisse geliefert. Einige dieser Ergebnisse werden im folgenden dargestellt.


The so-called "basic experiment" measurements were performed during three missions in March, May and October 2001 and showed interesting results already. Some of these results will be shown in the following.


2.5.1 Komplexen Plasmen unter Schwerelosigkeit /
Complex Plasmas under Microgravity

Die Form eines komplexen Plasmas unter Schwerelosigkeit hängt sehr stark von den Bedingungen der Umgebung und den eingestellten Parametern ab. In den meisten Fällen bildet sich das komplexe Plasma um ein partikelfreies Gebiet, das sogenannte "Void" (Abb. 2-77), im Zentrum unseres Experimentsystems auf. Die Grenzschicht ist dabei von besonderem Interesse - das komplexe Plasma stellt eine "poröse Wand" dar (fester Oberflächenbestand ca. 0.1% ), die über elektrostatische Wechselwirkungen einen komplizierten Übergang in das partikelfreie Plasma erzeugt. Solche Grenzschichen sind bisher noch nicht untersucht worden - sie sind aber als generelle strukturbildende Eigenschaft selbstorganisierender Vielteilchensysteme von fundamentalem Interesse. Vor allem die "Schärfe" der Grenzschicht (von etwa gleicher Dimension wie die Minimallänge des Systems - dem Teilchenabstand) ist überraschend. Sowohl die Kräfte, die zur Bildung des Voids führen, als auch die Grenzschicht wurden im Detail untersucht. The form of a complex plasma under microgravity depends strongly on the conditions of the surrounding and the adjusted parameters. In most cases the complex plasma forms around a particle free region, the so-called void (Fig. 2-77), in the center of our experimental system. Here, the boundary layer is of particular interest - the complex plasma acts as a "porous wall" (solid surface component 0.1%), creating a complicated transition to the particle free plasma via the electrostatic interaction. Such boundary layers have not been investigated so far - as a general structure forming feature of self-organizing many-body systems they are, however, of fundamental interest. In particular the "sharpness" of the boundary (of about the same order as the minimum length of the system - the particle distance) is surprising. The forces leading to the formation of the void as well as the boundary layer have been investigated in detail.


Abb. 2-77: Trajektorien eines komplexen Plasmas bestehend aus zwei Teilchengrößen. Klar erkennbar ist hier das zentrale Void, die reguläre Anordnung der Mikropartikel entlang der Systemhauptachse unterhalb des Voids und die Separation der komplexen Plasmen unterschiedlicher Partikelgrößen.

Fig. 2-77: Trajectories of a complex plasma containing two particle sizes. Clearly visible is the central void, the regular order of the micro particles along the principal axis of the system below the void and the separation of the complex plasmas of different particle sizes.

Untersuchungen zum Ursprung des "Voids" / Investigations of the Source of the "Void"

Die wichtigsten Kräfte im Void sind die elektrostatische und die Ionenreibungskraft. Beide Kräfte zeigen eine starke Variation in Abhängigkeit von der mittleren freien Weglänge der Ionen im Plasma. Für die Ionenreibungskraft wurde neben der direkten Kollision ein weiterer Term hergeleitet, welcher dem Impulsübertrag durch asymmetrischen Ioneneinfall auf das Mikropartikel Rechnung trägt. Eine weitere Kraft, die auf die Mikropartikel wirkt, ist die thermophoretische Kraft. Diese Kraft ist proportional zum Temperaturgradienten und kann in Plasmasystemen z.B. durch die Energie zustande kommen, die von den Elektronen in das Void transportiert wird. The most important forces inside the void are the electrostatic and the ion drag forces. Both these forces show a huge variation in magnitude depending on the mean free path of the ions in the plasma. An additional term for the ion drag has been derived, which takes into account the momentum transferred to the particle by the asymmetric ion bombardment. The thermophoretic force is another force acting on the microparticles. This force is proportional to the temperature gradient and can arise in plasma systems, e.g. through the energy being carried in the void by the electrons.
In den meisten Fällen wurde das Void bisher statisch untersucht. In den PKE-Nefedov Experimenten sind dynamische Messungen möglich. Dabei wurde das Void durch plötzliche Verringerung der angelegten HF-Leistung kontrahiert und stabilisierte sich mit geringerem Durchmesser mit einer klar definierten Grenzschicht. Die Dynamik der Mikropartikel während der Leistungsverringerung wurde im Detail untersucht, um unser Verständnis der zum Void führenden Kräfte zu verbessern. Die Analyse der komplexen Plasma-Front nach Herabsetzen der Leistung zeigt, dass das komplexe Plasma einer schnellen Expansion in das Void unterliegt. Dies liegt an dem internen Druck, d.h. an der gegenseitigen Abstoßung zwischen den negativ aufgeladenen Mikropartikeln. Nach Erreichen der maximalen Geschwindigkeit verlangsamt sich die komplexe Plasma-Front sehr schnell durch eine rücktreibende Kraft. Diese Kraft ist ebenfalls für das Vorhandensein des Voids zuständig. Bevor sich die neue komplexe Plasma-Void-Grenzschicht bildet erhöht sich die Mikroteilchendichte schnell auf Werte größer als die Dichte im komplexen Hauptplasma. Ein Resultat davon ist, daß die Grenzschicht besser geordnet ist und die Mikropartikel sich typischerweise in Ebenen anordnen. Die Grenzschicht ist dann einige Partikelabstände dick. The voids have been studied in the steady state in most cases. Dynamical measurements are possible in experiments with PKE-Nefedov. A sudden drop in applied power caused the void region to contract and form a new smaller void with a well-defined boundary. The dynamics of the micro particles during the power decrease is studied to improve our understanding of the nature of void formation. Analysis of the complex plasma front after the drop in power shows the complex plasma to undergo a rapid expansion. This is due to the mutual repulsion between the negatively charged micro-spheres. After reaching a maximum velocity the complex plasma front rapidly slows down due to a restoring force. This force is also primarily responsible for the presence of the void. Prior to the formation of the new complex-void boundary layer, the dust density increases rapidly to values greater than in the bulk complex plasma. As a result the boundary layer is more ordered and typically the micro-spheres are arranged into layers. The boundary layer is typically a few inter-particle distances thick.


Abb. 2-78: Trajektorien von ca. 100 Partikeln, die aus dem Void beschleunigt werden.

Fig. 2-78: Trajectories of approximately 100 particles accelerated out of the void.

