NOEMA auf der Suche nach unseren Ursprüngen

Das Observatorium auf dem Plateau de Bure wird zum leistungsfähigsten Radioteleskop der Nordhalbkugel ausgebaut

22. September 2014
Mit der offiziellen Einweihung der ersten von sechs geplanten NOEMA-Antennen am 22. September unternehmen die Max-Planck-Gesellschaft und ihr Partnerinstitut IRAM einen entscheidenden Schritt hin zu einem der größten deutsch-französischen Vorhaben in der Astronomie: dem Ausbau des Plateau de Bure Observatoriums in den französischen Alpen zum leistungsstärksten und empfindlichsten Millimeter-Radioteleskop der nördlichen Hemisphäre. Die Wissenschaftler erhoffen sich von diesem modernen Observatorium Antworten auf die Frage nach unserer Herkunft und der Entstehung des Universums.

Die Radioastronomie der Millimeterwellen spielt eine zentrale Rolle in der Astrophysik. Während optische Teleskope überwiegend auf die Beobachtung von heißen Himmelskörpern wie Sternen ausgerichtet sind, ermöglichen Radioteleskope die Erforschung des kalten Universums bei Temperaturen von nur einigen Grad über dem absoluten Nullpunkt (- 273,15 Grad Celsius). Dabei spüren sie Objekte auf, die sich – weil von kosmischem Staub und interstellaren Wolken umgeben – mit optischen Instrumenten nicht beobachten lassen.

Wissenschaftler des MPE nutzen das IRAM-Interferometer auf dem Plateau de Bure bereits seit 20 Jahren zur Untersuchung des kalten Gases in anderen Galaxien. Durch die immer weiter verbesserte Empfindlichkeit konnten sie in den letzten Jahren erstmals den Gasgehalt normaler Galaxien im frühen Universum messen. Diese enthalten viel mehr Gas als heutige Galaxien, und können deshalb sehr viele neue Sterne bilden, ohne dass besondere Ereignisse wie z.B. Zusammenstöße von Galaxien dazu nötig wären.

NOEMA (NOrthern Extended Millimeter Array) gehört zu einer neuen Generation von Radioteleskopen und wird nach seiner Fertigstellung das leistungsstärkste Interferometer auf der Nordhalbkugel sein. Dank sechs zusätzlicher 15-Meter-Antennen und dem Einsatz neuer Instrumente sowie einer Verlängerung der Schienensysteme, auf denen sich die Teleskope bis zu 1,6 Kilometer voneinander entfernt positionieren lassen, wird NOEMA den Himmel zehnmal empfindlicher vermessen als das bisher möglich war; außerdem bietet die auf 2500 Metern über dem Meeresspiegel gelegene Anlage eine vierfach bessere räumliche Auflösung.

Mit der Erweiterung zu NOEMA bleibt das Plateau de Bure Interferometer ein international führendes Instrument für die Wissenschaftler des MPE, sowohl für die Untersuchung ferner Galaxien als auch für Astrochemie im interstellaren Medium unserer Milchstraße.

IRAM-Direktor Karl-Friedrich Schuster, der auch externes wissenschaftliches Mitglied am MPE ist, zeigt sich enthusiastisch: „Zusammen mit den fortschreitenden technologischen Entwicklungen eröffnet uns dieses Teleskop vollkommen neue Möglichkeiten, die faszinierendsten Fragen moderner Astronomie zu erforschen.“ Gleichzeitig sei das Projekt auch der ideale Partner für das in der südlichen Hemisphäre stationierte Radioteleskop ALMA. „Ich bin sicher, dass NOEMA über die nächsten Jahrzehnte hinaus bedeutende Pionierarbeit in der Astrophysik leisten wird“, so Schuster.

IRAM, das Institut für Radioastronomie im Millimeterwellenlängenbereich, wurde im Jahr 1979 von der deutschen Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und dem französischen Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) gegründet und 1990 durch das spanische Instituto Geografico Nacional (IGN) erweitert. Das Institut mit Sitz in Grenoble betreibt zwei Observatorien: Das 30-Meter-Teleskop auf dem Pico Veleta nahe Granada in Spanien und das Interferometer (sechs 15-Meter-Antennen) auf dem Plateau de Bure in den französischen Hochalpen.

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