Ortwin Gerhard erhält Brouwer-Preis

30. Juni 2017
Die Division “Dynamical Astronomy” (DDA) der American Astronomical Society hat Dr. Ortwin Gerhard vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) mit dem Dirk-Brouwer-Preis ausgezeichnet. Gerhard wird damit für seine Leistungen bei der Modellierung der inneren Milchstraßengalaxie geehrt.

Die innere Galaxie ist nicht nur durch Staub in der Ebene der galaktischen Scheibe verdeckt, sondern wir sehen sie auch in Projektion von unserem Standort in der äußeren Scheibe. Um die innere Struktur zu enträtseln, haben Ortwin Gerhard und seine Gruppe Daten aus vielen Wellenlängenbereichen genutzt und „mit zunehmend anspruchsvollen Modellierungstechniken“ kombiniert, um ein Bild einer Scheibengalaxie mit Balken zu erstellen, in der der innere Balken den mit Infrarot-Beobachtungen sichtbaren, Erdnuss-förmigen „Bulge“ widerspiegelt (siehe auch MPE Pressemeldung: Das Innere unserer Milchstraße in 3D).

Das Komitee betont, dass das von der Gruppe um Gerhard etablierte Bild der inneren Galaxis kosmologisch wichtig ist, da es zeigt, dass Baryonen im inneren Teil unserer recht typischen Galaxie vollständig dominieren. Sein Team nutzte nicht nur N-Körper-Simulationen sondern entwickelte außerdem eine maßgeschneiderte Methode (namens NMAGIC), mit der N-Körper-Simulationen an Beobachtungsdaten angepasst werden können.

Gerhard war maßgeblich am „planetary nebula project“ beteiligt, das unser Wissen über die Dynamik der elliptischen Galaxien auf die bisher größten, untersuchten Skalen erweiterte. Zusammen mit Kollegen konnte er außerdem die Bewegungen der Sterne im Coma- bzw. Virgohaufen messen; damit erhielten die Wissenschaftler Einblicke in die Prozesse, durch die das diffuse Licht im solchen Galaxienhaufen erzeugt wird

Zunächst in Heidelberg, dann in Basel und schließlich am MPE in Garching hat Ortwin Gerhard „Forschungsgruppen von internationalem Rang aufgebaut, und mit diesen ein starkes und kohärentes Forschungsprogramm mit Studierenden und Postdocs verfolgt“. Mehrere seiner ehemaligen Studenten und Postdocs sind jetzt selbst maßgebliche Forscher in galaktischer Dynamik. Sein internationaler Einsatz für die astronomische Gemeinschaft umfasst seinen Dienst als Präsident der IAU-Division VII und als Vizepräsident und Präsident der IAU-Kommission 33.

Für seine Beiträge zum Verständnis der Dynamik und Struktur der inneren Milchstraße sowie weiter entfernter elliptischer Galaxien und Haufen ehrt die DDA Ortwin Gerhard jetzt mit dem Dirk-Brouwer-Preis, der 1976 begründet wurde, um herausragende Beiträge auf dem Gebiet der „Dynamischen Astronomie“ auszuzeichnen, darunter Himmelsmechanik, Solarsystemdynamik, Planeten- und Exoplaneten-Dynamik, Astrometrie, Geophysik, Sternsysteme, galaktische und extragalaktische Dynamik. Die Hauptkriterien, die nicht unbedingt mit gleichem Gewicht in die Auswahl einfließen, sind (a) Exzellenz in der wissenschaftlichen Forschung; (B) Auswirkungen und Einfluss im Forschungsgebiet; C) Exzellenz in der Lehre und Ausbildung der Studenten; (D) herausragende Weiterentwicklung und sonstige Unterstützung des Feldes im Bereich Verwaltung, öffentlicher Dienst oder Ingenieurleistung. Ortwin Gerhard wird seinen Preisvortrag auf der DDA-Sitzung 2018 halten.

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