Durch gezielte Injektion von Partikel in das Void und Messung ihres Bahnverlaufs können die Kräfte direkt gemessen werden. In einem der Experimente mit PKE-Nefedov wurden daher Mikropartikel durch einen seitlichen Stoß aus dem Gassystem in das Void eingebracht, von wo sie unmittelbar wieder herausgetrieben wurden (Abb. 2-78). Die Analyse der Bahnen der Teilchen im Inneren des Voids ergibt, dass die Geschwindigkeitskomponenten der Partikel in X-und Y-Richtung linear mit dem Abstand vom Zentrum zunehmen. Setzt man die linearen Abhängigkeiten in die integrierte Bewegungsgleichung ein, so erhält man ein parabolisches, repulsives Potential mit einer potentiellen Energie am geometrischen Rand des Voids von ca. 400 eV. Der Rand des Voids stellt somit eine Äquipotentialfläche in Form eines oblaten Paraboloids dar. By a carefully directed injection of particles into the void and measurement of the trajectories the forces can be determined directly. In one experiment with PKE-Nefedov therefore microparticles were moved into the void due to a sideway shock out of the gas system. Immediately, the particles were pushed outwards again (Fig. 2-78). The analysis of the trajectories of the microparticles in the inner of the void provided that the velocity components of the particles in the X- and Y-direction increase linearly with the distance from the center. Using the linear dependences in the integrated equation of motion we get a parabolic, repulsive potential with an energy at the geometric edge of the void of approximately 400 eV. The boundary of the void therefore represents an equipotential plane in form of an oblate paraboloid.

Grenzschichten / Boundary Layers

Zwischen dem Void - einem Plasma bestehend aus Elektronen und Ionen - und dem komplexen Plasma, sowie zwischen komplexen Plasmen mit Partikeln unterschiedlicher Größe bilden sich sehr scharfe Grenzzonen aus, die die unterschiedlichen Gebiete klar voneinander trennen (Abb. 2-79). Die Übereinstimmung der Teilchenflüsse aus den zwei Plasmen, zusammen mit geometrischen Überlegungen, legt nahe, dass sich eine elektrische Doppelschicht an der Grenzschicht mit einer erweiterten Vorschicht ausbildet. Dies gilt für die Grenzschicht zwischen Plasma und komplexem Plasma, aber auch aus gleichen Gründen für die Randschicht zwischen komplexen Plasmen unterschiedlicher Partikelgrößen. Between the void - a plasma containing electrons and ions - and a complex plasma as well as in between two complex plasmas with particles of different size, a sharp boundary is formed which clearly separates the different regions (Fig. 2-79). The matching of the particles’ fluxes from the two plasmas, together with geometrical considerations, requires the formation of electrostatic double layers and the existence of enhanced pre-sheaths. The same theory, with different boundary conditions, is applicable at the discontinuity between plasmas with particles of different sizes.


Abb. 2-79: Grenzschicht zwischen zwei komplexen Plasmen.

Fig. 2-79: Boundary between two complex plasmas.

Kristalle / Crystals

Abb. 2-80: Schematische Darstellung gemessener Gitterstrukturen. Die Symbole kennzeichnen Partikelpositionen in den untersten drei Gitterebenen. Zusätzlich ist eine Triangulation der unteren Partikelkoordinaten dargestellt. In diesem Experiment war der Plasmakristall am unteren Rand und im Zentrum nahezu eben. Verschiedene Kristallbereiche können unterschieden werden, wie im unteren Teil der Abbildung dargestellt. In der linken Darstellung ist eine elongierte hexagonale Struktur gezeigt (bcc-110 Gittertyp), die mittlere Abbildung zeigt eine wechselnde ABC Struktur (fcc-111 Gittertyp) und die rechte Darstellung repräsentiert eine wechselnde AB Struktur, die als eine hcp Struktur bekannt ist. In einigen Regionen werden auch Übergangstrukturen beobachtet.

Fig. 2-80: Schematic representation of the measured lattice structure. The symbols denote particle positions in the lowest three lattice planes. In addition a triangulation of the lower particle coordinates is plotted. In this experiment the plasma crystal was nearly flat at the lower boundary and in the center. Different kinds of crystal domains can be distinguished, as presented in the lower part of the figure. In the left plot an elongated hexagonal structure is shown (bcc-110 lattice type), the middle figure presents an alternating ABC structure (fcc-111 lattice type), and the right one represents an alternating AB structure, which is known as a hcp structure. In some regions also intermediate stages are observed.


Entlang der Hauptachse der PKE-Nefedov Plasmakammer bilden sich große 3-dimensionale Plasmakristalle aus. Molekulardynamische Berechnungen sagen die Bildung von Plasmakristallen bestehend aus verschiedenen Gittertypen (fcc und bcc) voraus, wenn die Coulombenergie zwischen den wechselwirkenden Teilchen ihre thermische Energie überragt und wenn zusätzlich der mittlere Teilchenabstand in der Größenordnung der Debye-Länge ist. Diese theoretischen Vorhersagen wurden experimentell mit PKE-Nefedov überprüft (Abb. 2-80). Verglichen zu Experimenten auf der Erde, wo nur fcc und hcp Strukturen gefunden werden konnten, wurde hierbei auch eine bcc Struktur gefunden, die in numerischen Berechnungen vorausgesagt wurde.


Along the main axis of the PKE-Nefedov plasma chamber 3-dimensional plasma crystals are formed. Molecular dynamical calculations predict the formation of plasma crystals consisting of different lattice types (fcc and bcc), if the Coulomb energy between the interacting particles exceeds their thermal energy and in addition the mean particle distance is of the order of the Debye length. These theoretical predictions were verified during the PKE-Nefedov experiments (Fig. 2-80). Compared to experiments on Earth, where fcc and hcp structures could be found only, here also a bcc structure was found, which has been predicted by numerical calculations.

"Verschweißen" zweier Plasmakristalle / "Welding" of two Plasma Crystals

Bei einer Mischung zweier unterschiedlicher Partikelgrößen im Plasma bilden sich unter µg-Bedingung zwei voneinander getrennte Plasmakristalle aus (Abb. 2-81). Verschiedene Schnitte durch das System zeigen, dass Plasmakristalle nur nahe dem Zentrum der Elektroden bestehen und dass die entsprechenden Gitterebenen aufgrund des Potentialverlaufs auf sphärischen Schalen gekrümmt sind. Die Krümmung der Schalen steigt mit zunehmendem Abstand von den Elektroden an. When micro-spheres of different sizes are dispersed into a plasma, they form two separated plasma crystals under micro gravity conditions (Fig. 2-81). Different slices through the system demonstrate that plasma crystals are only existing close to the center of the electrodes and that the corresponding lattice planes are bended in spherical shells due to the external potential shape. The curvature of the shells rises with increasing distance from the electrodes.
Abb. 2-81: Schnitte durch eine binäre Partikelsuspension von ca. 107 Mikropartikel (3.4 und 6.8 µm im Durchmesser). Die großen und kleinen Teilchen mischen sich nicht miteinander. Direkt unterhalb des Void-Zentrums ist ein geordneter Bereich von kleinen Teilchen sichtbar. Sie strömen horizontal am linsenförmigen Rand des Voids heraus und fließen im Uhrzeigersinn entlang der Grenzfläche zu den großen sich nicht bewegenden Teilchen zurück. Diese sind im unteren Bereich von gegen den Uhrzeigersinn rotierenden Teilchen gleicher Größe getrennt. Die Grenzflächen zwischen den drei Bereichen haben jeweils eine Ausdehnung in der Größenordnung von einem Gitterabstand.

