Der Sternenhimmel im Juni 2001

Lange Tage und kurze Nächte sind charakteristisch für den Juni, jedenfalls in unseren Breiten. Die Sonne durchwandert in dieser Zeit auf ihrer alljährlichen Reise durch den Tierkreis dessen nördlichste Bereiche, so dass die nördliche Hemisphäre der Erde vom Sonnenschein begünstigt wird. In der Großstadt fällt es nicht auf, aber auf dem Land kann man gerade in den Tagen um die Sommer-Sonnenwende am 21. Juni erkennen, dass es entlang des Nordhorizontes nicht ganz dunkel wird. In Südeutschland ist dieses Phänomen nicht sehr ausgeprägt, aber schon im Norden ist es deutlich sichtbar. Dort spricht man deshalb auch von den "weißen Nächten". Jenseits von 66,6 Grad nördlicher Breite - dem Polarkreis - geht die Sonne zur Sommer-Sonnenwende überhaupt nicht unter.

In unseren Breiten kann man, wenn es gegen 23 Uhr dunkel genug geworden ist, hoch im Süden als einen der ersten Sterne den orange-gelben Arctur, den hellsten Stern im Bärenhüter, ausmachen. Auch die helle Wega in der Leier, halbhoch im Osten, kann jetzt schon erkannt werden. Bald darauf werden auch Deneb im Schwan und Atair im Adler, die zusammen mit Wega das Sommerdreieck bilden, im Osten sichtbar. Tief im Süden leuchten zwei rötliche "Sterne". Der hellere, weiter östliche, ist jedoch kein Fixstern, sondern der Planet Mars, der Mitte diesen Monats in Opposition zur Sonne steht. Das bedeutet, der Planet steht, von der Erde aus betrachtet, am Himmel der Sonne gegenüber und ist somit die ganze Nacht über sichtbar. Für alle Planeten, die auf einer Bahn außerhalb der Erdbahn die Sonne umkreisen, stellt deshalb die Opposition die günstigste Beobachtungszeit dar. Außerdem ist während dieser Zeit die Entfernung zur Erde am geringsten. Mars kommt der Erde in dieser Opposition auf 67 Millionen Kilometer nahe. Entsprechend hell leuchtet er am Himmel und entsprechend groß erscheint er im Fernrohr. Mars ist allerdings nur halb so groß wie die Erde und so bedarf es dennoch ein wenig Beobachtungserfahrung um im Blickfeld des Teleskops mehr als die rötliche Färbung und den weißen Schimmer der vereisten Polkappen zu sehen; da Mars nur eine knappe Handbreit über den Horizont aufsteigt, wird die Sicht zusätzlich durch die Erd-Atmosphäre stark beinträchtigt. Ende des neunzehnten Jahrhunderts sind selbst professionelle Mars-Beobachter optischen Täuschungen erlegen und glaubten, auf unserem Nachbar-Planeten ein Netz feiner Linien, die so genannten Marskanäle, zu sehen. Die darauf gründenden Spekulationen auf Erd-ähnliches Leben erwiesen sich spätestens nach den Fotos der ersten Raumsonden als falsch; diese zeigten die Marsoberfläche als Krater-übersäte, Mond-ähnliche Wüste. Die heutigen wissenschaftlichen Diskussionen ranken sich nur noch um fossile Mikroben aus einem möglicherweise nicht ganz so lebensfeindlichen Klima in der Frühzeit des Mars.


Der Sternenhimmel im Südosten gegen 23 Uhr; knapp über dem Horizont der der rötlich leuchtende Planet Mars nicht weit von dem ebenfalls rötlichen Stern Antares im Sternbild Skorpion.

Das zweite rötliche Gestirn im Skorpion ist der Stern Antares, der seinen Namen "Gegen-Mars" aufgrund seiner rötlichen Farbe erhielt. Bis August werden sich Mars und Antares noch näher kommen, so dass man ihre Farben gut vergleichen kann. Nördlich des Mars kommt Anfang Juni Pluto, der äußerste Planet des Sonnensystem, in Opposition zur Sonne. Er ist jedoch so weit von Sonne und Erde entfernt, dass er mehr als eine Million mal lichtschwächer als Mars erscheint und damit nur in größeren Fernrohren als Lichtpünktchen gesehen werden kann. Venus kann man hingegen am Osthorizont kurz vor Dämmerungsbeginn am Morgen nicht übersehen. Abgesehen von Sonne und Mond leuchtet kein Gestirn so hell wie sie.

Die hellen Sommernächte eignen sich weniger, um Ausschau nach schwachen Himmelsobjekten wie fernen Galaxien oder Gasnebeln zu halten. Besser geeignet sind Sternhaufen, die entweder als lockere Ansammlungen von einigen zehn bis hundert Sternen oder als kompakte, kugelförmige Objekte mit Tausenden von Sternen vorkommen. Ein solcher kompakter Haufen, den die Astronomen Kugelsternhaufen nennen, befindet sich im Sternbild Herkules, das zur Zeit fast im Zenit zwischen den Sternbildern des Bärenhüters und der Leier steht. Unter einem dunklen Himmel kann man diesen Kugel-Sternhaufen schon mit dem bloßen Auge als diffuses Fleckchen erkennen, mit einem Fernglas stellt er kein Problem dar. Einen weiteren solchen Sternhaufen kann man ganz in der Nähe von Antares aufspüren. Viele der lockeren Sternansammlungen, die von den Astronomen als offene Sternhaufen bezeichnet werden, können mit Hilfe eines Feldstechers im Bereich des Milchstraßenbandes beobachtet werden, das sich quer durch das Sommerdreieck zum Schützen erstreckt, der gegen 23 Uhr gerade im Südosten über den Horizont steigt.

Susanne Friedrich