Ewine van Dishoeck erhält die Niels Bohr Internationale Goldmedaille
 

7. Oktober 2022

Der dänische Ingenieursverband IDA verleiht die Niels Bohr Internationale Goldmedaille an Prof. Ewine F. van Dishoeck (Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und Universität Leiden, Niederlande). Die Medaille wird seit 1955 für "herausragende Arbeiten im Ingenieurs- oder Physikbereich für die friedliche Nutzung der Atomenergie" verliehen.

Die Auszeichnung ist eine Kooperation zwischen dem dänischen Ingenieruverband IDA, dem Niels-Bohr-Institut, der Universität Kopenhagen, der Universität Aarhus und der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften und ist mit 100.000 Euro dotiert, die von der Carlsberg-Stiftung gestiftet wurden. Die Medaille wird von Königin Margrethe II. bei einer Veranstaltung in der Carlsberg Academy in Kopenhagen überreicht. 

Prof. van Dishoeck konzentriert sich in ihrer Karriere darauf zu erforschen, wie Moleküle das Universum um uns herum gestalten. Ihr einzigartiger und umfassender Ansatz umfasst quantenchemische Berechnungen, Laborstudien sowie astronomische Modellierungen und Beobachtungen. Sie leistete Pionierarbeit auf dem Gebiet der Astrochemie und revolutionierte unser Verständnis der physikalischen Prozesse, die zur Entstehung von Sternen und Planeten führen, indem sie den Weg der Moleküle von Sternentstehungswolken zu protoplanetaren Scheiben untersuchte.

Als die Astrochemie noch in den Kinderschuhen steckte, war es ein großes Rätsel, dass große Molekülwolken im Weltraum existieren können, wenn doch die ultravioletten Anteile des Sternenlichts sie leicht zerstören könnten. In ihrer berühmten und viel zitierten Doktorarbeit sowie frühen Arbeiten zeigte Prof. van Dishoeck, wie häufige Moleküle wie zum Beispiel molekularer Wasserstoff und Kohlenmonoxid (CO) das Innere einer Wolke durch einen Prozess namens „Selbstabschirmung“ schützen können. Diese Forschung führte zu mehreren bahnbrechenden Arbeiten über die chemische Struktur diffuser interstellarer Wolken.
Prof. van Dishoeck nutzte oft modernste Observatorien, insbesondere im Infrarot- und (Sub-)Millimeter-Wellenlängenbereich. Sie leistete Pionierarbeit bei der Spektroskopie im mittleren Infrarotbereich in interstellaren Sternwolken und entdeckte wichtige organische Molekülspezies, eingeschlossen in Eis auf Staubkörnchen. Ihre Forschungen zeigten, dass diese Eiskörnchen effektive Fabriken für präbiotische organische Moleküle sind. So ist sichergestellt, dass diese Moleküle bei der Entstehung von terrestrischen Planeten in erheblichen Mengen vorhanden sind.

Gemeinsam mit ihren Teams untersuchte sie die Entstehung und Entwicklung proto-stellarer Scheiben mit Hilfe von Boden- und Weltraumobservatorien bei Submillimeter- und Infrarot-Wellenlängen, wobei sie insbesondere den Weg des Wassers von interstellaren Wolken über kollabierende Kerne bis hin zu den sich bildenden Scheiben verfolgte. Ihre meisterhafte Anwendung spektroskopischer Instrumente in einem breiten Wellenlängenbereich, die hervorragende Nutzung der leistungsfähigsten astronomischen Messtechniken und die immer leistungsfähigere theoretische Modellierung haben sie dem Ziel, die Entstehung von Sonnensystemen zu verstehen, ein gutes Stück näher gebracht.
Durch ihre Arbeit hat Ewine van Dishoeck die technologischen Grenzen für astronomische Beobachtungen, weltraumgestützte Missionen und Laborexperimente kontinuierlich erweitert. Sie spielte eine führende Rolle bei der Entwicklung großer boden- und weltraumgestützter Teleskope, darunter das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array und das James Webb Space Telescope, das an Weihnachten 2021 gestartet wurde und seitdem faszinierende Bilder des Universums liefert. Darüber hinaus war sie Präsidentin der Internationalen Astronomischen Union, die mehr als 10.000 Astronominnen und Astronomen aus rund 100 Ländern vertritt.

Mit Erhalt der Niels Bohr Internationale Goldmedaille reiht sich Ewine van Dishoeck in eine prominente Gruppe ein, denn im Laufe der Jahre wurde die Medaille an nicht weniger als zehn Nobelpreisträger verliehen. Ewine van Dishoeck selbst erhielt vor einigen Jahren den Kavli-Preis, mit dem herausragende wissenschaftliche Durchbrüche in den Bereichen Astrophysik, Nanowissenschaften und Neurowissenschaften ausgezeichnet werden. 
 

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