Fig. 2-81: µinary particle suspension with approximately 107 micro particles (3.4 and 6.8 µm in diameter). The large and small particles do not mix with each other. Directly below the center of the void an ordered domain of small particles is visible. They stream out horizontally at the eye-shaped edge of the void and flow back clockwise along an interface to a domain of large and static particles. These are separated in the bottom from anti-clockwise rotating particles of the same size. The interfaces between the three domains have each an extension of the order of one lattice distance.


Die Deformierung der einzelnen Gitterebenen wurde mit Hilfe von Voronoi-Zellen, der Zellgrößenverteilung, als auch der Gitterstruktur und Fehlstellenverteilung ermittelt. Die räumliche Ausdehnung des Einflusses der Wechselwirkung mit dem benachbarten Kristall - das "Verschweißen" - kann auf diese Weise verfolgt und auf dem kinetischen Niveau quantifiziert werden. Die Plasmakristallstruktur kann im unteren zentralen Teil, wo die Schalenkrümmung relativ klein ist, einfach ermittelt werden. Die Teilchen in den horizontalen Ebenen sind relativ geordnet. Jedoch nimmt die Winkelkorrelation mit zunehmendem Elektrodenabstand ab, wobei die Fehlstellenanzahl etwa konstant bleibt. Aufgrund der relativ starken Krümmung der Gitterschalen ist der 3D Kristall verzerrt. Erste vorläufige Untersuchungen deuten auf die Ausbildung von hcp Strukturen hin, gemischt mit bcc oder fcc Gitterbereichen (beide mit 111 Raumorientierung).


The deformation of each lattice shell was estimated using Voronoi cells and the cell area distribution as well as the lattice structure and defect distribution. The spatial extent of the influence of the interaction with the neighbouring crystal - the "welding" - can thus be followed and quantified at the kinetic level. The plasma crystal structure can easily be measured in the lower center part, where the shell curvature is relatively small. The particles in the horizontal planes are relatively ordered. But the angle correlation decreases with increasing distance from the electrodes, whereby the number of lattice defects is approximately remaining constant. Due to the relatively strong curvature of the lattice shells the 3D crystal structure is distorted. First preliminary investigation indicate that hcp-like structures occur, mixed with bcc or fcc lattice domains (both with 111-spatial orientation).


Stoßwellen in komplexen Plasmen / Shock Waves in Complex Plasmas

Weitere dynamische Beobachtungen von komplexen Plasmen unter besonderen Bedingungen zeigen interessante Phänomene auf. So wurden Schockwellen in einem 3D Plasma durch einen Neutralgasimpuls angeregt (Abb. 2-82). Überraschenderweise bleibt die Stossfront sehr scharf (von der Dimension der Teilchenabstände). Eine mögliche Erklärung wäre, dass die Schocks von einem Potentialabfall über die gesamte Front begleitet sind, was die Dissipation und damit die Verbreiterung der Stossfront in Grenzen hält bzw. kompensiert. Further dynamic observations of complex plasmas under special properties show interesting phenomena. So, shock waves were excited in a 3D plasma by a neutral gas pulse (Fig. 2-82). Surprisingly the shock front remains very sharp (of the order of the particle distance). A possible explanation would be that the shocks are accompanied by a potential drop across the front leading to a limitation or even compensation of the dissipation and therefore also of the spread of the shock front.


Abb. 2-82: Schockwellenausbreitung in einem 3-dimensionalen komplexen Plasma unter Schwerelosigkeit.

Fig. 2-82: Shock wave propagating in a 3-dimensional complex plasma under microgravity conditions.

Entladung komplexer Plasmen / Decharging of Complex Plasmas

Die in den nächsten Abschnitten aufgezeigten Experimente mit PKE-Nefedov zeigen die Flexibilität des Systems auf und deuten auf interessante Ergebnisse hin, die auch in andere wissenschaftliche Themengebiete hineinreichen. So z.B. ist das erste Experiment zur Untersuchung der Entladung komplexer Plasmen durchgeführt worden. Nachdem die RF-Leistung abgeschaltet worden war, rekombinierten die Ionen und Elektronen und ließen eine geladene Wolke aus Mikropartikeln zurück. Aufgrund der Schwerelosigkeit blieben die Teilchen in der Experimentierkammer für eine ausreichend lange Zeit in der Schwebe. Dies erlaubte uns präzise Messungen der Restladung durch Anlegen einer sinusförmigen Spannung und Messen der Oszillationsamplitude der Teilchen. Ein einfaches theoretisches Modell wurde vorgeschlagen, das gut mit dem Experiment übereinstimmt und die Restladung bei niedrigen Gasdrücken vorhersagt. Gegenwärtig ist eine Reihe von Experimenten in einem weiten Druckbereich geplant, um das Modell zu testen.


The experiments with PKE-Nefedov shown in the following paragraphs present the flexibility of the system and point to interesting results which touch other scientific fields. For example, the first experiment on the decharging of a complex plasma has been conducted. After the switching-off of the rf power the ions and electrons rapidly recombine and leave a cloud of charged microparticles. Due to the microgravity the particles remain suspended in the experimental chamber for a sufficiently long time. This allowed us to perform precise measurements of the rest charge applying a sinusoidal voltage to the electrodes and measuring the particle oscillation amplitude. A simple theoretical model for the decharging is proposed which agrees quite well with the experiment and predicts the rest charge at low gas pressures. Currently a series of the experiments in a wide range of pressures is planed, in order to test the model.

Elektrostatische Koagulation / Electrostatic Coagulation

Weiterhin wurde die "elektrostatische Koagulation" experimentell untersucht. Dazu wurden die Partikel ins Neutralgas injiziert. Bei dieser Injektion wurden die Teilchen unerwarteterweise stark aufgeladen. Die Ladungsverteilung im Teilchenensemble wurde mit der oben beschriebenen Oszillationstechnik gemessen. Die Analyse zeigt die Koexistenz von positiv und negativ geladenen Teilchen, wobei sich der Ladungsüberschuss von Injektion zu Injektion ändert. Diese Messungen schränken die Ladungsprozesse ein. Erste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die Mikroteilchen in einem Prozess, der dem Lenard-Effekt für Flüssigkeiten ähnelt, aufgeladen werden und daher als "trockener Lenard-Effekt" bezeichnet werden kann. Das Ergebnis der entgegengesetzt geladenen Partikel ist eine über Coulombanziehung gesteuerte erhöhte Koagulationsrate. Ein Anwachsen einzelner Agglomerate auf bis zu ~ 105 Teilchen innerhalb einer Sekunde wurde beobachtet, ca. 1 Million mal höher als bei reiner geometrischer Koagulation (Abb. 2-83). Diese Messungen wären unter Schwerkraftbedingungen nicht möglich gewesen. Furthermore, the "electrostatic coagulation" was investigated experimentally. For this purpose the particles were injected into the neutral gas. During this injection the particles were unexpectedly strongly charged. The charge distribution over the particle ensemble was measured using the above described oscillation technique. The analysis shows coexistence of both positively and negatively charged particles, with the charge preponderance changing for different injections. This measurement restrict the possible charging processes. First results indicate that the microparticles are charged by a process similar to the Lenard effect for liquids, which therefore can be referred to a "dry Lenard effect". The result of the opposite charged particles is an enhanced coagulation rate due to the Coulomb attraction. A growth of single large agglomerates accumulating ~ 105 particles in a second was observed, which is approximately a million times larger than in the case of a purely geometrical coagulation (Fig. 2-83). These measurements would not have been possible under gravity conditions.


