Projektbeschreibung

Wissenschaftliche Ziele

Die wichtigsten Fragen der modernen Kosmologie können folgendermaßen simplifiziert werden: Was sind die Anfangsbedingungen unseres Universum? Was ist die Natur der Gravitation? Wie entsteht die beschleunigte Expansion und was ist der Ursprung von Dunkler Energie und Dunkler Materie?


Euclid
ist eine Satellitenmission, prädestiniert zur Untersuchung der Ursache der beschleunigten Expansion des Universums, der Natur der dunklen Energie sowie Materie und Gravition mittels genauer Analyse von beobachtbaren Signaturen in der Geometrie und in der kosmischen Strukturbildung. Euclid umfasst eine großskalige Fläche der Strukturbildung über einen kosmischen Zeitraum der letzten 10 Milliarden Jahre, d.h. über mehr als 75% des Alters des Universums. Die Mission ist optimiert für zwei unabhängige primäre kosmologische Untersuchungen: Weak gravitational Lensing (WL) und Baryonic Acoustic Oscillations (BAO).

(1.) Weak gravitational lensing (WL):

Die Grundidee von Weak lensing ist die Ablenkung des von einer Hintergrundquelle (z.B. einer Galaxie) kommenden Lichts durch die Präsenz einer Masse zwischen Beobachter und Lichtquelle (siehe Abb. 1). Das Bild des Hintergrundobjektes wird verstärkt und zur Vordergrundmasse hin gedehnt. Beschrieben wird dies durch die sogenannten Konvergenz (convergence) und Scherr (shear) Terme. Unter der Annahme, dass Galaxien keine bevorzugte Orientierung im Raum besitzen, erlaubt eine statistische Abschätzung der Anordnung von verschiedenen Hintergrundobjekten (deren entsprechende Lichtpfade beeinflußt werden durch lensing aufgrund des Vordergrundobjektes), eine Bestimmung der Vordergrundmasse. Eine Verwendung von Hintergrundgalaxien aus verschiedenen Rotverschiebungen - also Distanzen - ermöglicht so eine räumliche Ausbreitung und erlaubt es die Massenverteilung entlang der Distanzachse zu messen. Instrumentelle und Atmosphärische Effekte hingegen führen zu einem zusätzlichen "Verschmieren" der beobachteten Bilder. Zwangsläufig muß daher die entsprechende Point Spread Function (PSF) entsprechend korrigiert werden. Zum Beispiel muß die räumliche Variabilität der PSF Elliptizität über ein Sichtfenster (Field of View - FoV) von 50 arcmin2 unterhalb von 10-4 liegen.

(2.) Baryonische akustische Oszillationen (BAOs):

BAOs können als eine invariante Längenskala verstanden werden, eingeprägt während den frühen Phasen des Universums und bis heute nachweisbar in der sichtbaren Materie (siehe Abb. 2). Während dieser frühen Epoche war das Universum erfüllt von einem heißen Plasma bestehend aus Photonen und Baryonen (d.h. Protonen und Neutronen), welche zu diesem Zeitpunkt noch gekoppelt waren. Die unterliegenden Dichtefluktuationen resultierten in überdichte Regionen, die weitere Materie aufgrund von Gravitation ansammelte. Dies führte zu einer Erhöhung des Drucks, welcher dem Gravitationssog entgegenwirkte und Oszillationen innerhalb des Plasmas zur Folge hatte. Diese Oszillationen gleichen Schallwellen aufgrund von Druckunterschieden in der Luft. Der entsprechende Schallhorizont besitzt eine spezielle Länge, welche für kosmologische Studien genutzt werden kann. Zum Beispiel ist diese Länge in Karten der kosmologischen Hintergrundstrahlung, repräsentativ für die Ära von Materie und Strahlungsentkopplung, abgedruckt. Vermessung der großskaligen Materieverteilung im Universum während unterschiedlichen Epochen (Rotverschiebungen) ermöglicht es die Entwicklung des Schallhorizonts über Raum und Zeit zu verfolgen. Die Anforderungen für diese wissenschaftlichen Studien mit BAOs verlangen eine gute Beobachtungstiefe und spektroskopische Genauigkeit bei der Bestimmung der Rotverschiebungen von Galaxien.

 

Euclid Mission:

Die Beobachtungen decken 15.000 (°)2 des extragalaktischen Himmels und werden komplementiert durch 20 (°)2 große deep field Beobachtungen. Für die weak lensing Studien misst Euclid die Form von 30 aufgelösten Galaxien pro arcmin2 im R+I+Z-Band (550-920nm) von Euclid. Diese folgen von den NIR-Bänderen (Y, J, H in einem Bereich von 0.92-2.0 Mikrometern). Zusätzliche Daten werden von bodengebundenen Beobachtungen wie DES, KiDS und Pan-STARRS geliefert.

Die BAOs werden durch spektroskopische Beobachtungen mit einer Rotverschiebungs-Genauigkeit von ≤0.001 bestimmt. Das Spektrometer detektiert hauptsächlich H-alpha-Galaxien. Der limitierte Fluss ist 3·10-16 erg s-1 cm-2, was in über 50 Millionen Galaxien-Rotverschiebungen mit einer Vollständigkeit größer als 45% resultiert.

Die 'deep survey' ist um zwei Größenordnungen tiefer als die 'wide survey'. Dies wird für die Kalibration der Spektroskopie benötigt und ist einzigartig.

Euclid wird voraussichtlich 2020 mit einer Soyuz ST-2.1B-Rakete gestartet. Nach ungefähr 30 Tagen erreicht Euclid den zweiten Lagrange-Punk des Erde-Sonne-Systems, wo es sechs Jahre lang beobachten und alle geplanten Messungen durchführen wird. Die Bildqualität ist gewährleistet durch Beobachtungen des Himmels anhand von Kreisen mit konstanten solaren Winkeln. Mögliche Variationen des Winkels zwischen verschiedenen Feldern werden auf ein Maximum von 5 ° begrenzt, um thermische Stabilität zu begünstigen. Die wissenschaftlichen Daten des Satelliten werden von mehreren Bodenstationen mit einer Rate von 850 Gbit/Tag empfangen und bearbeitet.


MPE Beteiligung:

Das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) ist verantwortlich für das optische Design des nah-infraroten Instruments, im Besonderen für die Beschaffung der Linsen und ihrer Halterungen, sowie aller Funktionalitätsprüfungen. Zusätzlich zu der Hardwareentwicklung ist das MPE involviert in der wissenschaftlichen Datenverarbeitung der Mission. Die Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) ist mitverantwortlich für die Vorbereitung komplementärer bodengebundener Daten und ihrer Vereinigung mit visuellen und infraroten Daten von Euclid. Beide Institute sind involviert in verschiedenen wissenschaftlichen Arbeitsgruppen, im Euclid Consortium Board und im ESA Wissenschafts-Team.

 

Zur Redakteursansicht