VLT erhält schärfere Infrarot-Augen: „First Light“ für ERIS
Der Enhanced Resolution Imager and Spectrograph (ERIS), der von einem Konsortium unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik gebaut wurde, hat seine ersten Testbeobachtungen erfolgreich abgeschlossen. Eine davon zeigt das Herz der Galaxie NGC 1097 in zuvor nie erreichter Auflösung. Das Infrarotinstrument, das am Very Large Telescope (VLT) der ESO am Cerro Paranal im Norden Chiles installiert ist, wird künftig in der Lage sein, noch weiter und präziser zu sehen und bei der Beobachtung des Sonnensystems, von Exoplaneten und Galaxien neue Maßstäbe setzen.
Die Vielseitigkeit von ERIS wird sich für viele Bereiche der astronomischen Forschung als nützlich erweisen, da es die schärfsten Bilder aufnehmen soll, die bisher mit einem einzigen 8,2-Meter-Teleskop gemacht wurden. Dabei kommt adaptive Optik zum Einsatz, eine Technik, die Störungen durch die Erdatmosphäre in Echtzeit ausgleicht. ERIS wird mindestens zehn Jahre lang aktiv sein und könnte bedeutende Beiträge zu einer Vielzahl von Themen in der Astronomie liefern, die von fernen Galaxien und schwarzen Löchern bis hin zu Exoplaneten und Zwergplaneten in unserem eigenen Sonnensystem reichen.
Die allerersten Testbeobachtungen mit ERIS wurden im Februar dieses Jahres durchgeführt, weitere Beobachtungen folgten im August und November, um die Grenzen des Instruments auszuloten. Eine dieser Beobachtungen zeigt den inneren Ring der Galaxie NGC 1097, die 45 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Fornax liegt. Dieser gas- und staubhaltige Ring liegt genau im Zentrum der Galaxie; die hellen Flecken darin sind stellare Entstehungsorte, die hier in noch nie erreichter Auflösung gezeigt werden. Das leuchtende Zentrum zeigt das aktive Herz der Galaxie, ein supermassives Schwarzes Loch, das sich von seiner Umgebung ernährt. Um die Auflösung von ERIS in die richtige Perspektive zu rücken, zeigt dieses Bild im Detail einen Teil des Himmels, der weniger als 0,03 % der Größe des Vollmonds entspricht.
ERIS ist auf dem Unit Telescope 4 des Very Large Telescopes (VLT) montiert und soll die sehr erfolgreichen NACO- und SINFONI-Instrumente ersetzen und einige wesentliche Verbesserungen der Anlage für das kommende Jahrzehnt liefern.
"ERIS haucht den grundlegenden adaptiven optischen Abbildungs- und Spektroskopiefähigkeiten des VLT neues Leben ein", sagt Ric Davies, der Leiter (PI) des ERIS-Konsortiums und Forscher am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik. "Dank der Bemühungen aller an dem Projekt Beteiligten über die Jahre hinweg können nun viele wissenschaftliche Projekte von der exzellenten Auflösung und Empfindlichkeit profitieren, die das Instrument erreichen kann."
ERIS verfügt über einen hochmodernen Infrarot-Bildgeber, das Nahinfrarot-Kamerasystem (NIX), mit dem der innere Ring in NGC 1097 aufgenommen wurde. NIX wird einen neuen und einzigartigen Blick auf viele verschiedene astronomische Objekte ermöglichen, wie zum Beispiel Exoplaneten und die Gas- und Staubscheiben um junge Sterne. Es kann eine Technik namens Coronagraphie anwenden, die das Licht von Sternen ähnlich wie bei einer Sonnenfinsternis blockiert und es somit ermöglicht, die schwachen Planeten um sie herum zu beobachten.
ERIS verfügt auch über einen 3D-Spektrographen namens SPIFFIER, eine Weiterentwicklung des SPIFFI (SPectrometer for Infrared Faint Field Imaging) von SINFONI. SPIFFIER sammelt ein Spektrum von jedem einzelnen Pixel innerhalb seines Sichtfeldes. Damit können Astronominnen und Astronomen beispielsweise die Dynamik ferner Galaxien in unglaublicher Detailgenauigkeit untersuchen oder die Geschwindigkeit von Sternen messen, die das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße umkreisen - Charakteristika, die für die Überprüfung der Allgemeinen Relativitätstheorie und das Verständnis der Physik Schwarzer Löcher von entscheidender Bedeutung sind.
Das Modul für adaptive Optik von ERIS ist mit Sensoren ausgestattet, die atmosphärische Turbulenzen im laufenden Betrieb analysieren, indem sie entweder eine echte astronomische Quelle oder einen künstlichen Laserleitstern überwachen. Es sendet diese Informationen bis zu tausend Mal pro Sekunde an den verformbaren Sekundärspiegel des VLT, der dann die Unschärfe in Echtzeit korrigiert und so detailliertere Bilder erzeugt.
"Wir gehen davon aus, dass ERIS nicht nur seine wissenschaftlichen Hauptziele erfüllen wird, sondern dass es aufgrund seiner Vielseitigkeit auch für eine Vielzahl anderer wissenschaftlicher Zwecke eingesetzt werden kann, was hoffentlich zu neuen und unerwarteten Ergebnissen führen wird", sagt Harald Kuntschner, Projektwissenschaftler für ERIS bei der ESO.
Anmerkungen
[1] ERIS wurde unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (Deutschland) von einem Konsortium entwickelt und gebaut, dem das Nationale Institut für Astrophysik (INAF, Italien), das UK Astronomy Technology Centre (Großbritannien), die ETH Zürich (Schweiz) und NOVA (Niederlande) sowie die ESO angehören.