Abb. 2-83: Agglomerat, bestehend aus einigen 105 Partikeln, gewachsen in wenigen Sekunden.

Fig. 2-83: Agglomerate, containing 105 particles, grown in a few seconds.

Ein neuer Phasenübergang - "Gelation" /
A new Phase Transition - "Gelation"

Die Beobachtung, dass die Mikroteilchen ein sehr großes Aggregat von ca. 100 000 Einzelteilchen bilden, zusammen mit vielen sehr viel kleineren Aggregaten (von insgesamt ähnlicher Masse), lässt auf einen "Run-away Prozess" schließen. Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Cluster negativ oder positiv geladen sind. Standard (Smoluchovski) Koagulation ist nicht in der Lage, die beobachteten Eigenschaften der Aggregationskinetik zu erklären. Wir verallgemeinerten deshalb die Koagulationsgleichung, indem wir eine Erhöhung der Koagulationsrate aufgrund von ladungsinduzierter Anziehung berücksichtigten. Es stellte sich heraus, dass die Gleichung dann in der Tat eine "Run-away" oder "Gelation" Lösung erlaubt, sobald sich ein Teilchen von sehr großer Masse zu einem bestimmten Gelationsmoment tgel gebildet hat. Zwei Phasen - Gel ("unendlich" großes Aggregat) und Sole (Cluster endlicher Größe) - existieren für t>tgel nebeneinander. Auf diese Weise beschreibt die vorgeschlagene Theorie die beobachteten Eigenschaften des Aggregationsprozesses. Der ermittelte Wert von tgel stimmt gut mit der gemessenen Zeitskala für die Formation großer Agglomerate überein. Dieser hier erstmals beobachtete physikalische Prozess könnte von Bedeutung in der Astrophysik sein (Planetenentstehung), aber auch im Umweltschutz Anwendung finden. The observation of a huge aggregate of about 100 000 microparticles together with many much smaller aggregates (of similar total mass) indicates a "run-away process". Further investigations showed that the clusters were charged, positively or negatively. The standard (Smoluchovski's) coagulation equation cannot explain the observed features of the aggregation kinetics. We generalized therefore the coagulation equation taking into account the enhancement of the coagulation rate due to the charge-induced attraction. Analysis shows that the equation indeed allows the "run-away", or "gelation" solution, when a very massive particle is formed at a certain (gelation) moment, tgel. Two phases - gel ("infinite" aggregate) and sol (clusters of finite size) coexist at t > tgel. Thus, the proposed theory describes the observed features of the aggregation process. The derived value of tgel agrees well with the measured time-scale of the large agglomerate formation. These processes, observed here for the first time, could be important in astrophysics (planetary evolution) as well as environmental protection.
Die hier beschriebenen ersten Beobachtungen und Analysen von PKE-Nefedov zeigen den großen wissenschaftlichen Nutzen für die Grundlagenforschung auf. Sie deuten auf die Wichtigkeit von Langzeitexperimenten unter Schwerelosigkeit und auf der ISS im Speziellen hin. Die Erforschung komplexer Plasmen unter Schwerelosigkeit ist ein wichtiges Standbein für das Gesamtverständnis dieses sehr jungen Forschungszweiges, neben der Laborforschung und der Theorie. Letztere werden in den folgenden Abschnitten behandelt. The described observations and analyses of PKE-Nefedov show its great scientific use for fundamental research. It points to the importance of long-time experiments under microgravity conditions and on the ISS in special. The investigation of complex plasmas under microgravity is an important main pillar for the total understanding of this young research field, besides the research in the laboratory and theory. The latter will be treated in the following paragraphs.

[Annaratone, Bryant, Hagl, Ivlev, Khrapak, Konopka, Kretschmer M., Morfill, Quinn, Rothermel, Samsonov, Sütterlin, Thomas, Zuzic]


2.5.2 Komplexe Plasmen im Labor / Complex Plasmas in the Laboratory

Thermophorese / Thermophoresis

Die Messungen unter Schwerelosigkeit ergeben unter anderem, daß die vielleicht stärkste Wechselwirkung nach der Schwerkraft die thermophoretische Kraft sein könnte, die auf ein in einem Gas in Schwebe befindliches Partikel wirkt, sofern ein Temperaturgradient anliegt und der Wärmetransport bevorzugt durch Wärmeleitung erfolgt. Partikel bewegen sich entgegen dem Temperaturgradienten, d.h. in der Plasmakammer in Richtung der kälteren Elektrode. Among other things the measurements under microgravity yield that possibly the strongest interaction after gravity could be the thermophoretic force, which act on a particle levitated in a gas if a temperature gradient is established and the heat transport is preferential due to heat conductance. Particles move contrary to the temperature gradient, i.e. in the plasma chamber towards the colder electrode.
Die für das PKE-Nefedov Projekt entwickelte Plasmakammer zeigt sich besonders geeignet, den thermophoretischen Effekt nachzuweisen und quantitativ zu bestimmen. Zu diesem Zweck wurde eine PKE-Kammer mit Peltierelementen ausgerüstet, um die obere Elektrode zu kühlen und die untere Elektrode gleichzeitig zu erwärmen. The plasma chamber developed for the PKE-Nefedov project is specially suited to verify and determine quantitatively the thermophoretic effect. For this purpose the PKE-chamber was assembled with Peltier elements to cool the upper electrode and warm the lower electrode simultaneously.


Abb. 2-84: Original Videobild einer thermophoretischen Messung mit Mikropartikeln unterschiedlicher Größe. Während die kleinen Partikel durch die angelegte Temperaturdifferenz in der Schwebe gehalten werden und ein zentrales Void bilden (oben), ist die thermophortische Kraft zu schwach für die größeren Mikropartikel (unten).

Fig. 2-84: Original video image of a thermophoretic measurement with microparticles of different size. While the small particles are levitated due to the adjusted temperature difference and form a central void (top), the thermophoretic force is to small for the larger microparticles (bottom).

Unsere Messungen bestätigen theoretische Berechnungen in ausgezeichneter Weise. Außerdem ist es möglich, für eine ausgewählte Partikelsorte durch Anlegen einer Temperaturdifferenz von 30 bis 40 K, entsprechend einem Gradienten von ca. 1000 K/m, die Schwerkraft zu kompensieren, so dass sich ein quasi 0-g Fall im Labor über Stunden aufrecht erhalten lässt. Unter anderem kann man mit dieser Methode erstmals im Labor das zentrale Void herstellen (Abb. 2-84), dessen Ursache immer noch nicht befriedigend erklärt ist. Der thermophoretische Effekt hat auch interessante Anwendungen außerhalb der Weltraumforschung, z.B. in der Produktion und gezielten Deposition von Nanopartikeln aus der Gasphase oder in der Integration hybrider Halbleiterbausteine.


