Genaue Entfernungsbestimmung setzt der Dunklen Energie Grenzen

8. Januar 2014
Auf der Januar-Tagung der amerikanischen astronomischen Gesellschaft (AAS) gaben Wissenschaftler des BOSS-Teams (Baryon Oscillation Spectroscopic Survey) bekannt, dass sie den Abstand zu Galaxien in einer Entfernung von mehr als sechs Milliarden Lichtjahren mit einer Genauigkeit von einem Prozent gemessen haben. Gemeinsam mit Informationen über die Ausdehnungsgeschwindigkeit des Universums können die Wissenschaftler am Max -Planck-Institut für extraterrestrische Physik mit diesen Messungen die Eigenschaften der geheimnisvollen Dunklen Energie sehr genau einschränken. Dieser Bestandteil des Universums ist wahrscheinlich für die beschleunigte Ausdehnung des Universums verantwortlich, die die Astronomen derzeit beobachten.

Die neuen Abstandsmessungen wurden durch den Astronomen Daniel Eisenstein von der Harvard-Universität vorgestellt, der auch Direktor der SDSS-III-Kollaboration ist. Sie werden in einer Reihe von Veröffentlichungen beschrieben, die das BOSS-Team letzten Monat eingereicht hatte und die nun online veröffentlich wurden. "Die Abstandsmessung ist eine fundamentale Herausforderung in der beobachtenden Astronomie", sagt Eisenstein. "Wenn sie etwas am Himmel sehen, wie weit ist es weg?"

 

Entfernungen zu den Planeten in unserem Sonnensystem können mit Radar sehr genau gemessen werden, aber für weiter entfernte Objekte sind die Astronomen auf weniger direkte Methoden angewiesen. Nur ein paar hundert Sterne und einige wenige Sternhaufen sind nahe genug, damit man ihre Entfernungen mit einer Genauigkeit von einem Prozent messen kann. Fast alle diese Sterne sind nur ein paar tausend Lichtjahre entfernt und befinden sich immer noch in unserer eigenen Milchstraße. Die neuen BOSS-Messungen reichen nun bis zu Entfernungen, die eine Million mal größer sind, und sondieren das Universum weit über unsere eigene Galaxie hinaus mit bisher unerreichter Genauigkeit.

 

"Ein Messung mit einer Genauigkeit von einem Prozent bei einer Entfernung von sechs Milliarden Lichtjahren ist ein gewaltiger Schritt nach vorn", erklärt Eisenstein, "und es erfordert eine ganz andere Technik als die Messungen im Sonnensystem oder in der Milchstraße."

BOSS misst „baryonische, akustische Schwingungen“ (BAOs), subtile periodische Schwankungen, die sich in der Anordnung der Galaxien im Kosmos zeigen. Diese Schwankungen wurden der Materieverteilung im frühen Universum aufgeprägt und entstanden durch Druckwellen, die sich im Plasma des frühen Universums ausbreiteten. Damals war das Universum so heiß und so dicht, dass die Lichtteilchen (Photonen) eng mit Protonen und Neutronen (zusammen auch "Baryonen" genannt) gekoppelt waren. Die Größe dieser periodischen Schwankungen kann direkt aus den physikalischen Grundlagen berechnet werden und dient somit als Lineal, das sehr genau gemessen werden kann.

 

Ariel Sanchez und Francesco Montesano, Nachwuchswissenschaftler am Max -Planck-Institut für extraterrestrische Physik, sind Erstautoren für eine begleitende Veröffentlichung, in der dieses „BOSS-Lineal“ nicht nur senkrecht zur Sichtlinie gemessen wurde, sondern auch parallel dazu. Damit konnten sie zusätzlich die Anisotropie in der klumpigen Galaxienverteilung messen. "Damit können wir nicht nur bestimmen, wie weit diese Galaxien von uns entfernt sind, sondern auch wie schnell sie sich bewegen", erklärt Ariel Sanchez. "Wir können also die Rate bestimmen, mit der das Universum sich ausdehnte und zwar vor sechs Milliarden Jahren, zu der Zeit, als das Licht, das wir heute beobachten, diese Galaxien verließ."

 

Bereits vor einem Jahr präsentierte das BOSS-Team vorläufige BAO-Messungen auf der Grundlage der frühen Galaxienkarten; die neue Analyse umfasst nun aber ein größeres Volumen des Universums. Die Messung ist somit deutlich genauer, die Standorte von 1,2 Millionen Galaxien wurden inzwischen kartographiert. Die jetzigen Ergebnisse enthalten auch erste Messungen der BAOs aus einer Stichprobe von mehr nahen Galaxien.

 

"Die fernen Galaxien erlauben uns einen Blick zurück in eine Zeit, als das Universum etwa die Hälfte seines heutigen Alters hatte; die nahen Galaxien zeigen uns ein weiter entwickeltes Universum", sagt Ariel Sanchez. "Wenn wir beide Messungen zusammen nehmen, erhalten wir sehr starke Einschränkungen für die Eigenschaften der Dunklen Energie, die wahrscheinlich für die aktuelle beschleunigte Ausdehnung des Universums verantwortlich ist."

 

Bisher passen die BOSS-Messungen anscheinend zu einer Form der dunklen Energie, die im Laufe der Geschichte des Universums konstant bleibt - im Gegensatz zu sowohl normaler als auch dunkler Materie, die durch die Ausdehnung des Universums verdünnt werden. Diese Dunkle Energie scheint mit dem Raum selbst verbunden zu sein, und wird manchmal auch als " kosmologische Konstante " interpretiert. Diese Theorie ist inzwischen zum Standard-Modell für die Dunkle Energie geworden. "Da unsere Daten ständig besser und besser werden, können wir dieses Standardmodell immer strengeren Tests unterziehen", sagt Ariel Sanchez.

 

 

 

Über den Sloan Digital Sky Survey

 

BOSS ist das größte der vier Projekte, die zusammen den Sloan Digital Sky Survey III (SDSS -III) bilden. Die Finanzierung für SDSS-III wurde von der Alfred P. Sloan Foundation, die beteiligten Institutionen, der National Science Foundation und dem US Department of Energy, Office of Science, zur Verfügung gestellt. Die SDSS-III-Website ist http://www.sdss3.org .

 

SDSS-III wird durch das Astrophysical Research Consortium geleitet für die teilnehmenden Institutionen der SDSS-III Collaboration, darunter University of Arizona, die brasilianische Gruppe, Brookhaven National Laboratory, Carnegie Mellon University, University of Florida, die französische Gruppe, die deutsche Gruppe, Harvard University, Instituto de Astrofisica de Canarias, Michigan State/Notre Dame/JINA-Gruppe, Johns Hopkins University, Lawrence Berkeley National Laboratory, Max-Planck -Institut für Astrophysik, Max -Planck-Institut für extraterrestrische Physik, New Mexico State University, New York University, Ohio State University, Pennsylvania State University, University of Portsmouth, Princeton University, die spanische Gruppe, University of Tokyo, University of Utah, Vanderbilt University, University of Virginia, University of Washington, Yale University.

 

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