Komplexe Plasmen
Plasmakristalle können sich unter bestimmten Voraussetzungen in komplexen (''staubigen'') Plasmen bilden. (Was ist ein Plasma?) Dabei ordnen sich die im Plasma elektrisch geladenen Staubpartikel in einem regelmäßigen, makroskopischen Gitter an. Plasmakristalle ermöglichen damit die Untersuchung der Festkörpereigenschaften auf dem fundamentalsten Level, dem kinetischen. Das bedeutet, grundlegende Prozesse, wie z.B. das Schmelzen, können erstmals durch die Beobachtung der Bewegung einzelner Teilchen studiert werden. Seit ihrer Entdeckung im Labor 1994 ist das Interesse an Plasmakristallen in theoretischer und experimenteller Hinsicht sehr stark gewachsen, was sich in einem exponentiellen Anstieg der Zahl der Veröffentlichungen auf diesem Gebiet zeigt.
Das Bild rechts zeigt einen Plasmakristall im Labor (Seitenansicht). Staubteilchen schweben in einem Argon-Plasma über einer Hochfrequenz-Elektrode (unten). Der Bildausschnitt beträgt horizontal ca. 2 cm. (Vergrößern.) Wenn Sie das Bild mit dem Mauszeiger berühren, sehen Sie eine Draufsicht auf eine Kristallebene. (Javascript muss aktiviert sein.) Man beachte die regelmäßige Anordnung der Teilchen. Die Schwerkraft spielt eine besondere Rolle im Aufbau von Plasmakristallen. Unter den Schwerkraftbedingungen im Labor lassen sich im wesentlichen nur zweidimensionale Plasmakristalle bilden. Dies liegt an der Sedimentation der Mikropartikel, die man verwendet, um den Kristall aufzubauen. Unter Schwerelosigkeit lassen sich große, dreidimensionale Plasmakristalle bilden. Deshalb betreibt unser Institut, neben der Erforschung von Plasmakristallen im Labor, auch Forschung unter Schwerelosigkeit, etwa auf Parabelflügen und Raketenexperimenten, als komplementäres Standbein zur Laborforschung. Im März des Jahres 2001 wurde das Plasmakristall-Experiment PKE-Nefedov unseres Instituts in Zusammenarbeit mit der russischen Raumfahrtagentur und dem Institut für hohe Energiedichten (IHED, heute ''Joint Institute for High Temperatures'', JIHT), Moskau, als eines der ersten wissenschaftlichen Experimente überhaupt an Bord der neuen Internationalen Raumstation ISS durchgeführt. Insgesamt konnten im Orbit 45 Experimente mit komplexen Plasmen erfolgreich durchgeführt werden. Im August 2005 wurde PKE-Nefedov außer Dienst gestellt. |