Our measurements agree with the theoretical calculations stainlessly. Further on it is possible for a selected particle size to compensate gravity due to adjustment of a temperature difference of 30 to 40 K - corresponding to a gradient of approximately 1000 K/m. Thus a 0-g case can be maintained in the laboratory for hours. Among other things, using this method a central void can be formed in the lab for the first time (Fig. 2-84), which cause is not yet explained satisfactorily. The thermophoretic effect has interesting applications outside space research, e.g. in the production and systematic deposition of nanoparticles from the gas phase or in the integration of hybrid semiconductor chips.<

Experimente mit Mikronadeln / Experiments with Microrods

Für die Experimente werden im allgemeinen kugelförmige Partikel bevorzugt, da sie ideal geeignet sind, homogene, isotrope komplexe Plasmen zu bilden. Elliptische oder zylindrische Partikel hingegen haben einen weiteren Freiheitsgrad und können somit Dipolmomente und Rotationen ausbilden. Hierbei können interessante Phänomene auftreten. Ein Experiment mit Mikronadeln aus Nylon der Länge 600 µm und Dicke 5 µm wurde in der Thermophoresekammer durchgeführt. Im Plasma werden die Mikronadeln horizontal in der Schwebe gehalten. Wenn sie das Plasma verlassen, fallen sie vertikal durch die Plasmarandschicht. Metallüberzogene Partikel können überhaupt nicht levitiert werden. Während des Falls laden sich metallüberzogene Teilchen am unteren Ende stark positiv auf, so dass sie von den bereits auf der unteren, negativ geladenen Elektrode (bei gleichem Potential) sitzenden vertikalen Nadeln angezogen werden. Daraus resultierend bilden die fallenden Nadeln eine baumartige Struktur (aus etwa 20 Mikronadeln, Abb. 2-85), bei der sich alle Zweige auf dem Elektrodenpotential befinden. In general spherical particles are used for the experiments because they are ideal suited to form homogenous, isotropic complex plasmas. Elliptical or cylindrical particles, on the other hand, have a further degree of freedom and can form dipol moments and rotations. Here, interesting phenomena can appear. One experiment has been performed in the thermophoresis chamber with nylon micro rods with a length of 600 µm and a diameter of 5 µm. The micro rods are levitated horizontally in the plasma. If they leave the plasma, they fall vertically through the plasma sheath. Metal-coated particles do not levitate at all. During the fall the metal coated particles acquire a strong positive charge at the lower end so that they are attracted by other vertical rods already sitting on (and equipotential with) the lower, negatively biased electrode. As a results the falling rods build up tree-shaped figures (of about 20 micro-rods, Fig. 2-85) where all the branches are at the electrode potential.


Abb. 2-85: Ein Wald gebildet aus Mikronadeln.

Fig. 2-85: A forest formed from micro rods.


Adaptive Elektroden - Plasmadiagnose /
Adaptive Electrodes - Plasma Diagnostics

Eine andere Modifikation der PKE-Kammer enthält einzeln ansteuerbare Elektrodensegmente. Diese sogenannte adaptive Elektrode wurde zur Diagnose von Plasmaparametern genutzt. Das Potential eines einzelnen Segmentes (Pixel) gegenüber dem RF-Potential gibt Auskunft über das Plasmapotential und die RF-Leistung im Plasma. Ein einzelnes Pixel kann als Langmuir-Probe benutzt werden, um die Plasmadichte und Elektronentemperatur abzuleiten. Das Potential einer Anordnung von Pixel bestimmt die Ausdehnung der lokalen Störung. Die meisten Untersuchungen mit der adaptiven Elektrode konnten erfolgreich durch eine Theorie, in der das Gesamtgleichgewicht der DC- und RF-Ströme berücksichtigt wurde, modelliert werden. RF-Doppelschichten konnten auf den positiven Pixeln identifiziert werden. Der oben beschriebene Effekt wurde durch in der Plasmarandschicht schwebende Teilchen visualisiert. Zukünftige Untersuchungen betreffen die Zeitabhängigkeit der Response des komplexen Plasmas.


Another modification to the PKE-chamber contains single controllable electrode segments. The so-called adaptive electrode has been used as a diagnostic to provide information on the plasma parameters. The floating potential vs. RF biasing of one single segment (pixel) provides the plasma potential and the RF content of the plasma. A single pixel can be used as a Langmuir probe to deduce the plasma density and electron temperature. The floating potential of an array of pixels determines the extension of the local perturbation. Most of the performances of the adaptive electrode have been successfully modelled by a theory in which an overall balance of the DC and the RF currents are taken in account. RF double layers have been identified on positive pixels. Particles suspended in the plasma sheath have visualised the above effects. The work is now evolving towards the time dependence of the complex plasma response.

Ausbreitung von Solitonen / Propagation of Solitons

Experimente mit großen 2-dimensionalen Plasmakristallen werden in der GEC-RF-Referenzkammer durchgeführt. Solitonen (singuläre Wellen) konnten dabei erstmals angeregt und visualisiert werden. Es stellt sich heraus, dass die Amplitude des Solitons multipliziert mit dem Quadrat der Solitonenbreite während der Solitonenausbreitung konstant ist (Abb. 2-86). Die das Experiment beschreibende analytische Theorie basiert auf den Bewegungsgleichungen für lineare Ketten. Dabei werden Dämpfung, Dispersion und Nicht-Linearitäten berücksichtigt. Die numerische Simulation einer linearen Kette führt zu Doppelsolitonen, wie sie im Experiment beobachtet wurden (Abb. 2-86 Insert). Experiments with large 2-dimensional plasma crystals are performed in the GEC-RF-Reference Cell. Solitary (singular) waves could be excited and visualized experimentally. It is found that the soliton amplitude times the soliton width square is constant as the soliton propagates (Fig. 2-86). The analytical theory describing the experiment is based on the equations of motion written for a linear chain. It takes into account damping, dispersion and nonlinearity. The numerical simulation of a linear chain produces double solitons like those observed in the experiment (Fig. 2-86 insert).

[Annaratone, Bryant, Hagl, Ivlev, Morfill, Quinn, Rothermel, Samsonov, Thoma, Thomas]


Abb. 2-86: Experimentelle und simulierte (Insert) Solitonenausbreitung in einem komplexen Plasma.

Fig. 2-86: Experimental and simulated (insert) propagation of solitons in a complex plasma.

