Frank Eisenhauer erhält prestigeträchtigen Gruber-Kosmologiepreis
In diesem Jahr wird Frank Eisenhauer vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik mit dem Gruber-Kosmologiepreis für die revolutionäre Entwicklung von Instrumenten ausgezeichnet, die unwiderlegbare Hinweise auf die Existenz eines Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Galaxie gesammelt haben. Mit der Auszeichnung wird die "beispiellose und exquisite" Präzision seiner Instrumente gewürdigt.
Im Jahr 2018 beobachtete das GRAVITY-Experiment den Verlauf verschiedener Phänomene in der Nähe von Sagittarius A*, oder Sgr A*, einem supermassereichen und daher gravitativ gefräßigen, unsichtbaren Objekt im Zentrum unserer Galaxie. Dank Eisenhauers technischer Innovationen fand das GRAVITY-Team heraus, dass die Bewegung von Sternen und Gas in der Nähe des galaktischen Zentrums mit theoretischen Vorhersagen übereinstimmt, die mit der Existenz eines Schwarzen Lochs vereinbar sind. Eisenhauers Mentor und langjähriger Mitarbeiter Reinhard Genzel teilte sich den Nobelpreis für Physik 2020 mit Andrea Ghez und Roger Penrose für seine Beiträge zur Erforschung von Sagittarius A* (Sgr A*).
GRAVITY geht auf ein früheres Experiment zurück, bei dem Eisenhauer eine bahnbrechende Technologie für die abbildende Spektroskopie entwickelte – die Messung, wie Materie die Absorption und Emission von Licht beeinflusst. Das Instrument ist ein Teil von SINFONI, dem „Spectrograph for INtegral Field Observations in the Near Infrared“ am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO auf dem Mount Paranal in Chile. Es beinhaltet eine adaptive Optik zur Korrektur der von der turbulenten Erdatmosphäre verursachten Bildunschärfe, das unter der Leitung von Henri Bonnet entwickelt wurde. Im Jahr 2003 begann SINFONI mit der Beobachtung von Sternen, die unter dem großen Gravitationseinfluss von Sgr A* ihre extrem schnellen, stark exzentrischen Bahnen ziehen.
Zwei Jahre später diskutierte die Gruppe deutscher und französischer Forscher um Eisenhauer und Genzel, Stefan Gillessen, Pierre Lena, Guy Perrin und Thibaut Paumard, die Möglichkeit, ein besonderes, zukünftiges Ereignis mit dem Stern S2 zu beobachten. Nachdem sie die genaue Umlaufbahn von S2 nach dem ersten Vorbeiflug im Jahr 2002 gemessen hatten, konnten sie berechnen, dass der Stern S2 dem galaktischen Zentrum im Jahr 2018 wieder am nächsten kommen würde – bei einer Entfernung von nur 17 Lichtstunden. Durch die Kombination aller vier 8-Meter-Teleskope am Paranal (durch einen Prozess, der Interferometrie genannt wird) würde das Experiment die tausendfache Verbesserung der Empfindlichkeit gegenüber früheren Interferometern erreichen, die notwendig ist, um die relativistischen Effekte nahe SgrA* zu messen.
"Dieses Projekt wurde von einigen als technisch unmöglich angesehen", schrieb einer der Wissenschaftler, die Eisenhauer für den diesjährigen Gruber-Kosmologiepreis vorgeschlagen haben. Die Befürworter des Projekts argumentierten jedoch, dass, selbst wenn das Experiment seine Ziele nicht erreichen sollte, jeder technologische Fortschritt von allgemeinem Nutzen sein würde. Insbesondere Tim de Zeeuw und Andreas Kaufer von der Europäischen Südsternwarte unterstützten das kühne Projekt und das Team um Julien Woillez beim Upgrade des Interferometers. Eisenhauers Entwürfe revolutionierten in der Tat mehrere Arten von Instrumenten, darunter abbildende Detektoren, Lasermesstechnik und die gleichzeitige interferometrische Beobachtung von zwei Objekten.
