Unerwartet stark: Brauner Zwerg schleudert langen Jet ins All
Intrinsisch schwache, braune Zwerge sind schwer zu finden und damit ist es auch schwierig sie zu untersuchen, ganz im Gegensatz zu Sternen. Die Masse von braunen Zwergen reicht gerade nicht aus, die Kernfusion in ihrem Kern - die wichtigste Energiequelle für hell leuchtende Sterne - aufrecht zu erhalten; gleichzeitig sind sie aber wesentlich massereicher als große Planeten, mit etwa der zehnfachen Jupitermasse oder mehr. Braune Zwerge sind dabei recht häufig; es gibt in unserer Galaxie viel mehr braune Zwerge als Sterne wie die Sonne. Trotzdem sind Informationen über braune Zwerge aus Beobachtungen rar und die Astronomen sind sich nicht einig, ob sie sich eher wie Planeten oder eher wie Sterne bilden.
"Wir suchten nach sehr jungen braunen Zwergen und wählten dieses Objekt aus, denn wir sahen hier in früheren Spektralbeobachtungen mit dem ESO VLT eine Vielzahl von typischen Emissionslinien, die man bei starken Ausflüssen erwarten würde und die anzeigten, dass es in der Nähe der Quelle eine Schockfront geben sollte", erklärt Basmah Riaz vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, die diese Studie leitete. Die Aufnahme, die im Laufe von insgesamt drei Nächten mit dem SOAR-Teleskop des Cerro Tololo Inter-American Observatory gewonnen wurde, zeigt den neu entdeckten Jet HH 1165, der von dem braunen Zwerg Mayrit 1701117 ausgeht. Dieser braune Zwerg befindet sich im äußeren Bereich des 3 Millionen Jahres alten „Sigma Orionis“-Mehrfachsystems. Wie Mitautor Cesar Briceno vom Cerro Tololo Inter-American Observatory beschreibt: "Nach den ersten 30 Minuten Integration konnten wir einen überraschend ausgedehnten Jet sehen. Es war ein echter "Wow"-Moment!"
Der Jet erstreckt sich über eine Entfernung von 0,7 Lichtjahren (ca. 0,2 Parsec) nordwestlich des braunen Zwergs. Die Emissionsknoten entlang des Strahls zeigen, dass der Massenverlust zeitlich variabel ist, wahrscheinlich als Ergebnis episodischer Akkretion auf den braunen Zwerg. Zwar kannte man schon vorher Jets von jungen braunen Zwergen, diese Entdeckungen waren aber "Mikrojets", die etwa 10-100 mal kleiner waren. "Diese Entdeckung zeigt, dass braune Zwerge – ganz wie junge Sterne – mächtige Jets mit Ausdehnungen im Parsec-Bereich ausstoßen können, und dass ihre Masse durch einen unstetigen, episodischen Prozess anwächst", erklärt Basmah Riaz.
"Der Jet HH 1165 zeigt alle bekannten Merkmale der Jets, die von Sternen ausgestoßen werden: Emissionsknoten, ein Loch mit einem Reflexionsnebel und Schockfronten an den Enden des Jets. Sehr überzeugend", kommentierte Co-Autor Emma Whelan von der National University of Ireland.
Es ist bekannt, dass braune Zwerge bei ihrer Geburt von Scheiben umgeben sind und dass sie ihre Masse durch Akkretion von molekularen Wolken vergrößern. Auch wenn es kontraintuitiv erscheinen mag, dass der Massenverlust (in einem Jet) ein integraler Bestandteil für das Wachstum eines Objekts darstellt, so ist diese Situation auf das Vorhandensein von zu viel Drehimpuls zurückzuführen. Genau wie eine Eistänzerin beim Drehen ihre Arme anzieht und sich dann schneller dreht, würden sich auch große, langsam rotierende Molekülwolken aufgrund der Drehimpuls-Erhaltung viel schneller drehen, wenn sie auf die viel kleineren Größen von Sternen oder sub-stellaren Objekten wie braunen Zwergen kollabieren – zu schnell um kompakte Objekte entstehen zu lassen.
Riaz spekuliert, dass "die Kerne von Molekülwolken einen viel zu hohen Drehimpuls haben, als in Sternen oder braunen Zwergen enthalten sein kann. Das System muss also Drehimpuls verlieren, damit ein Objekt Masse ansammeln kann. Wird der Drehimpuls mit Hilfe eines Jets aus dem System entfernt, löst dies das "Drehimpulsproblem", mit dem Sterne und braune Zwerge konfrontiert sind."
Um diese Hypothese zu testen, ist das Team auf der Suche nach ausgedehnten Jets von braunen Zwergen, um herauszufinden, wie häufig diese auftreten. Derartige Jets könnten sehr selten sein, weil die Umgebungsbedingungen für eine Ausbreitung des Jets günstig sein müssen und der Jet gleichzeitig auf große Entfernungen sichtbar sein muss. Man würde erwarten, dass sich Quellen mit niedriger Leuchtkraft in Gegenden mit niedriger Dichte befinden, nach der Fragmentierung von Wolkenkernen mit sehr niedriger Masse. Das Problem dürfte also eher das Fehlen von dichtem Material sein, in dem der Jet Schocks auslösen kann, als die Ausbreitung an sich, die in einem dünneren Medium einfacher sein sollte.