2.5.3 Komplexe Plasmen - Theorie / Complex Plasmas - Theory

3D-Dynamik komplexer Plasmen / 3D Dynamics of Complex Plasmas

Letztes Jahr haben wir eine neue Methode zur 3D-Abbildung eines komplexen Plasmas in Realzeit, bei der die Tiefeninformation in Farbe kodiert wurde, eingeführt. Auf diese Weise ist es möglich, alle drei Koordinaten aller Teilchen eines Bildes zur gleichen Zeit zu erhalten. Das Messvolumen umfasst 2.3 x 2.3 x 1.7 mm3, die räumliche Auflösung 288 x 768 x 768 Pixel, und die Zeitauflösung liegt bei 50 Bildern/s. Jetzt präsentieren wir eine erste quantitative Analyse einer Konvektionsrolle (Abb. 2-87). Die Flussdynamik kann in den Flusskarten einfach erkannt werden. In der Durchschnittsgeschwindigkeitsprojektion ist die Fläche der Konvektionsrolle hell und der Festkörperanteil des Systems dunkel dargestellt. Die weißen Flecke in Sequenz 8 sind die eschleunigungsflächen der Partikel. Die Partikel steigen am unteren Rand der Elektrode auf (und werden dabei beschleunigt), bewegen sich dann zum Zentrum und fallen dort nach unten innerhalb einer Kontaktfläche zwischen der Rolle und dem kondensierten Teil des staubigen Plasmasystems. Diese dünne Kontaktfläche dehnt sich nur über wenige Teilchenabstände aus und trennt den rotierenden Anteil der Konvektion vom kristallinen Teil des Systems. Die Partikel werden in der Kontaktfläche abgebremst. Last year we introduced a new method for realtime 3D-imaging of dusty plasmas by transforming one depth information in color. It is possible to obtain all three coordinates of all the particles from one image at the same time. The measurement volume is 2.3 x 2.3 x 1.7 mm3, the spatial resolution 288 x 768 x 768 pixel and time resolution is 50 frames/sec. Now we present a first qualitative analysis of a convection roll (Fig. 2-87). The flow dynamics can easily be seen in the flow charts. In the average velocity projections the area of the convection roll is light and the solid state of the system is dark. The white spots in the sequence 8 are the acceleration areas of the particles. The particles are rising (and accelerating) at the edge of the electrode, moving towards the center and are falling down within an interface between the roll and the solid part of the dusty plasma system. This thin interface of only a few particle distances separates the rotating part of the convection from the solid/crystalline part of the system. The particles slow down within this interface.
Abb. 2-87: 3D-Analyse einer Konvektionsrolle in einem komplexen Plasma. Zwei Volumen wurden beobachtet: Sequenz 7 überdeckt die Grenzschicht zwischen Festkörper und Konvektionsrolle, Sequenz 8 zeigt die Beschleunigungsregion. Die Zahlen an der y-Achse markieren die Projektionsebenen der Flussdiagramme. Die zwei unteren Abbildungen zeigen die mittlere Geschwindigkeitsprojektion von beiden Sequenzen. Dunkel: geringe Geschwindigkeit, hell: große Geschwindigkeit in willkürlichen Einheiten.

Fig. 2-87: 3-D analysis of a convection role in a complex plasma. Two volumes have been recorded: sequence 7 covers the solid - convection roll interface, sequence 8 shows the acceleration region. The numbers at the y axis mark the projection layers of the flow charts. The two figures at the bottom show the average velocity projections of both sequences. Dark: low velocity, light: high velocity in arbitrary units.


Schmelzen von Plasmakristallen / Melting of Plasma Crystals

Kristalline Monolagen schmelzen, sobald die Teilchendichte im Falle eines ausreichend niedrigen Neutralgasdruckes eine bestimmte Schwelle überschreitet (Abb. 2-88). Sobald die Teilchen instabil werden, beginnen sie sowohl in vertikaler als auch horizontaler Richtung zu oszillieren. Eine Theorie wurde aufgestellt, welche das Schmelzen als eine Instabilität behandelt, die durch die resonante Kopplung zwischen den longitudinalen (horizontalen) und transversalen (vertikalen) Gittermoden induziert wird. Die Kopplung wird durch die Wechselwirkung mit dem "Ionensog" unterhalb des Teilchens hervorgerufen. Die Theorie erlaubt eine Bestimmung der Druck- und der Dichteschwelle für den Einsatz der Instabilität in ausgezeichneter Übereinstimmung mit den gemessenen Werten. Die durchgeführten Simulationen bestätigen auch, dass die Teilchenwechselwirkung mit dem Ionensog für das beobachtete Schmelzen verantwortlich ist. Crystalline monolayers of microparticles suspended in the plasma sheath melt when the particle density exceeds a certain threshold, if the neutral gas pressure is sufficiently low (Fig. 2-88). When particles get unstable they start oscillating both in vertical and horizontal directions. A theory has been proposed which treats the melting as the instability induced by the resonance coupling between the longitudinal (horizontal) and transverse (vertical) lattice modes. The coupling is caused by the interaction with the "ion wakes" below the particles. The theory provides the pressure and density thresholds for the instability onset, which are in excellent agreement with the measured values. The performed numerical simulations also confirm that the particle interaction with ion wakes is responsible for the observed melting.
Das Aufschmelzen eines Plasmakristalls aus vielen Kristallebenen kann durch Änderung des Neutralgasdruckes hervorgerufen werden. Der Zustand des Plasmakristalls kann dadurch quasikontinuierlich geändert werden. Phänomenologisch lassen sich wenigstens vier verschiedene auf strukturellen und dynamischen Charakteristiken beruhenden "Zustände" unterscheiden: die kristalline Phase, die intermediäre "Flow-and-Floe-Phase", die "Vibrationsphase" und die Gasphase. By changing control parameters, such as the neutral gas pressure, the state of a plasma crystal of multiple crystal planes can be altered quasi continuously. From a phenomenological point of view at least four distinctive "states" can be distinguished based on structural and dynamical characteristics of the particles: the crystalline phase, the intermediate "flow and floe phase", the "vibrational phase" and the gaseous phase.


Abb. 2-88: Aufschmelzen eines 2D-Plasmakristalls.

Fig. 2-88: Melting of a 2-D plasma crystal.

Kinetische Charakterisierung des Schmelzens / Kinetic Characterization of the Melting

