Der Sternenhimmel im Juni 2002

Planetenpaar am Abendhimmel

Wer in den letzen Wochen den abendlichen Westhimmel in der Dämmerung beobachtet hat, wird insbesondere die hellen Planeten Venus und Jupiter bemerkt haben. Anfang Juni kommen sich die beiden am Himmel bis auf drei Vollmond-Durchmesser nahe; dabei zieht die hellere und schnellere Venus nördlich an Jupiter vorbei. Am 13. Juni steht die schmale Mondsichel zwischen den beiden Planeten. Das helle Planeten-Paar ist bereits bald nach Sonnenuntergang am noch hellen Dämmerungshimmel auszumachen und beherrscht in der ersten Monatshälfte zwischen 21 Uhr und 23 Uhr den westlichen Himmel. Während Venus auch weiterhin als "Abendstern" glänzt, verabschiedet sich gegen Mitte des Monats Jupiter von der Himmelsbühne; er steht der Sonne dann so nahe, dass er kaum mehr zu entdecken ist.

Juni ist der Monat mit den längsten Tagen und den kürzesten und hellsten Nächten. In der Großstadt mit heller Beleuchtung fällt es nicht auf, aber auf dem Land kann man gerade in den Tagen um die Sommersonnenwende am 21. Juni bemerken, dass es nicht völlig dunkel wird. Die Sonne steht zu dieser Jahreszeit um Mitternacht in Süddeutschland nur 17-18 Grad unter dem Horizont. Mit zunehmender nördlicher Breite wird dieser Abstand immer geringer, und für Bewohner jenseits des Polarkreises geht die Sonne dann überhaupt nicht unter - man spricht von der Mitternachtssonne.

In den kurzen Nächten wird es aber dunkel genug, um die hellen Sternbilder zu sehen, z.B. den Großen Wagen. Er steht zu dieser Jahreszeit abends hoch am Himmel. Ein bekanntes Beobachtungsobjekt in der Deichsel des Großen Wagen ist das Sternenpaar Mizar und Alkor. Man sagt, dass derjenige, der diese beiden Sterne getrennt sehen kann, ausgezeichnete Augen hat. Ein Fernrohr zeigt dem Beobachter, dass Mizar selbst noch einmal aus zwei Sternen besteht. Insgesamt gehören zum System Mizar und Alkor - wie ausgetüftelte Beobachtungstechniken ergeben haben - sieben Sternen, die einander umkreisen. Dies ist nichts Besonderes. Astronomen haben festgestellt, dass gut 60% aller Sterne keine Einzelsterne wie unsere Sonne sind, sondern in Doppel- oder Mehrfachsystemen vorkommen. Im Kopf des Sternbilds Schwan, das gerade am Osthimmel emporsteigt, gibt es einen Doppelstern, der bereits in einem Feldstecher seine Schönheit entfaltet: Albireo, ein System, dessen eine Komponente orange leuchtet und die andere blau.

Hoch im Süden kann man den orange-gelben Arctur, Hauptstern im Bärenhüter, und die weißliche Wega in der Leier ausmachen. Sie gehört neben Deneb im Schwan und Atair im Adler zum Sommerdreieck, das gerade im Osten aufgeht. Tief im Süden funkelt der orangefarbene Antares im Skorpion. Dieses Sternbild steht allerdings so weit südlich, dass es in unseren Breiten nie ganz über dem Horizont zu sehen ist; im Frühsommer kann es jedoch am besten beobachtet werden.

Die hellen, kurzen Sommernächte eignen sich nicht besonders gut, um Jagd auf schwache Himmelsobjekte zu machen. Ein dankbares Objekt dagegen ist ein kompakter Sternhaufen - man nennt solche kompakten Haufen Kugelsternhaufen - im Sternbild Hercules. Der Hercules ist ein schwächeres Sternbild, das zur Zeit fast im Zenit zwischen dem Drachen-förmigen Sternbild des Bärenhüters und dem Sternbild der Leier zu finden ist. Unter einem dunklen Himmel kann man diesen Kugelsternhaufen schon mit dem bloßen Auge als nebliges Fleckchen erkennen, mit einem Fernglas ist es problemlos. Seine volle Pracht entfaltet er aber erst in größeren Fernrohren. Das neblige "Fleckchen" löst sich darin in eine Vielzahl von Einzelsternen auf, die dicht gedrängt beieinander stehen. Diese Kugelsternhaufen gehören zu den ältesten Objekten unserer Milchstraße, ja es kann sogar sein, dass sie sich vor den meisten Sternen der Milchstraße gebildet haben. Man schätzt ihr Alter auf mehr als zehn Milliarden Jahre, womit sie etwa doppelt so alt wären wie unsere Sonne. Mit Hilfe einer entsprechenden Sternkarte kann man weitere Kugelsternhaufen in den Sternbildern Hercules, Leier, Skorpion und Schlangenträger finden.

Kugelsternhaufen sind auch für die Wissenschaftler interessant, weil es sich bei ihnen um die ältesten Objekte in unserer Milchstraß&e handelt. Da sie lange vor unserer Sonne entstanden sind, geben sie Aufschluss über die chemischen Verhältnisse in den "jungen Tagen" unserer Galaxis. Die chemische Zusammensetzung der Materie hat insbesondere Auswirkungen auf die Sternentwicklung.

Peter Friedrich