GRAVITY zeigt wie ein junger Stern Materie von der ihn umgebenden Scheibe sammelt

27. August 2020

Ein Team von Astronomen hat zum ersten Mal die Materieflüsse beobachtet, aus denen neugeborene Sterne entstehen. Dieser detaillierte Blick ins Innere des jungen Sternsystems mit dem Instrument GRAVITY, das am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) gebaut wurde und jetzt an den Very Large Telescopes der ESO im Einsatz ist, zeigt, dass das Material von Magnetfeldern geleitet wird und von der den Stern umgebenden Scheibe stammt - derselben Scheibe, aus der schließlich Planeten entstehen. Tatsächlich hat unser Sonnensystem den gleichen Prozess bei seiner Entstehung vor 5 Milliarden Jahren durchlaufen.

Astronomen gehen davon aus, dass junge Sterne über ihre Magnetfelder Materie aufsammeln und dass diese Materie mit Überschallgeschwindigkeit auf die Oberfläche trifft. Die Ergebnisse, die heute in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurden, helfen den Astronomen, besser zu verstehen, wie Sterne wie unsere Sonne entstehen und wie aus den Scheiben, die diese jungen Sterne umgeben, erdähnliche Planeten entstehen.

Das Team unter der Leitung von Rebeca Garcia Lopez, vom University College Dublin und dem Dublin Institute for Advanced Studies in Irland, untersuchte einen der uns nächstgelegenen jungen Sterne im Sternbild Hydra, die Wasserschlange. Der Stern ist befindet sich in einer sehr frühen Phase seiner Entwicklung mit einem Alter von "nur" einigen Millionen Jahren. "Dieser Stern ist etwas Besonderes, weil er mit nur etwa 200 Lichtjahren Entfernung sehr nahe an der Erde liegt. Außerdem blicken wir direkt auf die Materiescheibe rund um den Stern, in der Planeten entstehen können", sagt Rebeca Lopez. "Das macht ihn zum idealen Kandidaten um zu untersuchen, wie Materie aus der Scheibe auf die Sternoberfläche geleitet wird."  

Überraschenderweise ist dieser Prozess noch nie direkt beobachtet worden, auch wenn er auf einer Skala stattfindet, die einigen Sonnenradien entspricht. Das mag sich zwar als eine große Entfernung anhören, der nächste junge Stern ist allerdings so weit entfernt, dass für seine Beobachtung einige der größten Teleskope der Welt und sehr hoch entwickelte Instrumente erforderlich sind. Das GRAVITY-Instrument kombiniert das Licht der vier 8-Meter-Teleskope der ESO zu einem Super-Teleskop mit einer Auflösung, die der eines Teleskops mit 130 Metern Durchmesser entspricht. "Mit diesem Instrument könnte man einzelne Autos auf dem Mond ausmachen - oder die Details der protoplanetaren Scheibe, die den jungen Stern umgibt", sagt MPE-Wissenschaftler Frank Eisenhauer, der die Entwicklung des GRAVITY-Instruments leitete.

Eine solche protoplanetare Scheibe - der Geburtsort von Planeten - entsteht, wenn der junge Stern weiterhin Materie aufnimmt. Es wird angenommen, dass erdähnliche Planeten in den inneren Regionen dieser Scheiben entstehen, wo durch den Akkretionsprozess enorme Energiemengen freigesetzt werden. Die Astronomen bildeten die Emission aus heißem Gas ab und stellten fest, dass ihre Größe und Geschwindigkeit den theoretischen Modellen entsprach.

"Dies ist das erste Mal, dass Beobachtungen eine Bestätigung für detaillierte Theorien darüber liefern, wie ein junger Stern Material von der Scheibe akkretiert", betont Paola Caselli vom MPE. "Dies gibt uns wichtige Hinweise darauf, wie Materieflüsse von der Scheibe durch Magnetfelder auf die Oberfläche junger Sterne gelenkt werden. Darüber wirft dieser Blick auf Details der Akkretionsregion ein neues Licht auf wichtige Mechanismen der Entstehung erdähnlicher Planeten, insbesondere wie das Material der Scheibe einer Bestrahlung ausgesetzt ist und daraufhin chemische Prozesse ablaufen."

Diese Forschung wurde von einem internationalen Team unter der Leitung irischer Astronomen mit Kollegen aus Frankreich, Portugal, Deutschland und der Europäischen Südsternwarte (ESO) durchgeführt, der Irland vor kurzem beigetreten ist. Die GRAVITY-Kollaboration ist nach dem Instrument benannt, das in einer Zusammenarbeit zwischen dem Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, LESIA der Pariser Sternwarte / CNRS / Sorbonne Université / Univ. Paris Diderot und IPAG der Université Grenoble Alpes / CNRS, dem Max-Planck-Institut für Astronomie, der Universität Köln, dem CENTRA - Centro de Astrofisica e Gravitação und der Europäischen Südsternwarte entwickelt wurde

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