Mit Plasmakristallen ist es erstmals möglich, den Schmelz- bzw. Erstarrungsvorgang auf dem elementarsten (dem kinetischen) Niveau zu erforschen. Für eine quantitative Bestimmung der verschiedenen Zustände, die zeitliche Festlegung der Phasenübergänge und der Korrelation mit externen Parametern, ist ein Maß, das nur von strukturellen und dynamischen Eigenschaften der Mikropartikel abhängt, wünschenswert. Um die Anwendbarkeit von Skalierungseigenschaften für diese Zwecke zu untersuchen, wurden einige hundert Bilder von zweidimensionalen Plasmakristallebenen mit einer zeitlichen Auflösung von 0.02 Sekunden bei unterschiedlichen Neutralgasdruck analysiert. Jedes Mikropartikel wird durch seine räumliche Koordinaten x(t), y(t) und Geschwindigkeitskomponenten vx(t) und vy(t) charakterisiert. Using plasma crystals it is possible for the first time to investigate the melting and solidification process on the most elementary (the kinetic) level. For a more quantitative determination of the various states, the timings of state transitions and the correlation with external parameters, a measure, depending solely on structural and dynamical properties of the dust particles, is desired. In order to investigate the applicability of the scaling properties of the dust particles for these purposes, some hundred frames of two-dimensional plasma crystal layers with a temporal resolution of 0.02 seconds have been analysed at varying neutral gas pressure. Each microparticle is characterized by its spatial coordinates x(t), y(t) and the velocity components vx(t) and vy(t).  
Eine Phasenraumdarstellung unter Benutzung der kanonischen Variablen dient zur weiteren Charakterisierung des Plasmakristallzustandes. In diesem vierdimensionalen Phasenraum wurden die Skalierungsindizes alpha für die Position jedes Staubteilchens berechnet. Auf diese Weise werden die strukturellen und dynamischen Eigenschaften gleichzeitig betrachtet. A phase space representation using the canonical variables serves for further characterization of the plasma crystal states. In this four-dimensional phase space scaling indices a are computed at the position of each charged dust particle. In this way the structural and dynamical properties are considered simultaneously.
Zur Visualisation werden die Resultate auf die x-y-Ebene projiziert und auf einem kleineren Gitter interpoliert. Die resultierende Frequenzverteilung - das N(alpha)-Spektrum - wird zur quantitativen Charakterisierung der oben genannten Zustände benutzt. For visualization the results are projected on the x-y plane and interpolated with a smaller grid size. The resulting frequency distribution - the N(alpha)-spectrum - is used for a quantitative characterization of the aforementioned states.
Eine Reihe von solchen "alpha-Repräsentationen" von Plasmakristallebenen ist beispielsweise in Abb. 2-89 dargestellt (die Positionen der Mikropartikel sind überlagert). Die kristalline Phase (Abb. 2-89, 0.42 mbar) ist bestimmt durch ihren hohen Grad an struktureller (hexagonaler) Symmetrie und kleinen Oszillationsamplituden, die durch Skalierungsindizes etwa vom Wert zwei (dunkle Gebiete) zum Ausdruck kommen. Die sogenannte "Flow-and-Floe-Phase" (Abb. 2-89, 0.38 und 0.36 mbar) ist durch die Koexistenz von kristallinen Domänen und Gebieten mit gerichtetem Teilchenfluss, welche durch hellere Gebiete dargestellt sind, charakterisiert. A series of such "alpha-representations" of plasma crystal planes is shown as an example in Fig. 2-89 (the position of the dust particles is overlaid). The crystalline phase (Fig. 2-89, 0.42 mbar) is distinguished by its high degree of structural (hexagonal) symmetry and low oscillation amplitudes, which are expressed by scaling indices of a value around two (dark color). The so-called "flow and floe phase" (Fig. 2-89, 0.38 and 0.36 mbar) is characterized by a coexistence of crystalline domains and areas showing systematic particle flows, which is indicated by the brighter areas.
Abb. 2-89: Darstellung der Plasmakristallebenen bei Benutzung von Skalierungsindizes. Mit zunehmender Unordnung und anwachsenden Oszillationsamplituden werden die Skalierungsindizes zu höheren Werten verschoben. Helle Farben kennzeichnen Gebiete, in denen die Kristallstruktur zusammenbricht und der Kristall schmilzt.

Fig. 2-89: Representation of the plasma crystal layers using scaling indices. With increasing disordering and growing oscillation amplitudes the scaling indices are shifted to higher values. Bright colors indicate areas where the crystalline structure breaks down and melting starts.


Mit zunehmender Unordnung (niedrigerer Gasdruck) ist die Beschreibung mittels der lokalen Skalierungseigenschaften sensitiv für die Lokalisierung, Bewegung und Entwicklung von Gitterdefekten, Korngrenzen und dem Einsetzen von Phasenübergängen. Mit anwachsenden Teilchenoszillationen und der Realisierung der "Vibrationsphase" (Abb. 2-89, 0.29 mbar) wird das N(alpha)-Spektrum signifikant zu höheren Werten (helle Farben) verschoben. With increasing degree of disorder (lower gas pressure) the description with help of the local scaling properties is sensitive for the localization, movement and evolution of lattice defects, grain boundaries and the onset of phase transitions. As the particle oscillations grow and the "vibrational" state is realized (Fig. 2-89, 0.29 mbar) the N(alpha)-spectrum is shifted significantly to higher values (bright colors).


Abb. 2-90: Phasendiagramm eines Plasmakristalls im sigma-<alpha> Raum. Jeder Punkt entspricht einem einzelnen Bild und die Farbkodierung zeigt die unterschiedlichen Phasen des Plasmakristalls.

Fig. 2-90: Phase diagram of the plasma crystal in the sigma-<alpha> space. Each dot corresponds to a single frame and the colors code the different phases of the plasma crystal.

Abbildung 2-90 veranschaulicht, wie die N(alpha)-Spektren zur Bestimmung des momentanen Plasmakristallzustandes aus einem einzelnen Bild benutzt werden können. Die Benutzung nur der ersten zwei Momente der Verteilungsfunktion erlaubt eine befriedigende Unterscheidung der fünf verschiedenen Regionen in einer zweidimensionalen Darstellung. Unter Benutzung eines Klassifikationsschemas, das auf der Kullback-Leibler-Distanz bezüglich des Zentrums beruht, kann man eine Genauigkeit von mehr als 95% erreichen.


Figure 2-90 illustrates how the N(alpha)-spectra can be used for the determination of the momentary plasma crystal state from a single frame. The use of only the first two moments of the distribution function allows a satisfying discrimination of five different regimes in a two-dimensional feature space. Using a classification scheme based on the Kullback-Leibler distance with respect to the class centre an accuracy of more than 95% can be achieved.

Wechselwirkungspotential zweier geladener Mikroteilchen /
Interaction Potential of two Charged Microparticles

Das Wechselwirkungspotential von zwei Partikeln in einem Plasma wurde theoretisch untersucht. Verletzungen des Plasmagleichgewichts in der Umgebung des Partikels aufgrund von inelastischen Plasma-Partikel-Kollisionen hat drei Effekte zur Folge: langreichweitige (Nicht-Yukawa) elektrostatische Abstoßung, Anziehung aufgrund von Ionenabschattung und die Anziehung oder Abstoßung durch Neutralgasabschattung (abhängig vom Vorzeichen der Temperaturdifferenz zwischen der Teilchenoberfläche und dem Neutralgas). Ein analytischer Ausdruck für das Gesamtpotential konnte abgeleitet und mit früheren theoretischen Resultaten verglichen werden. Die relativen Beiträge dieser Effekte wurden in zwei Grenzfällen, nämlich im isotropen Hauptplasma und in der Plasmarandschicht, studiert. Die erhaltenen Resultate wurden mit den existierenden experimentellen Ergebnissen für die Wechselwirkung von Teilchenpaaren verglichen. Die Bedingungen für die sogenannte Molekülbildung wurde analysiert und es konnte gezeigt werden, dass relativ große Körner (~ 10 µm oder größer) benötigt werden, um die Möglichkeit einer solchen Bildung in gewöhnlichen RF-Entladungen experimentell zu verifizieren.


