Weltraumteleskop weist Antimaterie aus Gewittern nach

10. Januar 2011
Normalerweise blicken Astronomen in die Tiefen des Alls, bei dem Ergebnis, das am Montag 10. Januar bei einem Treffen der American Astronomical Society vorgestellt wurde, allerdings handelt sich um ein Antimateriesignal von der Erde, das mit dem Fermi Gammastrahlen Weltraumteleskop der NASA nachgewiesen wurde. Diese Antimaterieteilchen entstanden in energiegeladenen Prozessen über Gewitterwolken und führten zu einem Gammastrahlenblitz, als sie auf dem Raumschiff auftrafen. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik waren für die Entwicklung der Detektoren und Stromversorgung des Fermi Gamma-ray Burst Monitors (GBM), verantwortlich, mit dem der Nachweis dieser Teilchen gelang, und trugen bei dieser Entdeckung sowohl zur Datenauswertung als auch zur Kalibration bei.


Wenn ein Antimaterie-Teilchen auf Fermi trifft, so kollidiert es mit einem normalen Materieteilchen. Beide Teilchen löschen sich gegenseitig aus und dabei wird Gammastrahlung bei einer charakteristischen Energie frei. Die vom GBM nachgewiesene Energie beträgt 511 000 Elektronvolt, was auf die Annihilation von einem Elektron und seinem Antimaterieteilchen, einem Positron, hinweist. (Sichtbares Licht hat Energien zwischen 2 und 3 Elektronvolt.)

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Antimaterieteilchen in einem Gammastrahlenblitz auf der Erde ("terrestrial gamma-ray flash", TGF) erzeugt wurden. Derartige kurzzeitige Energieblitze entstehen in Gewittern und sind wohl auch bei der Bildung von Blitzen beteiligt. "Diese Lichtteilchen haben typischerweise Energien von 20-40 Millionen Elektronvolt, und können direkt als TGF nachgewiesen werden," sagt Andreas v. Kienlin, der MPE-Wissenschaftler, der die Entwicklung des Fermi GBM leitete.

Es wird geschätzt, dass sich täglich etwa 500 TGFs ereignen, wovon die meisten unentdeckt bleiben. Fermi's GBM hat seit dem Start etwa 130 TGFs nachgewiesen, obwohl seine Hauptaufgabe die Beobachtung hochenergetischer Vorgänge im fernen Universum ist. Am 14. Dezember 2009 befand sich Fermi über Ägypten, der Gewittersturm tobte aber in Zambia, etwa 4500 Kilometer weiter südlich. Da sich das Gewitter damit für Fermi unterhalb des Horizonts befand, konnte es keine Gammastrahlen nachweisen, die dort ausgesandt wurden. Elektronen und Positronen mit hoher Geschwindigkeit, die im TGF entstanden, konnten aber entlang des Erdmagnetfelds zu Fermi gelangen und dort einen Gammablitz erzeugen, der dann vom GBM nachgewiesen wurde. "Dieses Signal ist der erste direkte Beleg dafür, dass Teilchenstrahlen aus Antimaterie in Gewittern erzeugt werden", sagt Michael Briggs vom GBM-Team an der Universität Alabama.

Dieser Nachweis von Positronen zeigt, dass hochenergetische Teilchen tatsächlich in Massen aus der Atmosphäre geschleudert werden. Die Wissenschaftler glauben nun sogar, dass alle TGFs Elektron-Positronstrahlen aussenden. "Es ist allerdings immer noch unklar, wie TGFs erzeugt werden und auch wie klassische Gewitterblitze entstehen", ergänzt Jochen Greiner vom MPE, leitender Wissenschaftler des GBM in Deutschland. Obwohl Turbulenzen in Gewitterwolken riesige Spannungen erzeugen können, sind diese doch um mindestens einen Faktor 10 zu klein, als das sie die Luft ionisieren und Funken erzeugen. Könnten. TGS könnten eventuell als Trigger fungieren.


Ein wissenschaftlicher Artikel zu diesen Ergebnissen wird in Bälde in den Geophysical Research Letters veröffentlicht.

Ausführlichere deutsche Informationen zu Fermi, dem GBM und den TGFs finden sich in dem kürzlich erschienenen Artikel "Das tobende Universum" von J. Greiner im Physik Journal 9, Heft 12 (2010) S. 29-34.

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