Die GRAVITY-Kollaboration, bestehend aus dem Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, LESIA an der Pariser Sternwarte, IPAG an der Universität Grenoble, dem Max-Planck-Institut für Astronomie, der Universität Köln, dem Zentrum für Astrophysik und Gravitation in Portugal und der Europäischen Südsternwarte, stellte das Instrument gerade noch rechtzeitig fertig, und die ersten Ergebnisse können, wie ein vorschlagender Wissenschaftler schrieb, "nur als überwältigend und bahnbrechend für viele Bereiche der Astrophysik bezeichnet werden."
Zu diesen Ergebnissen gehören: die präzise Messung der Effekte der allgemeinen Relativitätstheorie von Sgr A* auf S2, sowie die Beobachtungen von Gas, das sich in der Nähe der "letzten stabilen Umlaufbahn" befindet – dem Punkt, wo es der Gravitationsanziehung von Sgr A* nicht mehr entgehen kann und für immer aus dem Blickfeld verschwindet. Zusammengenommen liefern diese Daten genügend Beweise, um die Gemeinschaft der Astronomen davon zu überzeugen, dass Sgr A* tatsächlich ein Schwarzes Loch ist.
Gas wirbelt um das Schwarze Loch
Diese Visualisierung verwendet Daten aus Orbit-Simulationen von Gaswirbeln, die sich mit etwa 30% der Lichtgeschwindigkeit auf einer kreisförmigen Umlaufbahn um das supermassereiche Schwarze Loch Sagittarius A* bewegen.
Zu den weiteren bedeutenden Beiträgen von GRAVITY zur Astronomie gehören: Die Messung der Entfernung zwischen der Sonne und dem galaktischen Zentrum mit einer Genauigkeit, die zehnmal höher ist als bei früheren Messungen (andere Astronomen nutzen diese Kalibrierung als zuverlässigen ersten Schritt um die Entwicklung des Universums auf den größten Skalen nachzuverfolgen). Ein Test von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie unter Verwendung supermassereicher schwarzer Löcher mit der bisher höchsten Präzision.
Wie von den Unterstützern von GRAVITY erhofft, haben Eisenhauers technologische Innovationen – für die er den Gruber-Preis für Kosmologie 2022 erhält – die Astronomie verändert, und zwar über die Untersuchung von Sgr A* hinaus. Andere Astrophysiker haben bereits damit begonnen, die SINFONI- und GRAVITY-Instrumente einzusetzen, um entfernte Galaxien, schwarze Löcher in den Zentren naher Galaxien, und Planeten um Sterne in unserer eigenen Galaxie zu untersuchen.
GRAVITY wird derzeit mit einem neuen System der adaptiven Optik, Laserleitsternen und erweitertem Gesichtsfeld aufgerüstet. Dieses Projekt mit der Bezeichnung GRAVITY+ wird die optische Interferometrie schon bald auf die nächste Stufe heben und dann auch den extragalaktischen Himmel für Beobachtungen mit höchster Auflösung erschließen sowie immer schärfere Bilder für die Beobachtung von Exoplaneten liefern.
Die Entwicklung von SINFONI, GRAVITY und GRAVITY+ wurde und wird durch die großzügige Unterstützung der Max-Planck-Gesellschaft und der Max-Planck-Förderstiftung ermöglicht – einer unabhängigen, gemeinnützigen Organisation für private Förderer der Spitzenforschung in der Max-Planck-Gesellschaft.
Eisenhauer wird den mit 500.000 Dollar dotierten Preis sowie eine goldene Preisträgernadel bei einer Zeremonie am 2. August auf der XXXI. Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union in Busan, Korea, entgegennehmen. Zu früheren Ehrungen Eisenhauers gehören die Tycho-Brahe-Medaille der Europäischen Astronomischen Gesellschaft für seine Leitung der SINFONI- und GRAVITY-Instrumente, die Stern-Gerlach-Medaille der Deutschen Physikalischen Gesellschaft für seine Pionierarbeit auf dem Gebiet der hochauflösenden Infrarotastronomie und die Jackson-Gwilt-Medaille der Royal Astronomical Society für die Entwicklung astronomischer Instrumente. Er wurde zudem in die Französische Akademie der Wissenschaften gewählt.