Der Sternenhimmel im Mai 2002

Betrachtet man Mitte Mai gegen 22 Uhr - d.h. noch in der Dämmerung - den Himmel nahe dem Westhorizont, so fallen sofort die beiden hellen Planeten Venus und Jupiter auf. Anfang des Monats kann man zudem noch Saturn, Mars und knapp über dem Horizont Merkur aufspüren. Zum Auffinden der beiden letzten Planeten ist, sofern der Himmel nicht sehr klar ist, ein Feldstecher sehr nützlich. Damit tritt der seltene Fall ein, dass alle fünf mit dem bloßen Auge sichtbaren Planeten am westlichen Abendhimmel versammelt sind. Zwischen dem 14. und 16. Mai gesellt sich auch die schmale Mondsichel zu den Planeten. Bis zur Entdeckung des Uranus im Jahre 1781 durch W. Herschel bestand das Sonnensystem nur aus diesen fünf Planeten sowie der Sonne und dem Mond. 1846 wurde dann der Planet Neptun und erst 1930 Pluto, der äußerste Planet im Sonnensystem, entdeckt. Uranus (ab Mitte Mai) und Neptun können mit einem lichtstarken Feldstecher am späten Abend tief im Südosten aufgestöbert werden; Pluto im Sternbild Schlangenträger hingegen ist nur in größeren Fernrohren sichtbar.


Der abendliche Sternenhimmel im Mai mit den Planeten Venus und Mars (im Nordwesten, kurz vor dem Untergang) sowie Jupiter im Westen

Im Mai steht der Große Wagen, die wohl populärste Stern-Konstellation, abends hoch am Himmel und wandert durchs Zenit. Allerdings ist der Wagen nur der markante Teil des wesentlich größeren Sternbildes Große Bärin. Verlängert man den Bogen der Deichsel nach Süden, so gelangt man zu einem weiteren auffälligen Frühlingssternbild, dem Bärenhüter, mit seinem rötlich leuchtenden Hauptstern Arctur. Östlich des Bärenhüters findet man einen kleinen Halbkreis von etwa gleich hellen Sternen, die Nördliche Krone. Der hellste von ihnen trägt den Namen Gemma, was Edelstein bedeutet. Im Feldstecher ist der Anblick noch schöner. Hat man ein solches Instrument zur Hand, lohnt es sich, noch etwas nach Nordosten in Richtung der gerade aufgehenden hellen Wega zu schwenken, um den Sternhaufen M13 im Hercules anzusehen. In extrem klaren Nächten kann man den Sternhaufen bereits mit bloßem Auge als ein kleines unscharfes Fleckchen erkennen. Am 16. Mai nähert sich der Komet Ikeya-Zhang bis auf etwa 2 Grad diesem Sternhaufen und wird gemeinsam mit ihm im Gesichtsfeld eines Feldstechers einen interessanten Anblick bieten. Folgt man dem Bogen der Wagendeichsel über Arctur hinaus weiter nach Süden, so stößt man auf die weißlich leuchtende Spica im Sternbild Jungfrau. Während man die markante Raute des Bärenhüters nicht übersehen kann, ist die Jungfrau abgesehen von ihrem Hauptstern Spica wegen ihrer schwachen Sternen kaum auszumachen. Regulus, den hellsten Stern im Frühlingssternbild Löwen, findet man, indem man die Verbindungslinie der beiden vorderen Kastensterne des Wagens nach Süden verlängert. Die hinteren beiden Kastensterne weisen auf die Hinterbeine des sitzenden Löwen. Im Himmelsgebiet zwischen Löwe und Bärenhüter, das nur von schwachen Sternen bevölkert wird, fällt unter einem klaren Himmel ein diffuses Objekt auf, das sich in einem Feldstecher als großer Sternhaufen entpuppt. Die tausenden Galaxien, die ebenfalls in dieser Himmelsgegend zu finden sind, werden erst in einem Fernrohr sichtbar. Der Löwe hat im Mai bereits seinen Zenit überschritten und neigt sich dem Untergang zu. Er macht Platz für die im Osten aufsteigenden Sommersternbilder, von denen mit der Leier und dem Schwan gegen 23 Uhr bereits zwei typische Vertreter aufgegangen sind.

Peter Friedrich