The interaction potential of two charged grains in a plasma has been studied theoretically. Violation of the plasma equilibrium around the dust grains due to plasma-grain inelastic collisions results in three effects: long-range (non-Yukawa) electrostatic repulsion, attraction due to ion shadowing and attraction or repulsion due to neutral shadowing (depending on the sign of the temperature difference between the particle surface and neutral gas). The analytical expression for the total potential is obtained and compared with previous theoretical results. The relative contribution of these effects is studied in two limiting cases - an isotropic bulk plasma and the plasma sheath region. The results obtained are compared with existing experimental results on pair particle interaction. The conditions of the so-called "dust molecule" formation are analyzed and it is shown that relatively large grains ( ~ 10 µm or larger) are needed to verify experimentally the possibility of such a formation in the usual RF µ.


Wellenausbreitung / Wave Propagation

Ein selbstkonsistentes Modell für die Ausbreitung linearer Wellen in einem zweikomponentigen komplexen Plasma aus positiv geladenen Partikeln und Elektronen wurde vorgeschlagen. Ionisations- und Rekombinationsprozesse auf der Teilchenoberfläche, elastische Coulomb-Stöße der Elektronen mit dem Staub, Elektron-Neutralgas-Kollisionen, Partikel-Elektron- und Partikel-Neutralgas-Kollisionen und Ladungsvariationen wurden berücksichtigt. Die Beziehung zwischen den charakteristischen Frequenzen dieser Prozesse wurde ermittelt. Eine lineare Dispersionsrelation wurde abgeleitet und einige Grenzfälle wurden analysiert. Es konnte gezeigt werden, dass Langmuir-Wellen durch Elektronenstöße gedämpft werden. Weiterhin ergab sich, dass niederfrequente Wellen in einem solchen System immer stabil sind und dass es zwei staub-akustische Moden gibt: (1) die normale staub-akustische Mode, ähnlich der ionen-akustischen Welle in einem Elektron-Ion-Plasma; (2) eine akustische Mode mit reduzierter Phasengeschwindigkeit, die zusammen mit Teilchenladungsvariationen auftritt. Die statischen Eigenschaften des Elektronen-Partikel-Plasmas wurden untersucht und die Abschirmlänge des Systems bestimmt. Die erhaltenen Resultate können in Zusammenhang mit astrophysikalischen Plasmen (in denen Partikel durch UV-Bestrahlung häufig positiv geladen sind) und in einigen Laborplasmaexperimenten (bei denen das Verhalten von durch UV-Licht oder thermischer Emission geladenen Partikeln untersucht wird) von Relevanz sein.


A selfconsistent model of linear waves propagating in a two component dusty plasma whose constituents are positively charged dust grains and electrons has been proposed. Ionization and recombination processes on the dust particle surface, elastic Coulomb collisions of electrons with dust, electron-neutral collisions, dust-electron and dust-neutral collisions as well as dust charge variations are taken into account. The relationships between the characteristic frequencies of these processes are obtained. A linear dispersion relation is derived and some limiting cases are analyzed. It is shown that Langmuir waves are damped due to electron collisions. It is also found that low frequency waves are always stable in such a system, and there exist two dust-acoustic modes: (1) the usual dust acoustic mode, similar to the ion acoustic wave in electron-ion plasmas; (2) an acoustic mode with reduced phase velocity, associated with dust particle charge variations. The static properties of electron-dust plasmas are examined and the screening length of the system is determined. The obtained results can be relevant in connection both to astrophysical plasmas (where dust grains are often charged positively by UV irradiation) and to some laboratory plasma experiments (in which the behavior of dust grains charged by UV source or by thermal emission is investigated).

   

Magnetische Wechselwirkungen / Magnetic Interactions

Es wurden Rechnungen zur Wechselwirkung eines staubigen Plasmas unter Einwirkung eines von außen angelegten Magnetfeldes weitergeführt. Dabei beziehen sich diese Rechnungen auf eine Zeit nach dem Zünden des Plasmas durch das Einschalten der RF-Leistung, die kurz gegen die Stoßzeit der Atome (Neutralteilchen) bezüglich Stößen mit Ionen (ca. 1 s) aber lang gegen die Stoßzeit der Ionen (ca. 10-7 s) ist, so dass sich die Ionen in einem quasi-stationären Zustand befinden während die Neutralteilchen noch weitgehend in Ruhe sind. Calculations have been continued to study the interaction of a dusty plasma under influence of an external magnetic field. The calculations apply to a time after ignition of the plasma by switching on the RF-power which is short compared to the collision time for the atoms (neutrals) with respect to collisions with the ions (about 1 sec) but large compared to the collision time for the ions (about 10-7 sec) so that the ions are in a quasi-stationary state whereas the neutrals are still largely at rest.
Die RF-Kammer wird durch ein kugelförmiges Gebiet (in einem unendlich ausgedehnten Plasma) dargestellt, in dem ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung durch Ionisation und Verlust durch Absorption von Plasmateilchen besteht, wobei die Plasmateilchen sowohl im Innern dieses kugelförmigen Gebietes in einer Staubwolke oder an einem einzelnen Teilchen als auch am Rand dieses Gebietes absorbiert werden. Es wird angenommen, dass kein von außen angelegtes elektrostatisches Feld vorhanden ist um die Teilchen zu levitieren, wie das bei Experimenten unter Schwerelosigkeit oder in Laborexperimenten mit paramagnetischen Teilchen, die durch einen Magnetfeldgradienten levitiert werden, der Fall sein sollte. The RF-chamber is represented by a spherical region (in an infinitely extended plasma) where the production by ionisation and loss by absorption of the plasma particles balance and where absorption of plasma particles occurs within the interior of this spherical region in a dust cloud or at a single dust particle and also at the surface of this region. It is assumed that there is no externally applied electrostatic field to levitate the dust particles as it should be the case in microgravity experiments or in laboratory experiments with paramagnetic dust particles levitated by a magnetic field gradient.
Unter der Voraussetzung, dass das Plasma durch die Partikel und durch die Wand der RF-Kammer nur schwach gestört wird, wurden für das elektrostatische Potential analytische Ausdrücke hergeleitet. Für dieselbe Voraussetzung wurden auch Rechnungen begonnen um die Dynamik des Plasmas - einschließlich der Neutralteilchen - für einen stationären Zustand zu ermitteln, wie er sich nach hinreichend langer Zeit einstellen sollte. Under the assumption that the plasma is only weakly disturbed by the presence of the dust and by the wall of the RF-chamber, analytical expressions for the electrostatic potential have been derived. For the same assumption, calculations were started to investigate the dynamics of the plasma - including the neutrals - for a stationary state as it should be reached after a sufficient long time.

[Annaratone, Bryant, Goldbeck, Hagl, Ivlev, Khrapak, Konopka, Kretschmer M., Morfill, Pilipp, Quinn, Rothermel, Samsonov, Sütterlin, Tarantik, Thomas, Zuzic]

MPE Jahresbericht 2001 / MPE Annual Report 2001


HTML version: 2002-06-10; Helmut Steinle